Standort Deutschland soll attraktiver werden |
Klinische Studien für Arzneimittelzulassungen sollen künftig schneller genehmigt werden. Das soll es für Pharmaunternehmen attraktiver machen, in Deutschland zu forschen und zu produzieren. / Foto: Adobe Stock/Zerbor
Als Forschungs- und Entwicklungsstandort ist Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren ins Hintertreffen geraten – das beklagte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) bei der Vorstellung des Strategiepapiers für ein Medizinforschungsgesetz (MFG) Anfang Dezember in Berlin.
Das liege daran, dass Prozesse hierzulande sehr langsam und teuer seien. Doch das müsse sich ändern. Seine Hoffnung setzte der Minister unter anderem in das geplante Medizinforschungsgesetz, das Teil der Pharmastrategie der Bundesregierung ist. Am 13. Dezember beschloss das Bundeskabinett das Strategiepapier. Am vergangenen Freitag legten nun das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) einen Referentenentwurf vor.
Mit dem geplanten Gesetz will die Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten verbessern. Dies stärke die Attraktivität des Standorts Deutschland im Bereich der medizinischen Forschung, beschleunige den Zugang zu neuen Therapieoptionen für Patientinnen und Patienten und fördere Wachstum und Beschäftigung, heißt es. So sollen Genehmigungsverfahren für klinische Prüfungen und Zulassungsverfahren von Arzneimitteln und Medizinprodukten einfacher, unbürokratischer und schneller ablaufen.
Konkret sieht der Entwurf eine Spezialisierung der Ethik-Kommissionen der Länder vor. Komplexe Prüfungen soll künftig eine Bund-Ethik-Kommission übernehmen, die im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingerichtet werden soll. Der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen soll Richtlinienbefugnis erhalten. Weiterhin soll es künftig möglich sein, Verfahren in Musterverträgen zu vereinfachen und zu bündeln.
Zulassungsverfahren sollen künftig besser koordiniert werden. Dem Entwurf zufolge soll das BMG Zuständigkeiten per Rechtsverordnung ändern können. Geplant ist zudem, beim BfArM eine übergreifende Koordinierungsstelle einzurichten. Um die Auslegung in den Bereichen Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln für neuartige Therapien auf einen Nenner zu bringen, können BfArM und Paul-Ehrlich-Institut (PEI) laut Entwurf Empfehlungen und Leitlinien für die Landesbehörden veröffentlichen. Die Landesbehörden ihrerseits dürfen bei Fragen zur Auslegung der Grundsätze und Leitlinien Klärung beantragen.
Im Bereich des Strahlenschutzes zielt der Entwurf darauf ab, durch verschiedene Maßnahmen die Verfahren besser zu verzahnen. Geplant ist unter anderem die Genehmigung über ein gemeinsames Einreichungsportal »Single Gate« sowie deutlich verkürzte Prüffristen.
Um Doppelprüfungen zu vermeiden, sollen die Ethikkommissionen die Prüfung der strahlenschutzrechtlichen Anzeigeverfahren vollständig übernehmen. Das BfArM oder das PEI sollen formell verfahrensführende Behörden werden. Zugleich soll das hohe Niveau des Strahlenschutzes aufrechterhalten werden, heißt es.
Bei der Erstattung von neuen Wirkstoffen sieht der Entwurf Änderungen an Artikel 5 SGB V vor. So sollen pharmazeutische Unternehmen die Möglichkeit erhalten, bei Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen vertrauliche Erstattungsbeträge als Grundlage für die Festbeträge zu vereinbaren, solange der Unterlagenschutz gilt. Die Abgabepreise in anderen europäischen Ländern müssen nicht mehr berücksichtigt werden.
Die Bürgerinnen und Bürger können laut Entwurf von dem pharmazeutischen Unternehmer den Ausgleich der Differenz zwischen dem für ein Arzneimittel geltenden Erstattungsbetrag und dem tatsächlich gezahlten Abgabepreis verlangen, wenn sie keinen Anspruch auf Kostenerstattung haben. Pro Ausgleichsfall soll dabei ein durchschnittlicher Zeitaufwand von 60 Minuten herangezogen werden.
Die Verbände haben nun bis zum 22. Februar Zeit, zum Gesetzentwurf Stellung zu nehmen. Zudem ist am 20. Februar eine mündliche Anhörung in Berlin geplant.
In einer ersten Reaktion begrüßte der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (vfa) den Referentenentwurf, forderte aber zugleich Nachbesserungen. »Der Referentenentwurf weist in die richtige Richtung, springt aber noch zu kurz, um Deutschland wieder in die internationale Spitzengruppe zurückzubringen«, kommentierte vfa-Präsident Han Steutel.
Positiv sei, dass laut Referentenentwurf über eine Strahlenschutzgenehmigung, wie sie zum Beispiel bei Studien mit Verlaufskontrolle durch Computertomographie nötig ist, künftig parallel zur Genehmigung der zugrundeliegenden klinischen Studie entschieden werden soll – und das innerhalb eines Verfahrens.
Kritisch bleibe aber, dass Deutschland damit weiter auf einem Verfahren beharre, das mit dem Bundesamt für Strahlenschutz eine Behörde mehr involviere, als dies in anderen Ländern üblich sei. Der vfa befürwortet auch die geplante Anwendung von Standardvertragsklauseln. »Es wäre jedoch wichtig, dass das Gesetz Grundlagen schafft, die die Verwendung solcher Klauseln verbindlich macht und nicht nur darauf hinweist, dass es sie gibt. Spanien und Frankreich sind so verfahren und waren damit sehr erfolgreich«, betonte Steutel.