Spahn verteidigt Masken-Deals – und gesteht Fehler ein |
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Jens Spahn erinnert wiederholt in dem Podcast von Table.Today an die Ausnahmesituation, die am Anfang der Corona-Pandemie vor fünf Jahren herrschte und versucht somit, einige seiner Entscheidungen zu verteidigen.
»Es fehlte an allem: Ärzte und Pflegekräfte haben gesagt, sie stellen den Betrieb ein. Sie gehen nicht mehr zur Arbeit, wenn wir sie nicht mit Masken schützen«, sagte Spahn im Interview und fügte hinzu: »Alles war knapp und alle haben gesagt: »Besorgt es, koste es, was es wolle«.«
Bei einer Bewertung aus der heutigen Zeit müsse man die damalige Lage berücksichtigen, so der CDU-Politiker. »In dieser totalen Ausnahmesituation haben wir gehandelt und sind dabei auch finanzielle Risiken eingegangen, um die Risiken so klein, wie möglich zu halten.«
Auf die Frage, warum er ohne ein Vergabeverfahren an dem Unternehmen Fiege aus der Nähe seines Wahlkreises einen Auftrag erteilt habe, rechtfertigte der ehemalige Gesundheitsminister seine Entscheidung: »In der schwierigen Notlage habe ich zuerst mit Leuten geredet, die ich kannte, um zu fragen, was man tun kann und wer helfen kann«, so Spahn.
»Wir haben in der damaligen Notlage alles ohne Ausschreibung gemacht. Es musste schnell gehen, wir mussten schaffen, um Not zu lindern. In der Not ist Haben wichtiger als Brauchen.« Das Unternehmen habe ein Konzept für die Logistik in der Pandemie gehabt.
Für das Open-House-Verfahren, mit dem das Ministerium damals Masken zu einem garantierten Festpreis von 4,50 Euro bestellte, hat der CDU-Politiker klare Worte gefunden: »Aus heutiger Sicht, kann ich sagen: So ein Open-House-Verfahren würde ich nie wieder machen. Ich kann es auch niemandem empfehlen. Wir wollten damals nur nichts unversucht lassen.«
Dabei sieht der ehemalige Gesundheitsminister eine zentrale Frage, die aber nicht gestellt wird: »Warum sollten wir absichtlich zu viel und zu teuer beschaffen? Und dann noch in einem Verfahren, wie dem Open-House-Verfahren, bei dem sozusagen jeder, der Masken hat, auch welche anbieten kann?«
Alle, die zu Beginn der Pandemie im Gesundheitsministerium Verantwortung hatten, wollten laut Spahn »gut durchkommen«. »Und Geld ausgeben war Teil dieses guten Durchkommens«, so der CDU-Politiker.
»Es geht um Masken, die fehlerhaft waren, für die wir nicht bezahlt haben. Hätten wir damals dafür bezahlt, obwohl es nachweislich zu späte Lieferung oder Fehllieferung kam, wäre möglicherweise gar keine Debatte mehr, es gäbe kein Gerichtsverfahren, aber wir hätten viel Geld bezahlt, für fehlerhafte Masken. Und das wäre sicherlich nicht im Interesse der Steuerzahler gewesen«, so Spahn.
Mit dem Interview reagiert der ehemalige Gesundheitsminister auf einen Bericht der »Süddeutscher Zeitung«, des WDR und des NDR. Den drei Medien liegt der bisher unter Verschluss gehaltene Bericht der Sonderermittlerin Margarethe Sudhof zu den teuren Maskenkäufen in der Anfangszeit der Corona-Pandemie vor. In den vergangenen Tagen hatten unter anderem Grüne und Linke Aufklärung gefordert. Den Bericht müsse die jetzige Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) »dem Parlament unverzüglich, vollständig und ungeschönt« vorlegen, hatte etwa die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann auf der Plattform X verlangt.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Christian Görke, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): »Es muss endlich offengelegt werden, welchen Mist und Schaden Spahn als Minister hinterlassen hat – und wenn es dafür einen Untersuchungsausschuss braucht. Die Bevölkerung hat das Recht zu erfahren, was mit ihrem Steuergeld geschieht.«
Spahn erwartet, dass der Bericht der Sonderbeauftragten veröffentlicht wird. »Ich bin sicher, dass das Ministerium den Bericht auswertet und transparent den Bundestag und die Öffentlichkeit darüber informieren wird. Da habe ich keine Zweifel.«
Im Interview mit Jens Spahn ging es auch um die transatlantischen Beziehungen und die Handelspolitik nicht nur mit den USA, sondern auch mit China.
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