Sommer, Sonne, Scheidenpilz |
So mancher Sommerspaß stellt das Scheidenmilieu auf eine Belastungsprobe. / Foto: Getty Images/photo by drazen zigic
Die Vagina ist dicht besiedelt, wobei hauptsächlich physiologische Laktobazillen die Mikrobiota bestimmen. Diese bilden Milchsäure und halten den pH-Wert im sauren Bereich zwischen 3,8 und 4,5. Das erschwert pathogenen Keimen die Besiedelung. Zwar gehören Hefepilze vom Typ Candida zur natürlichen Scheidenflora, kommen aber normalerweise nur in geringen Mengen vor.
Bei einer Vaginalmykose hat Candida albicans – mit 92 Prozent der mit Abstand häufigste Erreger – die Oberhand erlangt. Insofern sei es ein Mythos, dass man sich einen Scheidenpilz im Schwimmbad oder auf fremden Toiletten einfangen könne, sagte Professor Dr. Werner Mendling vom Deutschen Zentrum für Infektionen in Gynäkologie und Geburtshilfe bei einer Presseveranstaltung des Pharmaunternehmens Dr. Kade. »Im Chlorwasser können Pilze nicht überleben.« Auch Toilettenbrillen böten keine guten Überlebensbedingungen. Aber: »Das Chlorwasser im Pool kann die vaginale Mikrobiota schwächen, sodass sich vorhandene Pilze vermehren können.«
Aus dem gleichen Grund resultiert eine Vaginalmykose auch nicht aus mangelnder Intimhygiene, wie manche Frauen meinen. Eher das Gegenteil sei der Fall. »Falsche oder übertriebene Intimhygiene spült Laktobakterien weg und stört das vaginale Gleichgewicht und schädigt damit die körpereigene Schutzbarriere.« Vaginaltherapeutika mit Milchsäure oder Lactobacillus-Kulturen (wie Kadeflora® Milchsäurekur, Femaviva® Gel, Vagisan® Probioflora Hartkapseln, Symbiovag® Lactat Vaginalzäpfchen) bauen das vaginale Ökosystem wieder auf und können auch ein therapeutischer Ansatzpunkt bei häufigen Harnwegsinfektionen sein. Auch oral einzunehmende Probiotika sind im Handel (wie Kadeflora® Milchsäurebakterien mit Biotin, Symbiolact® Plus).
Typisches Symptom einer Vaginalmykose ist der zum Teil unerträgliche Juckreiz. Ausfluss ist nicht zwingend vorhanden, wenn dann ist er weiß-gelblich, flockig und geruchlos. »Berichten die Frauen dagegen von einem Brennen in der Scheide, handelt es sich eher nicht um eine Vaginalmykose«, so der Gynäkologe. Ihm zufolge sind bis zu 70 Prozent aller Eigendiagnosen falsch – damit unterstrich er die Bedeutung der Beratung in der Apotheke. Die Symptome seien immer zu hinterfragen. Auch andere Infektionen, ausgelöst etwa durch Chlamydien, Herpesviren oder Trichomonaden, Lichen sclerosus, Ekzeme oder hormonell bedingte Scheidentrockenheit können das unangenehme Jucken hervorrufen.
Treten die Beschwerden zum ersten Mal auf oder besonders häufig, sollte die Kundin an einen Arzt verwiesen werden. Bei drei bis vier Episoden pro Jahr spricht man definitionsgemäß von einer chronisch-rezidivierenden Vulvovaginalcandidose. Auch Jugendlichen unter 18 Jahren und Schwangeren sollten Apotheker und PTA zum Arztbesuch raten, ebenso bei Schmerzen im Unterbauch, unangenehmem Geruch, grünem oder gelbem Ausfluss.
Ist eine Selbstmedikation möglich, kann das Apothekenteam aus einer Reihe von Präparaten wählen. »Die Heilungsergebnisse sind bei allen oralen und lokalen Antimykotika gleich«, informierte Mendling. »Nach spätestens drei Tagen Behandlung muss der Juckreiz verschwunden sein, sonst ist die Pilzdiagnose zu überdenken«, gab der Gynäkologe einen wichtigen Beratungstipp.
Weltweiter Standard ist nach wie vor der bewährte Wirkstoff Clotrimazol, der gezielt gegen Candida albicans wirkt. Der Zusatz von Milchsäure in Clotrimazol-haltigen Präparaten verbessere zwar die Bioverfügbarkeit, führe allerdings laut des Experten nicht zu besseren Heilungsergebnissen. Als weiteres Imidazol kommt Fenticonazol, als Polyen Nystatin zum Einsatz.
Bei chronisch rezidivierenden Candidosen werde primär oral mit Fluconazol behandelt, berichtete Mendling. Die Therapie dauere mindestens sechs Monate, danach seien etwa 85 Prozent der Patientinnen pilzfrei. Hauptrisiko für die Entwicklung immer wiederkehrender Candidosen seien orogenitale Sexualkontakte. Die routinemäßige Mitbehandlung des Partners erachtet der Experte nur dann für nötig, wenn er Symptome zeigt.
Laut Apothekencoach Kirsten Hien erzielt man bessere Therapieerfolge, wenn man Vagina und Vulva kombiniert behandelt - also sowohl mit Vaginaltabletten oder -ovula als auch mit Vaginalcreme. Die Apothekerin empfahl bevorzugt eine Drei-Tage-Kombitherapie mit 2-prozentiger Creme (wie KadeFungin® 3 mit 3x200 mg Clotrimazol Tabletten, Vagisan® Myko Kombi 3 Tage mit Vaginalzäpfchen). Bei einer Ein-Tages-Therapie (zum Beispiel Vagisan® Myko Kombi, Canesten® Gyn Once) ist die Vaginaltablette mit 500 mg Clotrimazol höher dosiert als bei der Drei-Tages-Therapie. »Was den meisten Frauen aber nicht klar ist: Die Creme ist niedriger dosiert und muss für ein bis zwei Wochen angewendet werden«, so Hien.
Die Vaginaltabletten sollten abends vor dem Schlafengehen, idealerweise in Rückenlage, eingeführt werden, die Creme wird dreimal täglich auf Vulva, Damm und die Analregion aufgetragen. Vaginaltherapeutika eignen sich in der Regel nicht zur Anwendung während der Menstruation. Zum Kontakt mit Latexkondomen sollte man mindestens 48 Stunden Abstand halten, ebenso zu anderen vaginalen Zubereitungen. Zur Hilfe beim Einführen sind einigen Präparaten Applikatoren beigelegt. Schwangere sollten diese nicht verwenden. Es besteht die Gefahr, den Applikator zu weit einzuführen und so das Kind zu gefährden. Vaginalzäpfchen mit Nystatin können gelbliche, solche mit Povidon-Jod hingegen braune Verfärbungen der Unterwäsche verursachen.
Hien empfahl, bei der festen Darreichungsform auf die Vorlieben der Kundin einzugehen. Bei Ovula entstehe häufig ein fettiger Rückfluss. Die Tabletten lösten sich in der Regel gut auf – die Kadefungin-Vaginaltabletten etwa enthalten einen schäumenden Brausesatz, der den Zerfall in wenig Flüssigkeit fördere. Bei Scheidentrockenheit allerdings könne die vorhandene Scheidenflüssigkeit eventuell nicht zum Auflösen ausreichen.
Immer wieder Harnwegsinfektionen (HWI): Dann ist der Wunsch der Betroffenen meist groß, die Beschwerden ohne Arztbesuch und Antibiotika wieder loszuwerden. Die in Kürze in aktualisierter Fassung erscheinende S3-Leitlinie zum Management von Zystitiden betont die Bedeutung der Selbstmedikation mit Phytotherapeutika und anderen alternativen Präparaten, um chronisch rezidivierende Harnwegsinfektionen zu vermeiden. Gemäß der Konsultationsfassung ist bei nicht geriatrischen Patientinnen die alleinige nicht antibiotische Therapie als Alternative zur antibiotischen Behandlung prinzipiell zu erwägen. Bei der Wahl der Behandlung ist der Wunsch der Betroffenen zu berücksichtigen.
Die Leitlinienautoren sehen etwa Potenzial sowohl in der prophylaktischen als auch therapeutischen Gabe von D-Mannose, Cranberry-Zubereitungen, in der fixen Kombination aus Kapuzinerkressekraut und Meerrettichwurzel, Bärentraubenblättern sowie der Fixkombination aus Tausendgüldenkraut, Liebstöckelwurzel und Rosmarinblättern. Die Leitlinienautoren betonen die »Produktspezifität«, was die vorliegenden Studiendaten und den jeweiligen Empfehlungsgrad betrifft.
Relativ zuverlässig senkt auch eine vaginale Estrogen-Gabe bei Frauen in der Postmenopause die Infektrate. Positiv wird auch die Einnahme des Antiseptikums Methenamin bewertet. So wird etwa eine im Fachjournal »BMJ« publizierte Studie angeführt, nach der Methenamin ständigen Infekten ebenso gut vorbeugen kann wie ein Antibiotikum. Hierzulande ist die Substanz aufgrund des potenziell karzinogenen Formaldehyds, das im sauren Milieu des Harns abgespalten wird, jedoch nicht im Handel.