So will Doc Morris vom pDL-Topf profitieren |
In einem Positionspapier hat sich Doc Morris zu Telepharmazie und Honorarfragen geäußert. / Foto: Adobe Stock/Ralf
Der Entwurf zum Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) hat es noch immer nicht auf den Kabinettstisch geschafft, die FDP hält an ihrem Veto gegen die »Apotheke ohne Apotheker« fest. Wann er kommt, ob überhaupt noch und in welcher Form, ist fraglich – wohl weil zentrale Inhalte des Vorhabens zu umstritten sind und ein Kabinettsbeschluss vor diesem Hintergrund unrealistisch wäre.
Inmitten dieser Unsicherheit prescht heute der Versender Doc Morris mit der Forderung nach einer »konsequenteren« Umsetzung der Reformpläne vor. Besonders hat er dabei die Telepharmazie auf dem Schirm, die im ApoRG-Entwurf in Form der umstrittenen »Apotheken light« auftaucht. Aber nicht nur das: Auch zum Honorar hat Doc Morris konkrete Vorstellungen, ebenso klar sind seine Forderungen nach mehr Mitspracherecht in der Selbstverwaltung.
Grundlage ist das Positionspapier »Telepharmazie: Schlüssel zur flächendeckenden Arzneimittelversorgung« aus der Feder des Unternehmens. Auf Nachfrage teilte Doc Morris mit, das Unternehmen nutze das Papier im Rahmen von Gesprächen mit verschiedenen Stakeholdern im Gesundheitswesen. Bei der Verbändeanhörung zum ApoRG im Juni war Doc Morris nicht anhörungsberechtigt. Das Papier findet sich aber im Lobbyregister des Bundestags.
Neben der titelgebenden Telepharmazie thematisiert es die Honorarfrage. Laut ApoRG-Entwurf soll es bei der Vergütung bekanntermaßen eine Umverteilung zwischen Fix- und variablem Honorar geben. Zudem sollen Apotheken und Kassen das Fixum ab 2027 selbst verhandeln können. Ab Februar 2025 sinkt obendrein der Kassenabschlag wieder – was laut GKV-Finanzstabilisierungsgesetz aber ohnehin vorgesehen war.
Doc Morris kann den Plänen einiges abgewinnen. Eine Anhebung des Fixums stärke das betriebswirtschaftliche Fundament der Apotheken und sei angesichts der Inflation der letzten Jahre »folgerichtig«. Auch die Verhandlungslösung sei »systemlogisch und konsequent«.
Das höhere Fixum mit einer sukzessiven Senkung des variablen Honoraranteils von derzeit 3 auf 2 Prozent gegenzufinanzieren, hält der Versender allerdings für wenig zielführend. Im Auge hat er vielmehr den Topf für pharmazeutische Dienstleistungen (pDL). »Soweit es primär um eine Gegenfinanzierung der Anhebung des Fixums geht, sollten zunächst im System ungenutzte Finanzmittel herangezogen werden.«
Derzeit lägen 375 Millionen Euro ungenutzt im pDL-Topf. Diese Reserven würden weiter wachsen, selbst wenn ein Teil davon in den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) fließe, wie es das ApoRG vorsieht. Die Apotheken führten schlicht zu wenig pDL durch. Daher seien diese Reserven zuallererst zu nutzen.
Mit dem Vorstoß offenbart der Versender womöglich eine neue Strategie, um an den pDL-Topf heranzukommen. Denn bei diesen Apotheken-Dienstleistungen sind die Versender bislang außen vor; die Erbringung ist an die Apotheke vor Ort gebunden und wird auch nur für sie bezahlt.
Den Versendern ist dies natürlich ein Dorn im Auge, weshalb sie gegen den entsprechenden Schiedsspruch vorgehen. Drei Klagen sind derzeit beim Verwaltungsgericht Frankfurt anhängig, unter den Klägern sind Doc Morris und Redcare (vormals Shop-Apotheke).
Da eine gerichtliche Klärung in naher Zukunft nicht zu erwarten und der Ausgang des Verfahrens unsicher ist, kann der neue Vorstoß also als alternative Strategie verstanden werden: Wenn die Niederländer nicht an den pDL-Topf kommen, soll dieser über das Apothekenfixum ausgeschüttet werden. Davon würden – bei einem antizipierten Anstieg der Rx-Umsätze – auch die Versender profitieren.