Steckbrief Nystatin |
Annette Rößler |
06.07.2023 11:00 Uhr |
Das feucht-warme Milieu einer Babywindel begünstigt Candida-Infektionen. Kommt es zu einem solchen Windelsoor, lässt er sich mit Nystatin gut behandeln. / Foto: Adobe Stock/Aufort Jérome
Was ist das Einsatzgebiet von Nystatin?
Nystatin wird zur lokalen Behandlung von Infektionen der Haut oder Schleimhäute mit Pilzen der Gattung Candida und verwandten Hefen angewendet. Hierzu stehen diverse Darreichungsformen wie Salben, Pasten, Cremes, Suspensionen, Mundgels, Vaginaltabletten und Filmtabletten zur Verfügung. Auch die perorale Einnahme von Suspension oder Filmtabletten stellt eine topische Therapie dar, da Nystatin praktisch nicht absorbiert wird und deshalb nur lokal im Magen-Darm-Trakt wirkt. Sie findet etwa bei intestinalen Hefemykosen Anwendung, insbesondere nach oder während einer Therapie mit Zytostatika, Corticosteroiden oder Antibiotika. Auch kann es sinnvoll sein, eine Lokaltherapie des Mundsoors oder einer Vaginalmykose um die perorale Einnahme von Nystatin zu ergänzen, um ein bestehendes gastrointestinales Hefereservoir zu beseitigen und so Rückfälle zu verhindern.
Wie wirkt Nystatin?
Nystatin gehört zur Gruppe der Polyen-Antibiotika. Es bindet an Ergosterol und andere Sterole in der Zellmembran von Pilzen. In der Folge entstehen in der Zellmembran Lecks, durch die Kalium und andere Zellbestandteile austreten. Nystatin wirkt fungizid, tötet also sowohl wachsende als auch ruhende Pilzzellen.
Wie wird Nystatin dosiert?
Dosierung und Anwendungsart richten sich nach der Lokalisation und Schwere des Pilzbefalls. Um den Behandlungserfolg zu sichern, sollte die Therapie nach dem Abklingen der Beschwerden noch einige Tage lang fortgesetzt werden.
Welche Nebenwirkungen kann Nystatin haben?
Nystatin ist generell gut verträglich. Selten kommt es zu lokalen Überempfindlichkeitsreaktionen beziehungsweise nach peroraler Einnahme zu gastrointestinalen Beschwerden. Schwere allergische Reaktionen wie ein Stevens-Johnson-Syndrom sind sehr selten.
Wie steht es um das Interaktionspotenzial von Nystatin?
Wechselwirkungen mit Nystatin sind keine bekannt.
Bestehen Einschränkungen für Schwangere und Stillende?
Nystatin darf sowohl während der Schwangerschaft als auch in der Stillzeit angewendet werden.
Wer hat’s erfunden?
Die Geschichte des Nystatins ist die zweier kluger Frauen und Wissenschaftspionierinnen: Elizabeth Lee Hazen (1885 bis 1975) und Rachel Fuller Brown (1898 bis 1980). Die Mikrobiologin Hazen und die Chemikerin Brown isolierten Nystatin 1950 aus einem Streptomyces-Stamm aus einer Bodenprobe, die ihnen eine befreundete Familie aus ihrem Garten zur Verfügung gestellt hatte. Der Name dieser Freunde lautete Nourse und so nannten die beiden Forscherinnen das Bakterium Streptomyces noursei. Die Verbindung selbst, die sich im Gegensatz zu fast allen vorher getesteten Antimykotika in Tierexperimenten als kaum toxisch erwies, erhielt ihren Namen nach dem New York State Department of Health, an dem Hazen forschte: Nystatin.
Die Substanz wurde 1957 patentiert und generierte den beiden Entdeckerinnen Einnahmen von insgesamt mehr als 13 Millionen US-Dollar, die diese der Stiftung Research Corporation for Science Advancement (RCSA) spendeten.
Welche Bedeutung hat Nystatin heute?
Nystatin wirkt nur gegen Hefepilze, gegen diese aber äußerst zuverlässig: Bis heute sind keine Resistenzen gegen das Antimykotikum bekannt geworden. Es steht auf der Liste der unentbehrlichen Arzneistoffe der WHO.
Strukturformel Nystatin / Foto: Wurglics