So gewinnen Apotheker die Ärzte für pDL |
Jennifer Evans |
30.01.2024 15:00 Uhr |
Richtig mit Patienten über die Medikation zu sprechen, ist eine Sache. Beim Arzt für die erweiterte Medikationsanalyse aus der Apotheke zu werben, eine ganz andere. / Foto: ABDA
Dass es nicht allen Ärzten schmeckt, dass die Apotheker vermehrt pharmazeutische Dienstleistungen anbieten wollen, ist bekannt. Wie aber dennoch eine interprofessionelle Zusammenarbeit gelingen kann und wie sich die Arztpraxen für die Leistungen begeistern lassen, war Thema beim »pDL Campus live« am Montagabend, moderiert von der Apothekerin Ina Richling.
Am Beispiel bundeseinheitlicher Medikationsplan (BMP) wird klar: Der Handlungsbedarf ist groß. Wie eine Analyse der ABDA zeigte, existieren im Versorgungsalltag erhebliche Diskrepanzen zwischen Medikationsplan und aktueller Einnahme. Wie sich herausstellte, war keiner der 288 untersuchten Medikationspläne aktuell und vollständig, 30 Prozent hatten falsche und 10 Prozent fehlende Dosierungsangaben. Und 24 Prozent beinhalteten bereits abgesetzte Arzneimitteln und bei 42 Prozent fehlten einige Präparate gänzlich.
Der BMP ist jedoch das Herzstück der Kommunikation. Denn er dient für die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten unter anderem als Basis für eine erweiterte Medikationsberatung bei Polypharmazie. Erbringt die Apotheke diese honorierte Leistung, muss sie im Nachgang einen Ergebnisbericht für die Arztpraxis verfassen. Allein das kann eine Herausforderung sein. Denn dieser sollte zwar höflich, aber dennoch knapp, logisch und priorisiert aufgebaut sein. Eine einfache Struktur könne so aussehen:
Die Kunst dabei sei es, für den Arzt nur das aufzulisten, was wirklich therapeutische Relevanz habe und eine Intervention erfordere, so die Apothekerin Carina John von der AMTS-Abteilung der Apothekerkammer Nordrhein. Könnte die Apotheke ein Problem selbst lösen, sollte sie es einfach tun, dies aber nicht unbedingt gegenüber dem Arzt ausführen, wenn es keine Relevanz für ihn habe.
In der Kommunikation mit dem Arzt sei oftmals Taktgefühl gefragt, Angst sollten die Apothekerinnen und Apotheker aber auf keinen Fall haben, so John. Faustregeln für die sprachliche Gestaltung eines Ergebnisberichts sind demnach sachlich, prägnant, kurz, höflich und passiv zu formulieren, indirekte Aufforderungen zu meiden, aber dafür Wörter wie »gegebenenfalls« oder »eventuell« zu verwenden. Zu vermeiden sind umgangssprachliche, fordernde oder unhöfliche Formulierungen sowie ausschweifende oder emotionale Passagen.
Wer erstmals mit einer Arztpraxis bezüglich pDL in Kontakt treten möchte, sollte »mutig und proaktiv« auf die Mediziner zugehen, rät der Apotheker Stefan Göbel, Inhaber der Brücken-Apotheke in Heringen. Zudem sei es wichtig, nicht über den Kopf der Ärztin oder des Arztes hinweg zu entscheiden, sondern ihn oder sie eng einzubeziehen. Die Allgemeinmedizinerin Dr. Annegret Fröbel arbeitet vor Ort mit Göbel zusammen und ist begeistert vom Austausch. Der Apotheker und die Ärztin stellen auch regelmäßig gemeinsame Fälle im Rahmen des Projekts »100 Medikationsanalysen später« der pDL-Akademie bei Pharma4u vor, zum Beispiel diesen Polymedikations-Fall. Göbel lasse ihr die Unterlagen stets zukommen und dann treffe man gemeinsame Entscheidungen für gemeinsame Patienten.
Und genau das sei der Schlüssel um Erfolg, betonte die Apothekerin Margit Schlenk von der Moritz Apotheke in Nürnberg. »Es geht nicht ums Recht haben. Wir sind alle Heilberufler.« Für Dr. Christina Schedel, Fachärztin für Innere Medizin, die mit Schlenk zusammenarbeitet, ist eins entscheidet: Wie kommunizieren Arzt und Apotheker etwaige Medikationsanpassungen gegenüber den Patienten? Denn keinesfalls dürfe dadurch Misstrauen gegenüber dem Arzt entstehen, so Schedel. Manches Mal erfordere es etwas Übung, wie man am besten vorgehe, gab Schlenk zu. Dennoch ermunterte sie die Apothekerinnen und Apotheker, angstfrei zu bleiben, wenn sie auf Ärztinnen oder Ärzte zugingen.
Bietet eine Apotheke pDL an, sollte sie laut John generell darauf achten, dem Arzt klarzumachen, dass sie ihm »nichts wegnehmen oder sich einmischen will«, sondern der pharmazeutische Rat ergänzend ist. Ziel müsse sein, die Risiken für den Patienten zu minimieren und die Arzneimitteltherapie für ihn »sicherer und effektiver« zu gestalten.
Psychologisch gelinge eine gute Beziehung zwischen Apotheker und Arzt, wenn allen klar sei, dass es nicht um Kontrolle gehe, so die Diplompsychologin Julia Kugler. Denn das erzeuge oftmals Angst oder andere Emotionen, die einer guten Kooperation im Weg stehen könnten. »Im Zweifelfall muss der Apotheker sich ein Feedback einholen, ob er in dem Gespräch tatsächlich so sachlich wirkte, wie er dachte«, empfahl sie.
Trotz der vielen Bedenken und Vorbehalte aus dem Berufsstand, selbstbewusst bei Arztpraxen für die pDL zu werben, waren sich die Diskussionsteilnehmenden einig, der beste Weg ist: »einfach loslegen«. Und wer sich traut, wird belohnt. »Es macht nämlich richtig viel Spaß«, versicherte Schlenk.
Informationsflyer und weiteres Material stellt die ABDA online bereit. Auch Schulungsvideos sind dort zu finden.