Spurenelement mit Schlüsselfunktion |
Das Spurenelement Eisen ist bedeutend nicht nur für den Sauerstofftransport via Blut, sondern zudem als Bestandteil Hunderter Proteine und Enzyme an wichtigen Stoffwechselwegen beteiligt. / Foto: Adobe Stock/dermatzke
Ein zu niedriger Eisenspiegel gilt als die häufigste Mangelerkrankung, die je nach Stadium infolge der Anämie unter anderem mit Müdigkeit, Erschöpfung, blasser und trockener Haut, Haarausfall und Atrophie der Mund- und Rachenschleimhaut einhergehen kann. Auch Depressionen, Tachykardien, Dyspnoe und submuköse Entzündungsreaktionen als Risikofaktor für Ösophaguskarzinome können Folgen eines Eisenmangels sein.
Vor allem werdende Mütter, Frauen im gebärfähigen Alter sowie Säuglinge und Kleinkinder, aber auch Hochleistungssportler und Krebspatienten zählen zu den Risikogruppen. Die Eisensupplementation kann mit vielen Nebenwirkungen einhergehen, deren Ausschluss die entsprechende Beratung und Information in der Apotheke erforderlich machen.
Das Spurenelement Eisen hat im menschlichen Organismus eine Schlüsselfunktion. Es ist bedeutend nicht nur für den Sauerstofftransport. Das vierthäufigste Element der Erdkruste ist zudem Bestandteil Hunderter Proteine und Enzyme und damit an fast allen wichtigen Stoffwechselfunktionen beteiligt. Im Organismus existiert es in zwei- und dreiwertiger Form als Ferro- und Ferri-Verbindungen.
Beim Sauerstofftransport liegt Eisen im Hämoglobin als Häm-Verbindung, also in einem Porphyrin-Ringsystem vor, in dessen Mitte es als Zentralion angeordnet ist und so die Bindung von Sauerstoff ermöglicht. Hämoglobin in den Erythrozyten hat die Fähigkeit, Sauerstoff während der kurzen Kontaktzeit in der Lunge zu binden und bedarfsgerecht im Gewebe abzugeben.
Unter anderem im Skelett- und Herzmuskelgewebe spielt das intrazelluläre Häm-haltige Myoglobin eine wichtige Rolle, da es den Sauerstofftransport zu den Mitochondrien gewährleistet. Ein weiteres Sauerstoff-transportierendes Protein mit einem Häm-Eisen wurde erst im Jahr 2000 im Hirngewebe entdeckt. Diesem Neuroglobin wird eine neuroprotektive Wirkung zugeschrieben, da es vor allem unter ischämischen Bedingungen einen Sauerstofftransport ins und im Gehirn gewährleistet (1).
Ein Häm-Eisen ist jedoch auch Bestandteil vieler Enzyme, die am Elektronentransfer beteiligt sind. Hier kommt dem leichten Übergang zwischen den Oxidationsstufen des zwei- und dreiwertigen Eisens besondere Bedeutung zu. Eine solche Häm-Verbindung findet sich in mehreren Cytochrom-Enzymen der Mitochondrien, den Enzymen der Cytochrom P450-Familie und der endothelialen NO-Synthase, aber auch in der Thyreoperoxidase. Damit ist Eisen indirekt an der ATP-Gewinnung, der Metabolisierung körpereigener und -fremder Stoffe, der NO-Bildung und der Funktion der Schilddrüse beteiligt.
Auch im Immungeschehen hat Häm-Eisen eine zentrale Bedeutung. Cyclooxygenasen und Myeloperoxidasen, die von Immunzellen bei Entzündungsprozessen zur Immunabwehr hochreguliert werden, sind Häm-haltige Enzyme. Auch in einer Nicht-Häm-Form kann das Spurenelement als Kofaktor Bestandteil von Enzymen sein. Beispielhaft seien Tyrosin-Hydroxylase, die Hypoxie-Induzierter Faktor-, also HIF-Prolyl-Hydroxylase oder die Prolyl-Hydroxylase erwähnt, die für die Bildung unter anderem des Neurotransmitters Dopamin, des Wachstumsfaktors Erythropoetin sowie von Kollagen notwendig sind (2, 3).
Und schließlich kann Eisen auch in Form von Eisen-Schwefel-Clustern in Proteinen vorliegen. Mehrere Enzyme im Citratzyklus wie die Succinat-Dehydrogenase weisen derartige Strukturen auf. Aber auch bei DNA-Polymerasen und -Helicasen kommen Eisen-Schwefel-Cluster vor, sodass Eisen ebenso essenziell bei der DNA-Replikation und -Reparatur ist (4). Gibt es zudem eine Reihe von Proteinen, die den Transport und die Speicherung von Eisen gewährleisten, so ist eine Unterteilung in Funktions- und Speichereisen üblich.
Beim Erwachsenen liegt der Gesamtkörpergehalt an Eisen zwischen 3 und 5 g. Davon entfallen 75 Prozent auf das Funktions- und 25 Prozent auf das Speichereisen. Der größte Anteil des Eisens mit circa 3 g stellt das Hämoglobin-Eisen dar.
Myoglobin enthält etwa 0,3 bis 0,4 g. Der Eisengehalt der zahlreichen Enzyme macht lediglich 0,1 g aus. Der Gehalt an Speichereisen variiert bei gesunden Männern im Bereich zwischen 0,5 und 1 g, bei prämenopausalen Frauen ist er mit 0,2 bis 0,4 g deutlich niedriger. Im Plasma finden sich nur geringe Eisenmengen (5).
Der Eisengehalt wird im menschlichen Organismus sehr fein reguliert, um auch vor zu hohen und somit toxischen Konzentrationen zu schützen. Der Eisenbedarf wird ausschließlich über die Nahrung gedeckt. Ernährungsphysiologisch wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen tierischem Häm-Eisen und pflanzlichem Nahrungseisen, denn es existieren im menschlichen Organismus unterschiedliche Aufnahmewege.
Pflanzliches Eisen liegt meist in Form von Fe(III)-Komplexen vor. Hier kommt dem sauren Magenmilieu große Bedeutung zu, da es ermöglicht, das Eisen aus diesen Komplexen herauszulösen und verfügbar zu machen. Die Resorption erfolgt dann größtenteils im Duodenum, zu einem kleineren Anteil im oberen Jejunum. In diesen Darmabschnitten befindet sich der Eisen-, also »Divalent Metal-1« (DMT-1)-Transporter, dessen Expression an den Eisenstatus des Körpers gekoppelt ist und bei erhöhten Eisenspiegeln herunterreguliert wird (Grafik).
Nach Aufnahme des Eisens aus Nahrung und Resorption im Duodenum mithilfe des Häm-Rezeptors »Heme Carrier Protein 1« (HCP1) beziehungsweise der »Duodenal Cytochrome B«-, also DCYTB-Reduktase kommt es zur Abgabe in die Blutbahn mittels des Transportproteins Ferroportin 1 bei gleichzeitigem Valenzwechsel des Eisens in die dreiwertige Form mithilfe der transmembranären kupferhaltigen Ferroxidase Hephästin: Das nun dreiwertige Eisen wird von Transferrin im Blut zu den Zielzellen gebracht. / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Allerdings kann Eisen über DMT-1 nur in zweiwertiger Form aufgenommen werden. Daher existiert an der luminalen Seite der Enterozyten eine »Duodenal Cytochrome B« (DCYTB)-Reduktase, die das Eisen in die notwendige Fe(II)-Form überführt (Grafik). Wie schon der Name impliziert, ist der DMT-1-Transporter nicht absolut selektiv für Eisenionen. Auch Zink-, Mangan- und Cadmiumionen können dieses Transportprotein zur Aufnahme in den Organismus nutzen.
Ein weiterer Aufnahmeweg existiert für das Häm-Eisen im Hämoglobin. An der luminalen Seite der Enterozyten ist der Häm-Rezeptor »Heme Carrier Protein 1« (HCP 1) lokalisiert, der für eine Internalisierung des gesamten Häm-Eisen-Komplexes verantwortlich ist. In den Enterozyten wird das Eisen durch eine Häm-Oxygenase aus dem Porphyrinring freigesetzt und steht damit dem Eisenpool der Darmzelle als zweiwertiges Eisen zur Verfügung (6).
Von den Enterozyten wird das Eisen in die Blutbahn abgegeben. Zu diesem Zweck existiert auf der basolateralen Seite der Zellen das Transportprotein Ferroportin 1. Gleichzeitig erfolgt wiederum ein Valenzwechsel des Eisens in die dreiwertige Form. Diese Oxidation wird durch die transmembranäre kupferhaltige Ferroxidase Hephästin bewirkt. Ein ausreichender Kupfer-Ernährungsstatus ist deshalb für den Eisenstoffwechsel zwingend notwendig.
Das nun dreiwertige Eisen wird von Transferrin im Blut zu den Zielzellen gebracht. Als Apotransferrin in der Leber gebildet kann es dreiwertige Eisenionen aufnehmen (Grafik). In der Regel sind 15 bis 45 Prozent der Transferrin-Proteine im Plasma mit Eisen beladen. Bei Eisenmangel oder -überladung sind die Transferrin-Beladungskapazitäten verändert.
An den Zielzellen existieren mit TFR1 und TFR2 Transferrin-Rezeptoren, an denen das Transportprotein bindet. Diese Rezeptoren befinden sich auf allen Zellen und werden je nach Eisenbedarf stark reguliert. Ein sehr kleiner Teil von TFR1/2 wird auch proteolytisch von der Zellmembran gespalten. Es entstehen im Blut zirkulierende lösliche Transferrin-Rezeptoren. Sie stellen ein wichtiges diagnostisches Kriterium dar, da sie die Expressionsrate auf den Zellen widerspiegeln.
Vor allem Zellen der Erythropoese zeigen aufgrund ihres hohen Eisenbedarfs hohe Rezeptor-Expressionsraten. Aber auch Hepatozyten und Makrophagen, die klassischen Speicherzellen für Eisen, sind in der Lage, Eisen über diese Rezeptoren aufzunehmen. Dabei wird nach Bindung von bis zu vier Molekülen Transferrin an einen Rezeptor die endosomale Internalisierung des gesamten Komplexes sowie die Loslösung des Eisens vom Transferrin bei erniedrigten pH-Werten im Endosom hervorgerufen. Der auch in den Endosom-Membranen vorkommende Eisentransporter DMT-1 ermöglicht die Überführung des Eisens aus den Endosomen in das Zytoplasma der Zellen.
Für die Speicherung des Eisens in Hepatozyten und Makrophagen ist das Speicherprotein Ferritin zuständig. Hierbei handelt es sich um einen löslichen Depot-Eisen-Komplex, der aus einem Eisen(III)oxidhydroxid-Kern besteht. Dieser ist von einer Proteinhülle aus 24 Untereinheiten umgeben und schützt damit die Zelle vor toxischen Eiseneffekten. 2.000 bis 4000 dreiwertige Eisenionen können in einem Ferritin-Molekül enthalten sein.
Obwohl sich das meiste Ferritin innerhalb der Zellen befindet, ist die Ferritin-Konzentration im menschlichen Blutplasma ein aussagekräftiges Kriterium für den gesamten Eisenspeicher des Organismus. Ein Abbauprodukt des Ferritins stellt das Hämosiderin dar. Im Gegensatz zu Ferritin handelt es sich um einen wasserunlöslichen Eisen-Protein-Komplex, den man vor allem in Makrophagen des Knochenmarks, der Leber und der Milz finden kann.
Circa 1 mg/Tag an Eisen geht via Schweiß sowie abgeschilferte Haut- und Darmzellen verloren. Mit der Expression von DMT-1 in proximalen Nierentubuli und den Sammelrohren wäre eine renale Ausscheidungsmöglichkeit zwar vorhanden, doch spielt diese durch vollständige Rückresorption des Eisens keine Rolle.
Für ein effizientes Recycling des Eisens sind vor allem die Makrophagen der Milz, Leber und des Knochenmarks verantwortlich, die gealterte Erythrozyten phagozytieren und das Eisen nach dem Hämoglobin-Abbau wiedergewinnen. Das freigesetzte Eisen wird von den Makrophagen entweder in Form des Ferritins und Hämosiderins gespeichert oder über Ferroportin-1 nach außen zur Bindung an Transferrin abgegeben. Circa 20 bis 25 mg Eisen werden auf diese Weise täglich recycelt.
Die Eisenhomöostase im Organismus wird zum einen systemisch und zum anderen auf zellulärer Ebene reguliert. Eine zentrale Rolle bei der systemischen Regulation spielt das in der Leber gebildete Peptid Hepcidin (Grafik). Seine Aufgabe ist die Senkung des Serumeisens bei erhöhten Eisenspiegeln.
Ist das im Blut zirkulierende Hepcidin erhöht, bindet es an Ferroportin 1, wodurch dessen Internalisierung und Ubiquitin-vermittelte Degradation ausgelöst wird. Auch der DMT-1 wird herunterreguliert. Eisen wird nun sehr viel schlechter resorbiert. Zudem führt die Degradation des Transporters Ferroportin 1 in Makrophagen dazu, dass auch das Speichereisen nicht mehr in die Zirkulation gelangt. Der Eisengehalt im Blut sinkt.
Zwei Mechanismen sind entscheidend für die Bildung von Hepcidin. Am Transferrin-Rezeptor TFR1 liegt assoziiert das sogenannte HFE-, also Hereditäre-Hämochromatose-Protein vor. Bindet nun Transferrin an seinen Rezeptor, so wird dieses HFE-Protein vom Rezeptor verdrängt und kann einen neuen Komplex mit dem sogenannten Hämojuvelin und dem »Bone Morphogenetic Protein« BMP bilden. Dieser Komplex ist in der Lage, den Rezeptor ALK3 zu aktivieren, der die Bildung von Hepcidin steigert. Der Eisenspiegel wird gemindert.
Auch unter inflammatorischen Bedingungen wird Hepcidin hochreguliert. Interleukin 6 als proinflammatorisches Zytokin führt nach Stimulation seines Rezeptors zur Bildung von Hepcidin. Dabei scheint es sich um einen Schutzmechanismus bei Infektionen zu handeln. Denn die meisten Infektionserreger benötigen für ihr Wachstum ebenfalls Eisen. Bei großen Hepcidin-Konzentrationen steht dieses im Plasma aber nicht mehr zur Verfügung. Dagegen bleibt der Eisengehalt in Makrophagen hoch, was wiederum der Bildung reaktiver Sauerstoffspezies und der Erregerbekämpfung dient.
Dieser bei Infektionen sinnvolle Mechanismus kann dazu führen, dass chronische Entzündungen oder auch Krebserkrankungen mit einem Eisenmangel verknüpft sind, da Hepcidin ständig hochreguliert ist und damit die Eisenresorption gedrosselt wird. Die Rede ist von einem funktionellen Eisenmangel (7).
Häufig mit einer inflammatorischen Komponente verknüpft können auch Krebserkrankungen mit einem Eisenmangel einhergehen, der dringend therapiert werden muss. / Foto: Adobe Stock/auremar
Auch auf zellulärer Ebene existiert ein ausgeklügeltes System, um den Eisenbedarf jeder einzelnen Zelle zu gewährleisten. Verantwortlich hierfür sind die intrazellulären »Iron Regulatory Proteins« IRP-1 und IRP-2 mit einer Eisenbindungsstelle und je nach Eisenstatus unterschiedlichen Konformationen. Bei einem niedrigen Eisengehalt in der Zelle erkennen IRP1- und IRP2-spezifische »Iron Responsive Elements« (IRE)-Regionen der mRNA, die im Eisenhaushalt eine wichtige Rolle spielen. Befindet sich diese IRE-Region am 5´-Ende der mRNA, wie es bei der Ferritin-mRNA der Fall ist, wird diese nach Bindung des IRP destabilisiert und abgebaut.
Umgekehrt kommt es zu einer Stabilisierung der mRNA, wenn sich die IRE-Region am 3´-Ende befindet. Dieses ist bei der mRNA von Transferrin-Rezeptoren der Fall. Bei Eisenmangel werden daher mehr Transferrin-Rezeptoren und weniger Ferritin in der Zelle gebildet, was mit einer vermehrten Eisenaufnahme und einer verminderten Speicherung verknüpft ist. Ist der Eisengehalt in der Zelle hoch, dann kommt es nach Bindung des Eisens an die IRP zu einer Konformation, die nicht mehr an die mRNA binden kann. Die Eisenaufnahme der Zelle wird aufgrund einer reduzierten Zahl von Transferrin-Rezeptoren verringert (8).
Bei einer ausgewogenen Ernährung werden in der Regel 10 bis 20 mg Eisen pro Tag mit der Nahrung aufgenommen. Dies ist ausreichend, um den Eisengehalt bei gesunden Männern und Frauen zu decken. Denn nur 5 bis 10 Prozent des Eisens werden über die beschriebenen Aufnahmewege aus der Nahrung resorbiert. Allerdings kann die Resorption bei Eisenmangel auf 20 bis 30 Prozent steigen, wenn der Organismus Hepcidin herunterreguliert.
Entscheidend ist nicht nur der Eisengehalt eines Lebensmittels, sondern auch die Form, in der das Eisen darin vorliegt. Eine besonders gute Eisenquelle ist Fleisch, weil hier das Eisen als Häm-Eisen vorliegt und damit über den Häm-Rezeptor HCP-1 im Dünndarm aufgenommen werden kann. Obwohl Häm-Eisen durchschnittlich nur 10 bis 15 Prozent des in der Nahrung enthaltenen Eisens ausmacht, kann es bis zu einem Drittel des gesamten absorbierten Nahrungseisens liefern.
Wesentlich schlechter wird das hier zumeist dreiwertig vorliegende Eisen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln über den DMT-1 resorbiert. Zudem muss beachtet werden, dass es zu Interaktionen mit weiteren Nahrungsbestandteilen kommen kann. Stoffe, die die Bildung stabiler Eisenkomplexe begünstigen, reduzieren die Resorption. Zu diesen gehören Phytate in Mais, Reis, Soja und Hülsenfrüchten, Oxalsäure in Spinat, Roter Bete, Rhabarber oder Kakao und Polyphenole wie Tannine in Rotwein, Kaffee und Tee, die mit Eisen schwerlösliche Komplexe bilden. Darüber hinaus scheinen Nahrungsmittel wie Milch und Käse mit hohem Calciumgehalt die Eisenresorption zu stören.
Bei einer ausgewogenen Ernährung werden mit der Nahrung in der Regel 10 bis 20 mg Eisen pro Tag aufgenommen, die – obwohl nur zu 5 bis 10 Prozent resorbiert – ausreichend sind, um den Eisengehalt gesunder Männer und Frauen zu decken. / Foto: Adobe Stock/aamulya
Umgekehrt sind andere Stoffe in der Lage, die Eisenresorption zu fördern. Hierzu gehört vor allem Vitamin C, weil es als Reduktionsmittel das dreiwertige Eisen in die besser resorbierbare Fe(II)-Form überführen kann. Auch in Fruchtsäften enthaltene organische Säuren wie Zitronensäure verbessern die Verfügbarkeit von Eisen.
Zudem können Arzneistoffe die Eisenresorption vermindern. Die Dauertherapie mit Antazida oder Protonenpumpeninihibitoren verschlechtert die Resorption aufgrund des veränderten pH-Wertes im Magen (9). Fluorochinolone, Tetrazykline oder Bisphosphonate können zu schwerlöslichen Eisenkomplexen führen. Arznei- und Nahrungsergänzungsmittel mit polyvalenten Kationen konkurrieren mit Eisen um den DMT-1-Transporter.
Es gibt Lebensphasen und -umstände, bei denen der Bedarf an Eisen erhöht ist. So nimmt dieser während einer Schwangerschaft teils drastisch zu (10) und kann in den letzten Wochen bis zu 10 mg pro Tag betragen. Der Organismus versucht, mit einer verringerten Hepcidin-Bildung gegenzusteuern, sodass die Effektivität der Eisenresorption auf bis zu 35 Prozent erhöht wird. Wenn auch bei bewusster Lebensmittelauswahl die Eisenversorgung nicht gewährleistet ist, greift der Organismus auf die Eisenspeicher zurück.
Es ist erstrebenswert, dass diese zu Beginn einer Schwangerschaft mit circa 600 mg gut gefüllt sind. Meist jedoch liegt das Speichereisen in industrialisierten Ländern bei Frauen im reproduktiven Alter unter 300 mg. Ein Eisenmangel manifestiert sich meist ab dem zweiten Trimenon und später. Bei mehr als 20 Prozent der Schwangeren kommt es zu einer Eisenmangelanämie mit teils weitreichenden Folgen: In Abhängigkeit des Schweregrades steigt das Risiko für mütterliche und fetale Komplikationen.
Die Gefahr einer Frühgeburt ist zweifach erhöht. Bei der Mutter kann es zu einer kardiovaskulären Belastung und vermehrt zu Infektionen kommen. Beim Kind ist das Geburtsgewicht häufig erniedrigt. Es kann von Störungen der Hirnreifung und somit lebenslang schlechteren kognitiven Leistungen betroffen sein (10, 11, 13). Nicht zuletzt der Zusammenhang einer erhöhten Inzidenz an Restless-Legs-Syndromen in der Schwangerschaft, vor allem im letzten Trimenon, gilt als wissenschaftlich anerkannt (12).
Einen vermehrten Bedarf an Eisen haben auch Hochleistungssportler, denn intensives sportliches Training kann das Blutvolumen um bis zu 20 Prozent erhöhen. Nicht selten treten zudem bei starkem Training mikroskopische Blutungen auf. Dennoch wird von Sportlern die Notwendigkeit einer ausreichenden Eisenversorgung bei der Ernährung oft nicht berücksichtigt.
Da häufig mit einer inflammatorischen Komponente und somit erhöhten Hepcidin-Spiegeln verknüpft, leiden auch Tumorpatienten oft unter einem funktionellen Eisenmangel und einer Anämie. Die Eisensubstitution kann ein wichtiger Teil der Therapie sein, zumal auch Strahlen- oder Chemotherapie zu weiteren Eisenverlusten führen (14).
Gleiches gilt für Patienten mit Herzinsuffizienz, die ebenfalls mit einem erhöhten Hepcidin-Spiegel und somit einem funktionellen Eisenmangel einhergehen kann. Tatsächlich belegen Studien einen signifikanten Zusammenhang zwischen Herzinsuffizienz und Eisenmangel sowie eine verbesserte Symptomatik nach intravenöser Eisengabe (15). Zudem ist die Sterblichkeit hochsignifikant verringert (16, 17).
Studiengemäß ist das Risiko für einen Eisenmangel auch bei übergewichtigen Heranwachsenden mit einem BMI > 25 im Vergleich zu Normalgewichtigen um 50 Prozent erhöht. / Foto: Adobe Stock/Africa Studio
Mehrere Studien zeigen zudem, dass das Risiko für einen Eisenmangel bei übergewichtigen Heranwachsenden mit einem BMI > 25 im Vergleich zu Normalgewichtigen um 50 Prozent erhöht ist. Als Grund werden auch hier chronische Inflammationsreaktionen diskutiert. Ein erhöhter Hepcidin-Spiegel ist bei vielen Übergewichtigen nachweisbar (18).
Haben zahlreiche weitere Erkrankungen zudem einen direkten Einfluss auf die Eisenresorption, so können zum Beispiel die Zöliakie beziehungsweise entzündliche Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn oder aber atrophische Gastritiden die Aufnahme von Eisen im Dünndarm vermindern (19, 20).
Bei Frauen kann zu Zeiten der monatlichen Regelblutung der Ausgleich von Eisenverlusten notwendig werden. Größere Mengen an Eisen gehen last, but not least beim Blutspenden verloren. Häufige Blutspender sollten deshalb regelmäßig ihren Eisenstatus überprüfen lassen.
Es werden drei Stadien eines Eisenmangels unterschieden. Eine negative Eisenbilanz führt zunächst zu einer Leerung der Eisenspeicher und somit zu einem Speichereisenmangel (Stadium I). Der Serum-Ferritin-Wert sinkt, doch es steht noch genügend Eisen zur Bildung von Hämoglobin und zur Erythropoese zur Verfügung.
Im Stadium II herrscht eine eisendefizitäre Erythropoese vor. Die Versorgung der erythropoetischen Vorstufen im Knochenmark sowie anderer Körperzellen ist nicht mehr gewährleistet. Das Hämoglobin liegt jedoch noch im Normbereich. Ist das Eisendefizit so ausgeprägt, dass letztendlich auch der Hämoglobin-Wert unter die Normwerte sinkt, so liegt eine Eisenmangelanämie vor (Stadium III).
Als wichtigster diagnostischer Parameter in der klinischen Praxis, der bereits Stadium I erfasst, gilt die Bestimmung des Serum-Ferritins, da dieses direkt mit den Eisenspeichern korreliert. Sinkt der Ferritin-Wert unter den Normwert von <30 μg/l bei Männern oder unter <15 μg/l bei Frauen, dann liegt ein Speichereisenmangel vor. Liegt der gleichermaßen gemessene Hämoglobin-Spiegel unter dem Grenzwert 12,0 g/dl für Frauen und 13,0 g/dl bei Männern, ist eine therapiebedürftige Eisenmangelanämie gegeben.
Allerdings ist der Ferritin-Wert nicht aussagekräftig bei Entzündungs- oder Krebserkrankungen mit einem funktionellen Eisenmangel, da diese über das proinflammatorische IL-6 zur Hepcidin-Bildung und damit zur Steigerung des Serum-Ferritins und Verschleierung des Eisenmangels führen. In diesen Fällen sollte auch das C-reaktive Protein mitbestimmt werden. Zur weiteren Charakterisierung kann zudem die Bestimmung von Hepcidin, löslichen Transferrin-Rezeptoren und Protoporphyrin oder die Messung der Transferrin-Sättigung herangezogen werden.
Ist lediglich ein Speichereisenmangel diagnostiziert, sollte versucht werden, die Eisenspiegel mit der Nahrung auszugleichen. Ausnahmen bilden Schwangerschaft, dialysepflichtige Patienten und Hochleistungssportler. Hier sollte bereits frühzeitig eine Supplementation eingeleitet werden.
Die Substitution sollte zunächst oral und aufgrund der besseren Bioverfügbarkeit mit zweiwertigen Eisensalzen erfolgen. Die Therapie sollte mindestens drei Monate nach Beendigung der Anämie fortgesetzt werden, um auch die Eisenspeicher wieder aufzuladen. Da zahlreiche Nahrungsbestandteile die Resorption von Eisen beeinflussen können, sollte die Einnahme nüchtern oder zumindest im zeitlichen Abstand von 30 bis 60 Minuten vor oder nach dem Essen erfolgen.
Zu Therapiebeginn haben sich 50 bis 100 mg Fe(II)-Salze/Tag in Einmalgabe bewährt, da ansonsten über Hepcidin-Feedback-Mechanismen die weitere Eisenresorption gehemmt wird. Alternativ werden auch die Vorteile einer intermittierenden Einnahme ein-, zwei- oder dreimal pro Woche diskutiert. Dies könnte auch helfen, die Nebenwirkungen zu verringern.
Nur allzu oft wird selbst von Hochleistungssportlern die Notwendigkeit einer ausreichenden Eisen-Versorgung mit der Ernährung nicht berücksichtigt. / Foto: Adobe Stock/Maridav
Kommt es zu Nebenwirkungen wie Obstipation, Diarrhö und Übelkeit, so sollte die Einnahme abends vor dem Schlafengehen oder aber trotz Resorptionsminderung zu den Mahlzeiten erfolgen. Hilft dieses oder auch ein Präparatewechsel nicht weiter, so kann sich eine intravenöse Eisensubstitution als unumgänglich erweisen.
Die i.v-Gabe der gängigen hochmolekularen Eisen(III)-Kohlenhydratkomplexe ist auch bei Patienten mit funktionellem Eisenmangel bei Krebs oder Herzinsuffizienz erforderlich, da so der Hepcidin-vermittelte Resorptionsblock umgangen wird. Werden hier wiederum Überempfindlichkeitsreaktionen mit teils tödlichem Ausgang insbesondere bei Asthmatikern oder Allergikern beschrieben, so sollte die i.v.-Applikation nur von geschulten Fachkräften mit Kenntnissen auch zur Reanimation durchgeführt werden.
Wichtig zu wissen: Bei genetischen Erkrankungen wie der heriditären Hämochromatase kann auch ein Zuviel an Eisen, eine Eisenüberladung, aufgrund von Gewebeschäden durch Bildung reaktiver Sauerstoffspezies zu irreversiblen Organschäden führen. Betroffen sind unter anderem die Leber, aber auch Herz, Bauchspeicheldrüse oder Schilddrüse mit der Folge von Leberfibrosen und somit hepatozellulären Karzinomen beziehungsweise Kardiomyopathien, Diabetes mellitus oder Schilddrüsenunterfunktionen. Da sich die Organschädigungen nur schleichend entwickeln, treten anfangs eher unspezifische Symptome wie Müdigkeit oder Bauchschmerzen auf. Damit sind die Symptome einer Eisenüberladung denen eines Eisenmangels zum Verwechseln ähnlich.
Es werden hereditäre Hämochromatosen vom Typ 1 bis 4 unterschieden (24). Der mit 80 Prozent am häufigsten vorkommende Typ 1 beruht auf einer homozygoten Mutation des HFE-Gens. In Deutschland sind mehrere Hunderttausend Menschen betroffen. Doch aus unbekannten Gründen manifestiert sich eine Eisenüberladung nicht bei allen Betroffenen.
Bei einer vererbten Hämochromatose liegen erhöhte Ferritin- und Transferrin-Werte vor. Der direkte Nachweis der Erkrankung kann durch die molekularbiologische Bestimmung der Mutation erbracht werden. Der Aderlass ist die effektivste Methode, überschüssiges Eisen zu entfernen. Um einem zu großen Verlust an Plasmaproteinen vorzubeugen, kann eine Erythrozyten-Apherese durchgeführt werden.
Während die Phlebotomie die Therapie der Wahl bei heriditärer Hämochromatose ist, bergen umgekehrt Bluttransfusionen zum Beispiel bei Myelodysplastischen Syndromen, aber auch Thalassämien und Sichelzellanämien das Risiko einer chronischen Eisenüberladung. Freies Eisen kann hier mit Chelatbildnern wie Deferoxamin, Deferasirox und Deferipron abgefangen und ausgeschieden werden. Ein Behandlungserfolg wird erkennbar, wenn die Ferritin-Konzentration im Serum sinkt.
Literatur beim Verfasser
Burkhard Kleuser studierte von 1984 bis 1988 Chemie und Lebensmittelchemie sowie von 1990 bis 1994 Biochemie und Molekularbiologie an den Universitäten Wuppertal und Hamburg. Nach seiner Promotion 1994 und seiner Postdoktorandenzeit am Medical Center, Georgetown University, Washington D.C., USA, war er von 1997 bis 2002 als wissenschaftlicher Assistent und Oberassistent am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin tätig, bevor er sich 2002 habilitierte und im selben Jahr auch die Lehrbefähigung für das Fach Pharmakologie und Toxikologie erhielt. Kleuser wurde 2006 zum Professor (W2) für Pharmakologie und Toxikologie an die Freie Universität Berlin berufen. Von 2009 bis 2020 bekleidete er den Lehrstuhl für Toxikologie am Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Potsdam. Seit August 2020 leitet er die Abteilung Pharmakologie und Toxikologie am Pharmazeutischen Institut der Freien Universität Berlin.