So wird Ihr Internet barrierefrei |
Ob sehbehindert, gehörlos, oder sonst körperlich oder kognitiv beeinträchtigt: Digitale Angebote von Apoteheken sollten barrierefrei nutzbar sein. / Foto: Shutterstock/Chansom Pantip
Das Thema Digitalisierung in der Apotheke ist aktuell, nicht nur im Hinblick auf das kommende E-Rezept oder die Erleichterung der Arbeitsorganisation, sondern auch in Bezug auf die Sichtbarkeit der Apotheke in der Öffentlichkeit. Viele Apotheken nutzen Facebook, Instagram oder auch die eigene Webseite, um auf ihre Leistungen aufmerksam zu machen. Betrachtet man allerdings die webbasierten Auftritte der Apotheken, so sind viele nicht barrierefrei und nutzerfreundlich.
Apotheken vor Ort könnten durch barrierefreie Webseiten nicht nur dauerhaft behinderten Kunden einen leichten Zugang zu Informationen auf der Webseite oder den Social-Media-Kanälen bieten, sondern auch Kunden die lediglich vorübergehend körperlich oder sensorisch eingeschränkt sind. Bereits eine Augen-OP oder ein gebrochener Arm können einen Kunden vor eine Situation stellen, die ihn auf eine fremde Hilfe bei der gewohnten Nutzung der Angebote auf der Webseite angewiesen macht. Auch Kunden mit kognitiven Einschränkungen oder solche, die nicht schreiben und nicht lesen können, sind über barrierefreie Angebote dankbar. Berücksichtigt man, dass in Deutschland laut Destatis rund 10 Prozent der Menschen mit einer schweren Behinderung leben und dass sie häufig auch gesundheitlich anderweitig beeinträchtig sind, wird schnell deutlich, dass Barrierefreiheit im Netz gerade für Apotheken besonders wichtig ist.
Ein sehr wichtiges Kriterium hierbei ist die Lesbarkeit des Textes: Die Schriftgröße, Schriftart, Farbe, und Kontrast der Zeichen müssen gut wahrnehmbar sein. Aber auch Bilder, Symbole und Videoinhalte müssen für die Nutzer gut zu erkennen sein. Insofern sollten Präsentationen von Imagevideos, Interviews, Kurzfilmen möglichst immer mit Untertiteln versehen sein. Nicht nur schwerhörige Nutzer können auf diese Weise von einem Videobeitrag uneingeschränkt profitieren, sondern auch Kunden, die sich etwa während einer Bahnfahrt das Video ohne Ton anschauen wollen.
Im Weiteren sollten Texte so aufbereitet werden, dass sie mit einem Screenreader gelesen werden können. Viele Smartphones sind beispielsweise bereits mit einem Screenreader ausgestattet, denn auch für Sehende sind sie hilfreich, etwa um eine Nachricht während der Autofahrt vorgelesen zu bekommen. Ein Screenreader liest Texte vor, sei es eine E-Mail, Textnachricht oder Informationen auf einer Webseite. Screenreader machen auch das Ausführen von Befehlen möglich, wie etwa Bestellungen aufgeben oder Nachrichten schreiben. Bei deren Nutzung ist aber zu beachten, dass die Webseite unter Verwendung von korrekter Programmiersprache und Einhaltung von bestimmten technischen Standards aufgebaut ist.
Für blinde und sehbehinderte Nutzer sind Alternativtexte für informative Grafiken essenziell. Dabei gilt: Eine Grafik ist dann informativ, wenn eine Information ohne diese verlorengehen würde. Wird eine Grafik auf der Webseite oder in einem Beitrag dargestellt, so muss diese auch mit einem Alternativtext versehen werden, damit auch die Besucher der Webseite den dazugehörigen Text verstehen. Auch Bilder sollten immer aus demselben Grund mit einem kurzen alternativen Text beschrieben werden.
Auch das farbliche Design der Webseite kann die Nutzerfreundlichkeit beeinträchtigen, denn Menschen nehmen Farben unterschiedlich wahr. Relevante Informationen auf der Webseite sollen daher nicht ausschließlich über Farbe vermittelt werden: »Klicken Sie auf den grünen Button, um sich anzumelden« oder »Tagesangebote werden mit einem roten Punkt gekennzeichnet«. Auch die Farbe der Schrift muss im Hinblick auf die Lesbarkeit überprüft werden: Weiße Schrift auf einem grauen oder grellen Hintergrund sieht optisch interessant aus, doch eine Person mit einer starken Sehbehinderung kann die Buchstaben kaum wahrnehmen – sie sieht nur den grellen Hintergrund.
Apotheken, die über Social-Media-Kanäle mit ihren Kunden interagieren, können auf eine sehr einfache Weise zur Barrierefreiheit beitragen. Hashtags, Emojis oder Links eignen sich gut um Beiträge entsprechend interessanter zu gestalten oder um die Reichweite zu erhöhen. Allerdings sollen diese Tools auch für sehbehinderte Kunden keine zusätzliche »Barrieren« aufbauen. Die Bertelsmann Stiftung gibt im »Leitfaden für zugänglichere digitale Angebote« viele praktische Tipps, die online leicht umzusetzen sind:
•Hashtags können beispielsweise leichter vorgelesen werden, wenn verschiedene Worte innerhalb eines Hashtags mit Großschreibung beginnen, damit der Screenreader es erkennen kann, etwa #IhreApothekeVorOrt statt #ihreapothekevorort.
•Weiterleitende Links sollten möglichst gekürzt werden (etwa durch den Dienst bitly.com): Ungekürzte Links werden ansonsten durch einen Screenreader in voller Länge vorgelesen.
•Auch der Einsatz von Emojis sollte möglichst sparsam sein. Ein Screenreader liest ein Smiley-Emoji als ein »zwinkerndes Gesicht«. Werden mehrere Emoticons aneinandergereiht, werden sie auch alle im Einzelnen durch den Screenreader vorgelesen und die Wiedergabe des Textes dauert unnötig lang, ohne dem Nutzer einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten.
Der internationale Standard für barrierefreie Internetaufritte sind die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), die vom World Wide Web Consortium (W3C) herausgegeben werden. Die Richtlinien geben an, welche normativen Anforderungen einzelne digitale Inhalte genügen müssen, um das Kriterium der Barrierefreiheit zu erfüllen. Häufig können bereits kleine Anpassungen am Design, Text oder an der Technik die vorhandenen Barrieren im Netz abbauen.
Es gibt viele Möglichkeiten, die eigene Webseite und digitale Auftritte auf Barrierefreiheit zu überprüfen und sie nutzerfreundlich zu gestalten. Wertvolle praktische Tipps dazu geben unter anderen die Bundesfachstelle Barrierefreiheit, die Bertelsmann Stiftung und die Stiftung barrierefrei kommunizieren.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.