SPD will Rx-Boni-Verbot notfalls nachschärfen |
Cornelia Dölger |
02.09.2025 12:00 Uhr |
»Die vorliegende Urteilsbegründung ist weiterhin Gegenstand der Prüfung durch das BMG«, so die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses und Apotheken-Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, Tanja Machalet. / © IMAGO/photothek
Noch am Tag der Urteilsverkündung am 17. Juli warfen die Versender neue Rabattaktionen für verschreibungspflichtige Arzneimittel auf den Markt. Sie frohlockten, weil die Karlsruher Richter Rx-Boni nach alter Rechtslage für legitim erklärt hatten. Dass das Gericht dabei die aktuelle Rechtslage – 2020 wurde die Preisbindung mit dem Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) ins Sozialgesetzbuch umgezogen – bewusst aussparte, ignorierten Doc Morris & Co.
Ebenso am selben Tag betonte das Bundesgesundheitsministerium (BMG), dass eben diese neue Regelung gelte. Der BGH habe lediglich Klarheit in einem Fall geschaffen, der sich auf eine alte Rechtslage beziehe, hieß es. Für eine abschließende Bewertung der Entscheidung warte das BMG die schriftliche Urteilsbegründung ab, so ein Sprecher.
Dass sich aus dieser Gemengelage Fragen ergeben, liegt nahe. So hat auch das BMG inzwischen reagiert und unlängst angekündigt, dass man »etwaigen Regelungsbedarf« prüfe. Dies bekräftigte die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses und Apotheken-Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion, Tanja Machalet, nun gegenüber der PZ.
»Die vorliegende Urteilsbegründung ist weiterhin Gegenstand der Prüfung durch das BMG«, so Machalet. »Weitergehender politischer Handlungsbedarf« werde geprüft. Auf die Begründung für das BGH-Urteil am 17. Juli hatte man gespannt gewartet. Fünf Tage später war sie da. Der Tenor: Den Richtern fehlte es an stichhaltigen Argumenten pro Rx-Boni-Verbot.
Auf den Umzug der Regelung ins SGB V gingen die Richter aber nicht ein, sondern es hieß explizit: »Ob dies auch für die Neuregelung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung in § 129 Abs. 3 Satz 3 SGB V gilt, braucht im Streitfall nicht entschieden werden.«
Aber eben darauf fußt ja die aktuelle Debatte um Rx-Boni-Verbote für Versender bis hin zu Forderungen nach einem Rx-Versandverbot. Mit dem Umzug der Regelung ins SGB V, der das Boni-Verbot in die GKV-Versorgungsstruktur integrierte, reagierte der Gesetzgeber seinerzeit auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Dieser hatte 2016 die Rx-Preisbindung für EU-Versender gekippt; er sah die Warenverkehrsfreiheit in der EU eingeschränkt.
Ob durch Rx-Boni Risiken für die Gesundheit entstehen könnten, war für den EuGH in seiner Entscheidung nicht ausschlaggebend; für eine Einordnung hätten relevante wissenschaftliche Erkenntnisse gefehlt, so die Luxemburger Richter damals.
Machalet betonte gegenüber der PZ, dass nach aktueller Rechtslage die Arzneimittelpreisbindung und das Boni- und Rabattverbot bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu Lasten der GKV für alle Anbieter gelte (§ 129 Absatz 3 S. 3 SGB V). »Sollte sich hier im Spannungsverhältnis zur europäischen Warenverkehrsfreiheit ein gesetzgeberischer Änderungsbedarf ergeben, werden wir das im Bundestag erörtern«, bekräftigte sie.
Grundlage dazu könnte das Apothekenreformgesetz sein, das Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in Eckpunkten beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf vorstellen will. Erwartet werden auch Regelungen zum Versandhandel.
Der Versandhandel und auch der Botendienst seien ein wichtiger Bestandteil der Versorgung, so Machalet. Daher habe sich die Koalition vorgenommen, die Vorgaben für Vor-Ort-Apotheken und Versandapotheken, insbesondere bei der Einhaltung von Kühlketten und Nachweispflichten, zu vereinheitlichen. »Denn es sollten gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen.« Ihr persönlich sei wichtig, dass Menschen »ohne Hürden an für sie nötige Medikamente kommen und auch Beratung in Anspruch nehmen können«.
Die Apotheke vor Ort sei daher »ein unverzichtbarer Baustein unseres Gesundheitssystems«. Machalet betonte: »Wir werden deshalb politisch weiterhin darauf achten, dass die verschiedenen wirtschaftlichen Interessen Einzelner sowie die Anforderungen an eine stabile und einfach zugängliche Versorgung mit Medikamenten miteinander in einen guten Ausgleich gebracht werden.«