Stalking-Opfer haben erhöhtes Herzinfarkt-Risiko |
Annette Rößler |
10.09.2025 12:30 Uhr |
Stalking wird oft von Ex-Partnern oder anderen Bekannten gegenüber Frauen begangen. Die Bedrängten müssen dies nicht hinnehmen. Es ist möglich, sich gerichtlich gegen Stalking zu wehren. / © Adobe Stock/Alexander
Die Beziehung ist zu Ende – jetzt möchte man gerne seine Ruhe haben und das Erlebte verarbeiten. Doch der Ex-Partner oder die Ex-Partnerin schreiben immer wieder Nachrichten, rufen an, drohen und/oder stehen sogar plötzlich abends vor der Haustür. Was hier geschieht, nennt man Stalking. Es ist eine Form von psychischer Gewalt.
Stalking oder auch das »wiederholte unbefugte Ausüben von Handlungen, die dazu geeignet sind, die Lebensgestaltung der Betroffenen nicht unerheblich zu beeinträchtigen« ist eine strafbare Handlung, gegen die Betroffene sich wehren können. Wenden sie sich an die Polizei, kann dem Täter die Kontaktaufnahme gerichtlich untersagt werden. Da es im Alltag allerdings kaum möglich ist, die Einhaltung einer solchen Verfügung lückenlos zu überwachen, können Betroffene selbst dann noch von den Tätern belästigt werden.
Der mit einer Stalking-Erfahrung verbundene Stress geht an den Opfern nicht spurlos vorüber. Das zeigt eine Studie von Forschenden um Dr. Rebecca B. Lawn von der Harvard T.H. Chan School of Public Health in Boston, Massachusetts, deren Ergebnisse kürzlich im Fachjournal »Circulation« erschienen sind. Die Gruppe wertete Daten der Nurses’ Health Study II aus, an der seit dem Jahr 1989 insgesamt 116.430 US-amerikanische Krankenschwestern teilgenommen hatten.
Für die aktuelle Analyse wurden 66.270 Teilnehmerinnen herangezogen, die im Median 46 Jahre alt waren und keine Vorgeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten. 7721 Frauen (11,7 Prozent) gaben an, gestalkt worden zu sein, und 3686 (5,6 Prozent) hatten aufgrund von Stalking gerichtlich ein Kontaktverbot erwirkt. Innerhalb von 20 Jahren kam es bei 1879 Teilnehmerinnen (2,8 Prozent) zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Die Wahrscheinlichkeit, von einem dieser schweren Herz-Kreislauf-Ereignisse betroffen zu sein, war bei Frauen, die Opfer von Stalking geworden waren, ungleich höher als bei Frauen ohne diese Erfahrung: Das Risiko war bei Stalking-Opfern um 41 Prozent erhöht und bei Frauen, die ein Kontaktverbot erwirkt hatten, sogar um 70 Prozent. Um Verzerrungen zu vermeiden, hatten die Forschenden bei ihren Berechnungen andere Faktoren wie beispielsweise ein familiär erhöhtes Herz-Kreislauf-Risiko bereits mit einbezogen.
»Viele Menschen halten Stalking nicht für so gravierend, weil es oft keinen physischen Kontakt beinhaltet. Doch Stalking hat schwerwiegende psychologische Folgen, die physische Implikationen haben können«, sagt Seniorautor Professor Dr. Karestan C. Koenen in einer Mitteilung der Universität. »Unsere Studie zeigt, dass diese vermeidbaren, häufigen, kontaktlosen Formen von Gewalt gegen Frauen Gesundheitsrisiken darstellen und ebenso wie das Rauchen und eine ungesunde Ernährung auch als solche betrachtet werden müssen.«