Pharmazeutische Zeitung online
Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Methotrexat

Bei Methotrexat (MTX) dürfte den meisten Apothekern als Erstes »Gefahr für Dosierungsfehler« in den Sinn kommen. Ursprünglich wurde der Folsäureantagonist für die Krebstherapie entwickelt. Heutzutage ist MTX Mittel der Wahl bei rheumatoider Arthritis und dort das meistverordnete krankheitsmodifizierende Medikament (DMARD).
Kerstin A. Gräfe
16.04.2024  18:00 Uhr

Wogegen kann Methotrexat eingesetzt werden?

MTX wird als Zytostatikum in hoher Dosierung zur Behandlung zahlreicher onkologischer Erkrankungen eingesetzt. Dazu zählen Krebserkrankungen des blutbildenden und lymphatischen Systems sowie Tumoren im Kopf-Hals- und Brustbereich. In deutlich niedrigerer Dosierung kommt MTX als Immunsuppressivum bei schweren Formen von rheumatoider Arthritis und Psoriasis sowie Morbus Crohn zum Einsatz.

Für die genannten Indikationen steht MTX in Form von Tabletten sowie als Lösung zur Injektion und Infusion zur Verfügung.

Wie wirkt Methotrexat?

MTX gehört als Folsäureanalogon in die Gruppe der Antimetabolite. Das Prodrug wird im Zellinneren wie andere natürlich vorkommende Folate mehrfach nacheinander mit Glutamatresten verknüpft (Polyglutaminierung) und dadurch in der Zelle gehalten. Dort hemmt es in hohen Dosen kompetitiv das Enzym Dihydrofolatreduktase (DHFR), das Dihydrofolat zu Tetrahydrofolat reduziert. Letzteres wird als Carrier für C1-Gruppen bei der Synthese von Purin-Nukleotiden und Thymidylaten benötigt. MTX inhibiert somit die DNA- und RNA-Synthese.

In niedriger Dosierung hemmt MTX das Enzym AICAR-Transformylase, wodurch die Freisetzung von stark antiinflammatorisch wirkendem Adenosin gefördert wird. Der genaue Mechanismus der immunsuppressiven beziehungsweise entzündungshemmenden Wirkung von MTX ist nicht vollständig geklärt.

Wie wird Methotrexat dosiert?

Die Dosierungen von MTX unterscheiden sich je nach Indikation erheblich. Im onkologischen Bereich erfolgt die MTX-Gabe je nach Protokoll teilweise täglich und die Dosierungen basieren auf der Körperoberfläche des Patienten. Dabei sind in der Hochdosis-Chemotherapie Einzeldosen von mehr als 1000 mg pro m2 möglich. Neben der Anwendung als intravenöse Infusion ist auch die intravenöse, intramuskuläre oder intrathekale Injektion möglich.

Bei rheumatoider Arthritis liegen die üblichen Anfangsdosen zwischen 7,5 und 25 mg pro Woche, bei Morbus Crohn bei 25 mg pro Woche. Zur Therapie der Schuppenflechte wird im Regelfall eine anfängliche MTX-Dosis von 10 bis 25 mg pro Woche empfohlen; eine Dosierung von 30 mg pro Woche sollte nicht überschritten werden. Je nach Krankheitsaktivität und Erreichen des gewünschten Therapieergebnisses wird die Dosis im weiteren Therapieverlauf weiter angepasst.

Welche Nebenwirkungen kann Methotrexat haben?

Zu den häufigen Nebenwirkungen zählen unter anderem gastrointestinale Beschwerden wie Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit, Appetitlosigkeit und ein Anstieg der Leberwerte. Zudem kann es zu Beeinträchtigungen des blutbildenden Systems kommen, darunter Leukozytopenie, Anämie und Thrombozytopenie.

Um das Risiko für Nebenwirkungen zu minimieren, werden standardmäßig 24 bis 48 Stunden nach der MTX-Gabe einmalig 5 bis 10 mg Folsäure substituiert. Da die Affinität der DHFR zu MTX erheblich größer ist als die Affinität zu Folsäure oder Dihydrofolsäure, kehren selbst große Mengen an gleichzeitig gegebener Folsäure die Effekte von MTX nicht um.

Den Patienten kann geraten werden, MTX am Abend anzuwenden, um die Nebenwirkungen zu »verschlafen«. Zudem sollten sie auf eine ausreichende Trinkmenge achten, da ein Flüssigkeitsmangel die Nebenwirkungen verstärken kann.

Welche Wechselwirkungen mit Methotrexat sind möglich?

Während einer MTX-Behandlung sollte auf Alkohol verzichtet werden; vor allem darf nicht regelmäßig Alkohol konsumiert werden.

MTX kann mit zahlreichen anderen Arzneistoffen interagieren. Einige Wechselwirkungen relativiert die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) für den Low-Dose-Bereich (»Zeitschrift für Rheumatologie« 2023, DOI: 10.1007/s00393-022-01308-z). Als No-Go erachtet die DGRh aber zum Beispiel die Kombination von MTX mit Trimethoprim/Sulfamethoxazol (Cotrimoxazol), die zu einer Panzytopenie, also einem starken Abfall der Leuko-, Erythro- und Thrombozyten, führen kann. Die Einschränkung bezieht sich jedoch auf therapeutische Dosen des Antibiotikums von zweimal 960 mg/Tag (Kontraindikation). Hingegen seien Dosen von 960 mg Cotrimoxazol dreimal wöchentlich, wie sie zur Prophylaxe einer Pneumonie durch den Schlauchpilz Pneumocystis jirovecii eingesetzt werden, möglich und sicher.

Ähnlich differenziert betrachtet die DGRh die gleichzeitige Gabe mit Acetylsalicylsäure (ASS). Tagesdosen von 2 g ASS oder mehr bergen demnach ein hohes Wechselwirkungsrisiko und können zur Wirkverstärkung von MTX und Panzytopenien führen. Relevante Wechselwirkungen von Low-Dose-MTX und niedrig dosierter ASS (80 bis 100 mg/Tag) sind dagegen sehr unwahrscheinlich. Auch eine potenzielle Wechselwirkung mit nicht steroidalen Antirheumatika sieht die DGRh unter Berücksichtigung der Nierenfunktion unkritisch.

Zudem verweist die Fachgesellschaft auf eine nicht in den MTX-Fachinformationen gelistete Wechselwirkung mit Metamizol. Die gleichzeitige Gabe kann vor allem bei älteren Patienten zu einer erhöhten Rate von Agranulozytosen führen. Ab 80 Jahren sei die Kombination tabu.

Worauf ist in Schwangerschaft und Stillzeit zu achten?

MTX ist während der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Frauen dürfen unter MTX-Therapie nicht schwanger werden und müssen während der Behandlung und bis mindestens sechs Monate nach Therapieende eine zuverlässige Verhütungsmethode anwenden. Embryotox.de, die Website des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Berliner Charité, hält eine ein- bis dreimonatige Pause nach Absetzen von MTX für ausreichend.

Methotrexat und das Risiko für Dosierungsfehler

In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Fällen, in denen Patienten MTX-Tabletten statt wöchentlich versehentlich täglich eingenommen hatten und in den toxischen Bereich geraten waren. Apotheker werden in der Checkliste des Blaue-Hand-Materials zu MTX explizit angehalten, über die einmal wöchentliche Einnahme aufzuklären. Dazu gehört auch der Hinweis, dass eine tägliche Anwendung schlimmstenfalls tödlich enden kann. Zudem sollten dem Patienten mögliche Symptome einer Überdosierung wie Halsschmerzen, Fieber, Mundgeschwüre, Durchfall, Erbrechen, Hautausschläge und Blutungen genannt werden.

Der für die Anwendung festgelegte Wochentag sollte vollständig ausgeschrieben auf der äußeren Verpackung vermerkt und auf die enthaltene Patientenkarte aufmerksam gemacht werden. Diese betont ebenfalls die einmal wöchentliche Gabe und beschreibt Vergiftungssymptome. Patienten sollten die Karte immer bei sich tragen und bei einem Arzt- oder Krankenhausbesuch vorzeigen.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa