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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Acetylsalicylsäure

Welcher Arzneistoff kann schon von sich behaupten, dass seine weltweite Jahresproduktion als Tabletten aneinandergereiht einmal von der Erde bis zum Mond hin und zurückreicht? Das schafft nur die Acetylsalicylsäure mit ihren breit gefächerten Anwendungsgebieten.
AutorKontaktKerstin A. Gräfe
Datum 23.09.2020  07:00 Uhr

Was ist das Einsatzgebiet von Acetylsalicylsäure?

Typische Anwendungsgebiete sind leichte bis mäßige Schmerzen verschiedenster Ursache. Als Hemmstoff der Blutgerinnung wird Acetylsalicylsäure (ASS) in niedrigen Dosierungen und als Dauerbehandlung auch zur Sekundärprophylaxe von Herzinfarkten oder Thrombosen eingesetzt.

Wie wirkt Acetylsalicylsäure?

ASS wirkt analgetisch, antiphlogistisch und antipyretisch. Die Wirkung beruht auf einer irreversiblen Hemmung der Cyclooxygenasen COX-1 und COX-2. Durch die Hemmung von COX-1 wird die Bildung von Thromboxan A2 (TXA2) in Thrombozyten reduziert. TXA2 stimuliert die Aktivierung neuer Thrombozyten und erhöht die Thrombozytenaggregation. Durch die irreversible Hemmung der TXA2-Synthese wird die Blutgerinnung inhibiert und das Risiko von arteriellen Thrombosen gesenkt. Dieser Effekt tritt bereits in Dosen um 100 mg pro Tag auf, weshalb Acetylsalicylsäure auch zur Herzinfarktprophylaxe eingesetzt wird.

In höheren Dosierungen hemmt ASS vermehrt auch COX-2. Dadurch wird die körpereigene Produktion verschiedener Prostaglandine blockiert. Dabei handelt es sich um wichtige Botenstoffe, die unter anderem an Entzündungsprozessen mitwirken sowie mit Schmerzrezeptoren interagieren. Eine Hemmung der Prostaglandin-Synthese führt folglich zu einer Hemmung von Entzündungsprozessen und einer verminderten Schmerzwahrnehmung.

Wie wird Acetylsalicylsäure dosiert?

Je nach Indikation ist die Standarddosierung sehr unterschiedlich. Übliche Einzeldosierungen für Erwachsene sind:

  • 100 mg zur Blutverdünnung (einmal täglich als Dauerbehandlung),
  • 300 bis 1000 mg als Analgetikum (mehrmals täglich in Abständen von vier bis acht Stunden), maximal 3000 mg täglich,
  • 1000 mg bei Migräne, maximal 3000 mg täglich.

Bei der Behandlung akuter und chronisch-entzündlicher Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis können Tagesdosen von 4 bis 8 g zum Einsatz kommen.

Welche Nebenwirkungen kann ASS haben?

Zu den häufigen unerwünschten Wirkungen zählen gastrointestinale Beschwerden wie Sodbrennen, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und Durchfälle sowie eine erhöhte Blutungsneigung. Diese resultieren einerseits aus einer direkten Schleimhautreizung durch die Säure ASS, andererseits sind sie aber auch Folge der Prostaglandinsynthese-Hemmung, durch die unter anderem die Sekretion von Bicarbonat und Schleim sowie die Durchblutung des Magens abnehmen. Gelegentlich kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen wie Hautreaktionen kommen. Die Liste der seltenen Nebenwirkungen ist lang, am prominentesten ist dabei wohl das Reye-Syndrom bei Kindern. Des Weiteren können in seltenen Fällen unter anderem schwerwiegende Blutungen, Hämolyse und hämolytische Anämie auftreten. Auch Überempfindlichkeitsreaktionen sind möglich, vor allem bei Asthmatikern. Anzeichen für eine Überdosierung können gestörtes Hörvermögen, Ohrensausen (Tinnitus), mentale Verwirrung, Sehstörungen und Somnolenz sein.

Dürfen Schwangere Acetylsalicylsäure einnehmen?

Der Wirkstoff darf während des ersten und zweiten Trimenons der Schwangerschaft nicht gegeben werden. Sollte eine Einnahme unumgänglich sein, sind die Dosis so gering und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich zu halten. Während des dritten Schwangerschaftsdrittels ist ASS kontraindiziert.

Welche Wechselwirkungen kann Acetylsalicylsäure haben?

Ein erhöhtes Blutungsrisiko besteht, wenn Acetylsalicylsäure zusammen mit anderen die Blutgerinnung hemmenden Arzneimitteln wie Heparin oder Clopidogrel sowie anderen nicht steroidalen Antirheumatika (NSAR) angewendet wird. In Kombination mit bestimmten Arzneistoffen besteht ein erhöhtes Risiko für gastrointestinale Nebenwirkungen. Dazu zählen zum Beispiel andere NSAR, systemische Glucocorticoide und selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Sertralin und Paroxetin. Bei einigen Arzneimitteln ist eine Wirkungsverstärkung durch ASS möglich, etwa bei Digoxin, Antidiabetika, Methotrexat und Valproinsäure. Umgekehrt kann Acetylsalicylsäure auch Arzneimittelwirkungen abschwächen, etwa bei Diuretika, Antihypertensiva und Urikosurika.

Wann wurde Acetylsalicylsäure entwickelt?

Die Geschichte der Acetylsalicylsäure begann vor mehr als 120 Jahren in einem Labor in Wuppertal. Der Legende nach trieb den jungen Chemiker Dr. Felix Hoffmann die Sorge um seinen rheumakranken Vater, als es ihm 1897 erstmalig gelang, Acetylsalicylsäure in chemisch reiner und haltbarer Form zu synthetisieren. Zu Beginn der Vermarktung 1899 wurde das Schmerzmittel als Pulver in 250-g-Flaschen an die Apotheken geliefert, dort in 1-g-Papiertüten abgewogen und an die Kunden abgegeben. Bereits 1900 kam der Wirkstoff als Tablette mit 500 mg auf den Markt – eine der ersten Tabletten überhaupt.

Trotz des erwiesenen schmerzstillenden Effekts blieb die Wirkweise von Acetylsalicylsäure lange ungeklärt. Noch 1966 bezeichnet die »New York Times« den Wirkstoff in einem Artikel als »The Wonder Drug That Nobody Understands« (der Wunderwirkstoff, den niemand versteht). 1971 wies der britische Pharmakologe Professor Dr. John Vane endlich nach, dass Acetylsalicylsäure die Synthese bestimmter Botenstoffe – der Prostaglandine – hemmt. Seit 1977 steht Acetylsalicylsäure auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Wie geht es weiter mit ASS?

Auch heutzutage ist der Forscherdrang zu dieser Substanz ungebrochen, was sich in etwa 3000 wissenschaftlichen Veröffentlichungen pro Jahr widerspiegelt. Geforscht wird auch an neuen Anwendungsgebieten im Bereich der Onkologie, zum Beispiel bei Darm-, Leber und Eierstockkrebs. Einen großen Anteil daran hat die Firma Bayer, die mit Aspirin® einen der bekanntesten Markennamen der Welt in ihrem Portfolio hat und zwischenzeitlich sogar den International Aspirin Award als Preis für Forschungen rund um den Arzneistoff-Klassiker auslobte.

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