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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Leuprorelin

Potentes Antihormon aus neun Aminosäuren: Leuprorelin ist ein Analogon des körpereigenen Gonadotropin-Releasing-Hormons. Bei längerfristiger Anwendung führt es zum Stillstand der Sexualhormonproduktion, wodurch die Estrogen- und Androgenspiegel stark sinken. Der Arzneistoff wird hauptsächlich bei hormonabhängigen Tumoren eingesetzt.
Laura Rudolph
27.07.2023  07:00 Uhr

Was ist das Einsatzgebiet von Leuprorelin?

Leuprorelin ist in Arzneimitteln fast immer als Leuprorelinacetat enthalten. Bei erwachsenen Männern dient es zur Behandlung des fortgeschrittenen hormonabhängigen Prostatakarzinoms oder zuvor in der Diagnostik zur Abklärung von dessen Hormonempfindlichkeit. Leuprorelinacetat ist außerdem bei Frauen mit hormonabhängigem Brustkrebs oder bei verschiedenen Erkrankungen des weiblichen Fortpflanzungssystems indiziert. Das pädiatrische Einsatzgebiet umfasst die verfrühte Pubertät, die bei Mädchen vor dem neunten und bei Jungen vor dem zehnten Lebensjahr einsetzt.

Wie wirkt Leuprorelin?

Leuprorelin imitiert die Wirkung des körpereigenen Gonadotropin-Releasing-Hormons (GnRH). Dieses wird natürlicherweise vom Hypothalamus freigesetzt und stimuliert über GnRH-Rezeptoren der Hypophyse die Ausschüttung der Hormone FSH (Follikel-stimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon). Diese wiederum fördern die Bildung und Freisetzung der Sexualhormone.

Als synthetisches GnRH-Analogon stimuliert Leuprorelin hypophysäre GnRH-Rezeptoren mit bis zu 100-fach höherer Potenz als sein physiologisches Vorbild, bedingt durch optimierte Stabilität und Bindungsaffinität. Zu Beginn der Therapie steigen die FSH- und LH-Spiegel daher zunächst an und mit ihnen die der Estrogene und Androgene. Nach etwa zwei bis fünf Wochen geht die Dauerstimulation der GnRH-Rezeptoren in eine Desensibilisierung über und die Rezeptordichte nimmt ab. Mit stark gesenkten FSH- und LH-Spiegeln sinken auch die Estrogen-Level bei Frauen auf postmenopausale Werte und die Androgen-Level bei Männern auf Werte unterhalb der Kastrationsschwelle. Die Hormonsuppression ist durch das Absetzen von Leuprorelin umkehrbar.

Wie wird Leuprorelin dosiert?

Leuprorelinacetat gibt es als Depot-Injektionssuspension oder -lösung und als Implantat. Alle Präparate sind langwirksam und setzen den Wirkstoff kontinuierlich über ein bis sechs Monate frei. Bei den Suspensionen und Lösungen zur subkutanen oder intramuskulären Injektion haben sich Dosierungen von 3,75 mg Leuprorelinacetat für Ein-Monats-Depots und 11,25 mg für Drei-Monats-Depots etabliert. Diese Dosierungen eignen sich für Frauen, Männer und Kinder ab einem Körpergewicht von 20 Kilogramm.

Anders die Ein- und Drei-Monats-Depots in jeweils doppelter Dosierung (7,5 mg / 22,5 mg): Präparate in dieser Stärke sind ausschließlich für erwachsene Männer zugelassen. Selbiges gilt für Depotformulierungen, die 30 mg oder 45 mg Leuprorelinacetat über sechs Monate freisetzen, sowie für Leuprorelinacetat-haltige Implantate. Letztere enthalten als Ein-Monats-Depot umgerechnet 3,6 mg und als Drei-Monats-Depot 5 mg oder 10,72 mg  »reines« Leuprorelin.

Kinder unter 20 Kilogramm, für die aufgrund von verfrühter Pubertät Leuprorelin infrage kommt, sind eine Seltenheit. Es empfiehlt sich die Behandlung in einer Kinderklinik. Die Dosierung kann auch mithilfe geringerer Injektionsvolumina angepasst werden. Es kann sich etwa die Hälfte des Volumens eines Ein-Monats-Depots mit 3,75 mg Leuprorelinacetat entsprechend 1,88 mg Wirkstoffgehalt eignen.

Die Zubereitung Leuprorelin-haltiger Arzneimittel aus Pulver oder Retardmikrokapseln zum Lösen beziehungsweise Suspendieren, meist in einer Zwei-Kammer-Spritze, kann knifflig sein. Das Rekonstituieren und Verabreichen sollte daher ausschließlich geschultem medizinischen Fachpersonal vorbehalten sein. Das geht auch auf eine Empfehlung des Pharmakovigilanz-Ausschusses der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) zurück. In der Vergangenheit war es durch Handhabungsfehler von Patienten zu Unterdosierungen gekommen.

Was sind Kontraindikationen bei Leuprorelin?

Ausgeschlossen ist die Anwendung von Leuprorelin während der Schwangerschaft und Stillzeit; der Wirkstoff ist teratogen. Ebenso kontraindiziert ist das GnRH-Analogon bei Männern mit nachweislich hormonunempfindlichem Prostatakrebs, bei Frauen und Mädchen mit gynäkologischen Auffälligkeiten wie Vaginalblutungen unbekannter Ursache oder bösartigen Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut.

Welche Wechselwirkungen sind zu beachten?

Vorsicht ist geboten bei der Kombination von Leuprorelin-haltigen Arzneimitteln mit QT-Zeit-verlängernden Arzneistoffen. Der Wirkstoff kann durch eine Androgensuppression selbst die QT-Zeit beeinflussen. Das Risiko für die potenziell lebensgefährlichen Torsade-de-pointes-Arrhythmien steigt mit folgenden Interaktionspartnern an: Klasse–IA-Antiarrhythmika wie Chinidin, Klasse-III-Antiarrhythmika wie Amiodaron oder Sotalol sowie mit Methadon, Moxifloxacin und Neuroleptika.

Welche Nebenwirkungen hat Leuprorelin?

Potenzielle Nebenwirkungen beruhen überwiegend auf der Unterdrückung der Sexualhormone, so etwa Osteoporose, Libidoverlust und bei Frauen wechseljahrestypische Beschwerden. Leuprorelin kann die Glucosetoleranz herabsetzen und dadurch einen bestehenden Diabetes mellitus verschlechtern und das kardiovaskuläre Risiko erhöhen.

Unter der Behandlung mit GnRH-Rezeptoragonisten können schwere Depressionen auftreten, worüber das Apothekenteam aufklären sollte. Zu Beginn einer Leuprorelin-haltigen Therapie kann es außerdem vorübergehend zu verstärkten Krankheitszeichen der Indikationserkrankung kommen, bedingt durch den initialen Anstieg der Sexualhormone. Dies bessert sich nach wenigen Wochen mit der Down-Regulation der GnRH-Rezeptoren.

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