Steckbrief Donepezil |
Brigitte M. Gensthaler |
22.09.2025 07:00 Uhr |
Für Patienten mit leichter bis mittelschwerer Demenz steht seit langem Donepezil zur Verfügung. Es kann den demenziellen Prozess für gewisse Zeit verlangsamen – aber leider nicht bei allen Betroffenen. / © Getty Images/Peter Dazeley
Wofür ist Donepezil zugelassen?
Donepezil in Form von Tabletten oder orodispersiblen (Schmelz-)tabletten ist indiziert zur symptomatischen Behandlung der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Demenz.
Wie wirkt Donepezil?
Donepezil ist ein spezifischer und reversibler Inhibitor der Acetylcholinesterase (AChE). Indem es den Abbau von Acetylcholin hemmt, steigert es die Konzentration des Neurotransmitters im Gehirn. Laut einem Cochrane-Review aus dem Jahr 2018 kann die Anwendung von Donepezil bei Patienten mit leichter oder mittelschwerer Alzheimer-Demenz den Verlust der kognitiven Funktionen (Denk- und Erinnerungsvermögen), der Fähigkeit zur Bewältigung des Alltags und des klinischen Gesamteindrucks im Vergleich zu Placebo etwas abbremsen.
Wie wird das Donepezil dosiert?
Die Behandlung beginnt mit 5 mg/Tag Donepezil einmal täglich. Die Initialdosis sollte mindestens vier Wochen beibehalten werden, um ein klinisches Ansprechen bewerten zu können. Danach wird auf 10 mg pro Tag erhöht. Dies ist die empfohlene Maximaldosis.
Der Patient sollte das Medikament abends kurz vor dem Schlafengehen schlucken. Bei Schlafstörungen, Albträumen oder Schlaflosigkeit ist auch eine morgendliche Einnahme möglich.
Welche Nebenwirkungen sind möglich?
Nebenwirkungen von Donepezil sind typischerweise dosisabhängig und transient. Die häufigsten unerwünschten Ereignisse sind Diarrhö, Muskelkrämpfe, Müdigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Schlaflosigkeit. Nachdem es Einzelberichte über unangemessenes Sexualverhalten unter der Medikation gegeben hatte, findet sich seit 2022 in der Fachinformation ein Hinweis auf diese Nebenwirkung mit »nicht bekannter« Häufigkeit.
Unter Donepezil kann es zu Krampfanfällen und Synkopen sowie einer Verlängerung des QTc-Intervalls und Torsade-de-Pointes-Arrhythmie kommen. Vorsicht ist daher geboten bei Patienten mit QTc-Verlängerung und/oder potenziell QT-beeinflussender Medikation, mit Herzerkrankungen oder mit Elektrolytstörungen (Hypokaliämie, Hypomagnesiämie).
Cholinomimetika können zu Blasenentleerungsstörungen führen und extrapyramidale Symptome verstärken oder auslösen. Vorsicht bei Patienten mit Asthma oder obstruktiven Lungenerkrankungen.
Auf welche Wechselwirkungen ist zu achten?
Donepezil wird sowohl unverändert renal ausgeschieden als auch durch Cytochrom-P450-Isoenzyme, vor allem 3A4 und in geringerem Maß 2D6, verstoffwechselt. CYP3A4-Inhibitoren wie Itraconazol und Erythromycin sowie CYP2D6-Inhibitoren wie Fluoxetin können den Abbau von Donepezil hemmen. Enzyminduktoren wie Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin und Alkohol können die Plasmaspiegel von Donepezil senken. Solche Arzneistoffkombinationen sollten nur mit Vorsicht angewandt werden.
Donepezil kann die Wirkung von Arzneimitteln mit anticholinerger Aktivität beeinflussen. Eine klinische Überwachung per EKG kann erforderlich sein, wenn Donepezil mit anderen Arzneimitteln kombiniert wird, die das QTc-Intervall verlängern. Hierzu zählen bestimmte Antiarrhythmika, Antidepressiva, Antipsychotika und Antibiotika.
Was tun bei Überdosierung?
Eine Überdosierung von AChE-Hemmern kann zu einer cholinergen Krise führen, die durch starke Übelkeit, Erbrechen, Speichelfluss, Schweißausbrüche, Bradykardie, Hypotonie, Atemdepression, Kollaps und Krampfanfälle gekennzeichnet ist. Zunehmende Muskelschwäche ist möglich, was bei Beteiligung der Atemmuskulatur zum Tod führen kann. Tertiäre Anticholinergika wie Atropin können als Antidot eingesetzt werden.
Was empfiehlt die Leitlinie?
In der S3-Leitlinie »Demenzen« wird empfohlen, AChE-Hemmer wie Donepezil, Galantamin und Rivastigmin bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz einzusetzen. Da die Wirkstoffe vergleichbar wirksam sind, orientiert sich die Auswahl vor allem am Neben- und Wechselwirkungsprofil. Es sollte immer die höchste zugelassene Dosis angestrebt werden und die Medikation soll langfristig fortgesetzt werden – auch wenn die Erkrankung voranschreitet. Zur Begründung heißt es, dass bei der Fortführung der Therapie kein wesentliches Risiko neuer Nebenwirkungen bestehe, infolge des Absetzens aber das Risiko einer beschleunigten Verschlechterung. Persistierende Nebenwirkungen, zum Beispiel Übelkeit, Durchfall, Urininkontinenz, Schlafstörungen oder erhöhte Reizbarkeit, können zum Abbruch der Therapie führen.
Der Einsatz von Donepezil und anderen AChE-Hemmern bei Patienten mit schwerer Alzheimer-Demenz erfolgt off Label. Laut der Leitlinie konnte aber ein Nutzen von Donepezil und transdermalem Rivastigmin in dieser Patientengruppe gezeigt werden. Positive Wirkungen durch Donepezil und Rivastigmin-Kapseln oder -Pflaster gab es auch bei Patienten mit vaskulärer Demenz und bei Parkinson-Patienten mit Demenz (ebenfalls off Label). Eine Kombination mit Memantin wird in der Leitlinie dagegen nicht empfohlen, da Studien dafür keinen Vorteil gezeigt haben.
Geschichte
Mit Tacrin (Cognex®) wurde in Deutschland im September 1995 der erste Cholinesterase-Hemmstoff zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen. Aufgrund hepatotoxischer Nebenwirkungen ist er heute obsolet. Zwei Jahre später, am 1. Oktober 1997, kam mit Donepezil (Aricept®, Pfizer) ein weiterer Wirkstoff dieser Klasse auf den Markt. Das Piperidin-Derivat ist strukturell weder mit Acridinen (wie Tacrin) noch mit Carbamaten (wie Physostigmin) verwandt. Inzwischen ist eine ganze Reihe von Donepezil-Generika verfügbar.
Strukturformel Donepezil / © Wurglics