So will die Barmer die Kostenexplosion bremsen |
Lukas Brockfeld |
08.01.2025 13:18 Uhr |
Die Barmer hat konkrete Ideen für die Zukunft des deutschen Gesundheitswesens. / © IMAGO/Depositphotos
Am 23. Februar wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Sieben Wochen vor dem Urnengang veröffentlichte die Barmer Ersatzkasse ein Positionspapier mit ihren Forderungen für die neue Legislaturperiode. Die Apotheken werden in dem 17 Seiten starken Dokument nicht erwähnt. Dafür wurde dem Thema Arzneimittelversorgung ein kurzes Kapitel gewidmet.
Die Barmer klagt, dass es trotz der von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen noch immer Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln gibt. Daher müssten nach Ansicht der Krankenkasse weitere starke Maßnahmen ergriffen werden, auch da geopolitische Risiken die Versorgung zusätzlich bedrohten. »Dazu zählen die Stärkung der Arzneimittelproduktion insbesondere für versorgungskritische Arzneimittel, die Diversifizierung der Lieferketten sowie ein einheitlicher Rahmen für die Einfuhr und Zulassung von Arzneimitteln aus Drittstaaten«, heißt es in dem Papier.
Nach Einschätzung der Barmer sind Arzneimittel-Rabattverträge das beste Mittel, um Lieferung und Bedarfsmenge zu planen, Lieferverpflichtungen zu verankern sowie die Herstellerketten-Resilienz zu berücksichtigen. Daher müssten die bereits etablierten Rabattverträge als »wettbewerbliche Liefersicherungsverträge« genutzt werden.
Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen durchlaufen seit dem Jahr 2011 das Verfahren nach dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG). Die Barmer sieht in dem gute Zugang zu neuen Arzneimitteln in Deutschland den Beweis, dass sich dieses System bewährt hat. Doch aufgrund der immer größer werdende Zahl hochpreisiger Arzneimittel müsse das Verfahren weiterentwickelt werden.
Künftig sollten daher die Evidenz und der Preis eines neuen Arzneimittels Kriterien dafür sein, wie intensiv dessen Einführung in Deutschland gesteuert wird. Arzneimittel mit schwacher Evidenz sollten nach den Vorstellungen der Ersatzkasse besonders intensiv geprüft werden. Bei hochpreisigen Medikamenten soll die Verordnung auf besonders qualifizierte Schwerpunktpraxen oder Krankenhäuser beschränkt werden – bei gleichzeitiger Anwendungsforschung.
Auf Antrag der Krankenkassen soll künftig drei bis fünf Jahre nach Markteinführung eines neuen Medikamentes eine Kosten-Nutzen-Bewertung als optionale Ergänzung zur frühen Nutzenbewertung erfolgen. Nach Vorstellung der Barmer soll die Kosten-Nutzen-Bewertung jedoch nur bei bedeutsamen Wirkstoffen mit einer möglichen Umsatzschwelle Anwendung finden.
Als weitere Herausforderung macht die Barmer die sogenannten Orphan Drugs aus. Bei Markteintritt stünden hier meist nur wenige und qualitativ unzureichende Daten zur Verfügung. Künftig sollten ab Markteintritt verpflichtend valide Daten zum Zusatznutzen erhoben werden und schnellstmöglich Eingang in die Preisverhandlungen finden. Der Gesetzgeber müsse die aktuelle Sonderstellung der Orphan Drugs im Rahmen einer umfassenden AMNOG Reform zwingend überarbeiten.
Alle vier Jahre wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Wir berichten mit Blick auf die Gesundheitspolitik und die Auswirkungen für die Apotheken.