So hilft man Ertrinkenden richtig |
dpa |
17.05.2023 09:00 Uhr |
Gerade in unbewachten Naturgewässern besteht die Gefahr, beim Baden zu verunglücken. Es ertrinken vor allem Männer mittleren und höheren Alters – durch Leichtsinn, Alkohol oder eine plötzliche Kreislaufschwäche. / Foto: Getty Images/Uwe Krejci
Mindestens 355 Menschen sind im Jahr 2022 in Deutschland durch Ertrinken ums Leben gekommen. Das zeigen Daten der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Was sind die größten Mythen übers Ertrinken? «Das Baywatch-Syndrom», sagt Benjamin Taitsch, stellvertretender Vorsitzender der Bayerischen Wasserwacht. Das ist die Annahme vieler Menschen, dass Ertrinken actionreich mit lauten Hilferufen abläuft. «Dabei passiert es in aller Regel sehr, sehr leise.»
Kraft für wildes Rumrudern mit den Armen – die bleibt oft nicht mehr. «Die Menschen haben alles andere zu tun, als auf sich aufmerksam zu machen. Sie kämpfen ums Überleben», sagt Philipp Pijl, Teamleiter Einsatz von der Bundesgeschäftsstelle der DLRG.
Ein weiterer Mythos: «Viele Menschen glauben, dass primär Nichtschwimmer ertrinken. Dabei ist das Schwimmenkönnen längst nicht der einzige Faktor», sagt Pijl. Das zeigen auch die Daten: Wer erwartet, dass vor allem Kinder und Jugendliche ertrinken, irrt. «Der Schwerpunkt liegt eher auf Männern mittleren und höheren Alters.» Leichtsinn, Alkohol oder eine plötzliche Kreislaufschwäche – all das kann auch geübte Schwimmer in Lebensgefahr bringen.
Beim Schwimmen im Fluss wird die Strömung unterschätzt. Man ist betrunken zu weit rausgeschwommen. Oder das Kind ist gestolpert und mit dem Gesicht ins Wasser gefallen. Wie auch immer es zu einem Ertrinkungsunfall kommt: Das Problem ist der Sauerstoffmangel, der im schlimmsten Fall zum Tod führt. Denn unsere Organe, allen voran das Gehirn, können nur funktionieren, wenn sie ausreichend mit Sauerstoff versorgt sind.
Philipp Wolf, Landesarzt der Wasserwacht Bayern, skizziert einen Ertrinkungsunfall am Beispiel eines Wassersportlers, der an einem Sommertag auf einem SUP-Board unterwegs ist: Es ist heiß, sein Körper ist aufgeheizt. «Fällt er nun unerwartet ins Wasser, kommt es zu einem Kälteschock, wofür das Wasser nicht einmal besonders kalt sein muss», sagt Wolf.
Die Folge: Der Wassersportler fällt in eine Art Starre. Er atmet reflexartig und tief mit einem Schnaufen ein. So wie man es tut, wenn man nach dem Saunabesuch ins Eisbad taucht. «Dadurch gelangt Wasser an die Stimmritzen und die Stimmbänder – und die machen zu», sagt Wolf.