Spahn gerät bei »Markus Lanz« unter Druck |
Alexandra Amanatidou |
19.06.2025 13:00 Uhr |
Der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gerät bei der Talkshow »Markus Lanz« für seine Politik während der Corona-Pandemie unter Druck. / © Imago/teutopress
Jens Spahn betonte in beiden Sendungen immer wieder, dass man sich bei der Kritik daran erinnern solle, wie es damals war. Damit meint er den März und April 2020, als die Corona-Pandemie begann.
Die Journalisten lassen jedoch nicht locker, denn aus einem bislang unveröffentlichten Sonderbericht von Margaretha Sudhof zur Maskenbeschaffung in der Ära Spahn gelangen immer mehr Details an die Öffentlichkeit. In dem Bericht wird Jens Spahn demnach vorgeworfen, bei der Maskenbeschaffung eigenmächtig gehandelt und Milliarden Steuergelder verschwendet zu haben. Der Bundesregierung drohen Zahlungen von 2,3 Milliarden Euro. Spahn behauptet jedoch, er wisse nicht, was im Bericht stehe. Auch von Warnungen und Hinweisen des Bundesgesundheits- und des Innenministeriums soll er nichts gewusst haben.
Spahn betonte immer wieder, dass er den Bericht bislang nicht erhalten habe und von der Sonderermittlerin dazu nicht befragt worden sei. »Sie wollen der Öffentlichkeit doch nicht ernsthaft sagen, dass Sie diesen Bericht nicht lesen könnten, wenn Sie es wollten«, sagte Markus Lanz irritiert. Denn Fakt ist, dass das Ministerium wieder von seiner Partei regiert wird und Jens Spahn als Fraktionsvorsitzender den Bericht eigentlich leicht hätte bekommen sollen.
»Für mich wäre es leichter, wenn der Bericht öffentlich wäre, damit wir darüber im Kontext diskutieren können und nicht so«, sagte Spahn.
Laut dem CDU-Politiker soll der Bericht unter anderem aus Gründen des Datenschutzes, der Persönlichkeitsrechte und der Prozessrisiken aufbereitet werden. »Er muss an bestimmten Stellen zum Beispiel geschwärzt werden.« Der ZDF-Moderator zeigte sich irritiert: »Ein Bericht über einen Bericht, das ist absurd.«
Auf die Frage, ob es einen Untersuchungsausschuss geben werde, sagte Spahn, dass stattdessen eine Enquete-Kommission eingesetzt werden solle. Enquete-Kommissionen bestehen aus Abgeordneten sowie Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis. Am Ende ihrer Arbeit legen sie dem Bundestag Abschlussberichte mit Empfehlungen vor. Dies wurde sowohl von Markus Lanz als auch von der »taz«-Journalistin Anna Lehmann kritisiert.
In der Sendung verteidigte Spahn auch seine Entscheidung, im Open-House-Verfahren Masken für 4,50 Euro pro Stück zu bestellen. »Ich weiß, wir haben uns damals gefragt: Kriegen wir zu den Preisen überhaupt Masken?«, sagte der CDU-Politiker. Das Bundesministerium soll dabei einen Preis von 2,50 bis 2,90 Euro pro Maske empfohlen haben. Laut einer Recherche der Frankfurter Allgemeine Zeitung wurden 623 Millionen Euro für die Beschaffung von Masken bezahlt. Dennoch sagte Spahn auch, dass damals »Goldgräber-Stimmung« bei den Unternehmen geherrscht habe.
Mit Blick auf das Open-House-Verfahren sagte Spahn, wie auch in anderen Interviews, dass er es aus heutiger Sicht nicht wiederholen würde.
»Ja, es war Krise und die Menschen wollten, dass die Politik handelt«, sagte Journalistin Lehmann. Dennoch betonte sie, aus dem Bericht gehe hervor, dass es »Warnungen und Hinweise« auch aus dem eigenen Ministerium gab. Daraufhin verteidigte Spahn sich: »Es mag Warnungen gegeben haben, aber was wäre die Alternative gewesen? Nicht zu handeln, abzuwarten?«
Es gab aber nicht nur Warnungen bezüglich des Maskenpreises, sondern auch bezüglich des Logistikunternehmens Fiege aus der Nähe seines Wahlkreises, das ohne ein Vergabeverfahren während der Pandemie den Auftrag erhalten hatte, Masken zu lagern. »Es muss auch in Krisenzeiten eine gewisse Distanz zum politischen Freund bewahrt werden«, so Lehmann. »Aber Sie haben sich, so steht es im Bericht, für dieses Unternehmen eingesetzt, obwohl es andere Alternativen gab«, sagte die Journalistin und fügte hinzu: »Und die waren auch total überfordert damit.«
»Wir haben in dieser Zeit nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt, um dieses Land sicher durch die Krise zu bringen, um in der Not Masken und Lagerkapazitäten zu besorgen«, verteidigte sich Spahn.
Eine ähnliche Rhetorik verfolgte der Ex-Gesundheitsminister gestern Abend auch im »heute Journal« des ZDF. Dort betonte er, dass er von Warnungen nichts gewusst habe. »Ich habe ein reines Gewissen«, sagte Spahn zur ZDF-Moderatorin Dunja Hayali. »Ich habe in der jeweiligen Lage nach bestem Wissen und Gewissen entschieden. Heißt das, dass ich immer richtig lag? Nein, sicher nicht.«
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