Später Ruhm für die Rebellin |
Angela Kalisch |
21.10.2024 07:00 Uhr |
Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung stellen die sogenannten Bricolagen dar, mit denen Rama die zweidimensionale Leinwand verlässt, um die Malerei mit Objekten zu erweitern, die in den Raum hineinragen. Als Materialien dienen Alltagsgegenstände, mit denen sie Kunst und normales Leben zusammenführt: Rasierpinsel, medizinische Spritzen, abgeschnittene Tuben und immer wieder Puppenaugen, die den Blick vom Kunstwerk auf die Betrachtenden zurückwerfen.
Die Bricolagen greifen Themen der frühen Zeichnungen auf, mit expliziten Darstellungen von Sexualität und beschädigter Körperlichkeit. Aufgeschnittene Autoreifen und Fahrradschläuche als Material erinnern schließlich nicht nur an die einstige Fabrik des Vaters, sondern integrieren auch den Industriestandort Turin in die Kunst.
Carol Rama war eine Rebellin in einer männerdominierten (Kunst-)Welt, aus der sie sich durch ihre unkonventionellen Werke befreite. Nicht zuletzt durch ihre schillernde Persönlichkeit wurde sie auch zur Wegbereiterin feministischer Kunst. Zu wirklichem Ruhm gelangte sie erst spät, etwa als sie im Jahr 2003 mit dem Goldenen Löwen der Biennale von Venedig für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde. Entsprechend ungehalten reagierte sie auf die jahrelang ausgebliebene Würdigung: »Das macht mich natürlich stocksauer, denn wenn ich wirklich so gut bin, kapiere ich nicht, warum ich so lange hungern musste, auch wenn ich eine Frau bin.«
Die Ausstellung ist bis zum 2. Februar 2025 zu sehen in der Schirn Kunsthalle, Römerberg, Frankfurt am Main
www.schirn.de