Steckbrief Amphotericin B |
Laura Rudolph |
20.03.2024 07:00 Uhr |
Das Wirkspektrum von Amphotericin B umfasst eine ganze Reihe von tier- und humanpathogenen Pilzen, darunter Candida-Arten. / Foto: Adobe Stock/Dr_Microbe
Wann ist Amphotericin B indiziert?
Amphotericin B ist ein makrozyklisches Polyen-Antimykotikum. Es wirkt gegen zahlreiche menschen- und tierpathogene Pilze, vor allem Hefen und Schimmelpilze. Systemisch kommt es gegen invasive Pilzinfektionen zum Einsatz, lokal zur Behandlung von Pilzinfektionen in Mund und Rachen oder zur Vermeidung einer Überbesiedlung des Magen-Darm-Trakts mit Hefepilzen.
Wie wirkt Amphotericin B?
Amphotericin B bindet an Ergosterol in der Zellmembran von Pilzen. Es entstehen Poren, über die Kaliumionen und weitere Stoffe aus der Zelle austreten. Durch die erhöhte Membranpermeabilität geht die Pilzzelle zugrunde. In niedrigen Konzentrationen wirkt Amphotericin B fungistatisch, in höheren fungizid.
Wie wird Amphotericin B angewendet?
Da Amphotericin B aufgrund seiner ausgeprägten Lipophilie nicht wasserlöslich ist, wird es aus dem Magen-Darm-Trakt kaum bis gar nicht resorbiert. Für eine systemische Anwendung muss der Wirkstoff daher intravenös verabreicht werden, entweder als Natriumdesoxycholat-Komplex (»konventionelles« Amphotericin B, kolloidale Lösung) oder als liposomale Formulierung. Die Liposomen binden bevorzugt an die Pilzzellwand, wo sie den Wirkstoff freisetzen. In (prä)klinischen Versuchen wirkte liposomales Amphotericin B ähnlich stark gegen Pilzinfektionen wie konventionelles, war aber weniger toxisch.
Eine orale Einnahme kommt nur für die lokale Behandlung von Pilzinfektionen in Mund und Rachen oder zur Vorbeugung einer Hefepilzüberwucherung im Magen-Darm-Trakt von immunsupprimierten Patienten infrage. Hierfür gibt es Lutschtabletten beziehungsweise Suspensionen.
Welche Dosierung wird empfohlen?
Bei der intravenösen Gabe ist die Dosierung von der Formulierung abhängig. Die maximale Tagesdosis für Erwachsene beträgt bei konventionellem Amphotericin B 1 mg pro kg Körpergewicht, bei einer alternierenden Gabe an jedem zweiten Tag 1,5 mg/kg. Für Babys, Kinder und Jugendliche ist die Dosis abhängig von Alter, Erkrankungsschwere und individueller Verträglichkeit niedriger. Bei liposomalem Amphotericin B liegt die Tagesmaximaldosis für Erwachsene und Kinder bei 3,0 mg/kg. Eine Überdosierung kann mit lebensbedrohlichen Komplikationen einhergehen.
Weniger kritisch ist die lokale Anwendung. Zur Behandlung von Mundsoor sind vier Tabletten à 10 mg pro Tag üblich, zur gastrointestinalen Pilz-Prophylaxe vier Suspensions-Einheiten à 100 mg.
Welche Nebenwirkungen können auftreten?
Bei mehr als 10 Prozent der Behandelten kann es zu Atemnot, Erbrechen, Fieber, Schüttelfrost und Hypotonie kommen. Amphotericin B ist nephrotoxisch: Da bestimmte Nierenzellen Sterole enthalten, an die der Wirkstoff binden kann, kann es zu Störungen der Zellpermeabilität und einer Nierenfunktionsstörung kommen; dies kann sich etwa in Elektrolytstörungen und erhöhten Serumkreatininwerten äußern. Bei schwer nierengeschädigten Patienten ist Amphotericin B kontraindiziert. Gleiches gilt bei schwerer Leberschädigung.
Aufgrund seiner ausgeprägten Lipophilie reichert sich der Wirkstoff bevorzugt in der Leber an und kann zu Funktionsstörungen führen. Auch Blutbildveränderungen (Anämie, Thrombozytopenie, Agranulozytose) können auftreten.
Liposomales Amphotericin B wird in der Fachinformation als »nachweislich deutlich weniger toxisch als konventionelles Amphotericin B« eingestuft. Besonders in Bezug auf Nephrotoxizität können Nebenwirkungen aber dennoch »nicht völlig ausgeschlossen werden«.
Bei der lokalen Anwendung sind die möglichen Nebenwirkungen weitaus harmloser. Häufig treten etwa gastrointestinale Beschwerden oder Hautausschläge auf.
Mit welchen Arzneistoffen interagiert Amphotericin B?
Amphotericin B hat ein hohes Wechselwirkungspotenzial. Antineoplastische Substanzen erhöhen das Risiko für Nierenschäden und sollten daher nur mit Vorsicht zusammen mit Amphotericin B angewendet werden. Gleiches gilt für andere nephrotoxische Substanzen wie Aminoglykoside, Ciclosporin A und Flucytosin. Letzterer Wirkstoff kann zudem die Plasmakonzentration und Toxizität von Amphotericin B erhöhen.
Bei gleichzeitiger Anwendung mit Glucocorticoiden gilt es zu beachten, dass diese die hypokaliämische Wirkung des Antimykotikums verstärken können. Sie sollten niedrig dosiert oder noch besser vermieden werden. Auch Diuretika können das Risiko für Hypokaliämie und Nierenschäden erhöhen. Die Virustatika Foscarnet und Ganciclovir können Veränderungen des Blutes und renale Nebenwirkungen begünstigen.
Darf Amphotericin B in Schwangerschaft und Stillzeit angewendet werden?
Es gibt keine systematische Studien hierzu. Orale Formulierungen können nach Arztrücksprache angewendet werden. Das Stillen müsse bei oraler Anwendung nicht unterbrochen werden, heißt es auf der Website von Embryotox, dem Beratungszentrum der Berliner Charité zu Arzneimitteln in Schwangerschaft und Stillzeit.
Bei der systemischen Anwendung sei das Nutzen-Risiko-Verhältnis sehr streng abzuwägen. Im Fall einer lebensbedrohlichen systemischen Mykose in der Schwangerschaft dürfe Amphotericin B auch parenteral eingesetzt werden, so Embryotox.
Beim Stillen müsse zwischen konventionellem und liposomalem Amphotericin B unterschieden werden. Bei Ersterem seien aufgrund der hohen Proteinbindung und geringen oralen Bioverfügbarkeit keine systemischen Wirkungen beim Säugling zu erwarten. Ob dies auch auf liposomale Zubereitungen zutrifft, sei unklar, weshalb das Stillen in diesem Fall »eher kritisch zu beurteilen« sei.
Strukturformel Amphotericin B / Foto: Wurglics