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Vaginale Arzneiformen

So geht diskret und sicher

Gegen so manche Irritationen im Intimbereich sind vaginale Arzneiformen ein Segen. Dabei sind sie keine trivialen Arzneimittel. Eine kompetente und diskrete Beratung mit Fingerspitzengefühl ist gefragt.
AutorKontaktElke Wolf
Datum 27.07.2022  07:00 Uhr

Wesentlichen Einfluss auf das Scheidenmilieu der fortpflanzungsfähigen Frau haben deren Sexualhormone. In einer Lebensphase, in der die Gefahr von Infektionen am größten ist, sorgen vor allem Estrogene auch immunologisch für die Stabilisierung der Abwehr. Daneben ist der Säuregrad des Vaginalfluors ein wesentlicher Faktor. Der pH-Wert wird von den nach Döderlein (1892) benannten physiologischen Laktobakterien bestimmt und schützt vor fakultativ pathogenen anderen Bakterien wie Streptokokken, Staphylokokken oder Mycoplasmen, seltener auch Pilzsporen. Das im estrogenisierten Vaginalepithel gebildete Glykogen wird zu Glucose und Maltose gespalten und stellt das wichtigste Substrat für diese Laktobakterien dar, die daraus Milchsäure bilden und den pH-Wert in den sauren Bereich sinken lassen.

Gleichzeitig ist ein Teil der Laktobakterien in der Lage, Wasserstoffperoxid (H2O2) zu produzieren, das für viele Mikroorganismen, die nicht H2O2- verwertende Enzyme wie Katalase enthalten, toxisch ist. Die Milchsäurebakterien hingegen fühlen sich in diesem sauren Milieu wohl. Die Fähigkeit zur Abgabe von H2O2 gilt als wichtiges Merkmal ihrer Aktivität und bildet zusammen mit dem sauren Milieu die Hauptabwehrlinie gegen die Besiedelung mit pathogenen Keimen.

Da das Vorkommen der Laktobakterien estrogenabhängig ist, ist ihre Konzentration vor allen Dingen ab den Wechseljahren vermindert. Und das spürt frau: Scheidentrockenheit ist das klassische Symptom unzureichender Produktion von Vaginalsekret. Aufgrund der abfallenden Hormonwerte werden die Schleimhäute schlechter durchblutet und jucken, brennen oder es entsteht ein unangenehmer Druck. Vor allem beim Geschlechtsverkehr kann die Schleimhaut abschilfern, was Schmerzen verursacht. Im Klimakterium werden Scheide und Harnwege anfälliger für Entzündungen und Infektionskrankheiten.

Feucht halten

Zunächst kann frau dann versuchen, mit feuchtigkeits- und fettspendenden Präparaten nachzuhelfen. Zur Verfügung stehen dafür zahlreiche Cremes, Zäpfchen und Gele: zum Beispiel Vagisan® Feuchtcreme/Cremolum mit Milchsäure, Kadefungin® Befeuchtungsgel mit Hyaluronsäure, Remifemin® Feuchtcreme mit Hamamelis oder Multi-Gyn® LiquiGel mit einem Polysaccharid-Komplex. Alle Präparate können prinzipiell zur Befeuchtung und auch als Gleitgel angewendet werden. Alle eingesetzten Gelbildner verleihen der Grundlage eine gewisse Bioadhäsivität und verlängern dadurch die Verweilzeit in der Scheide. Vor allem Hyaluronsäure wird häufig bei Scheidentrockenheit eingesetzt. Sie hat ein hohes Wasserbindungsvermögen und ist zusätzlich bioadhäsiv, wodurch eine andauernde Befeuchtung der Vaginalschleimhaut erzielt wird. Geht es um die reine Intimpflege kann auch der Damm miteinbezogen werden (wie Deumavan® Schutzsalbe, Gepan®-Mannose-Gel, Posterisan® protect).

Die Übergänge zwischen der gewöhnlichen Intimpflege und einer medizinischen Therapie sind mitunter fließend. Reicht etwa die Wirkung von Befeuchtungspräparaten in den Wechseljahren nicht aus, ist - auch in Kombination- eine verschreibungspflichtige lokale Hormontherapie mit einem Estrogen möglich. Lokal wirksame Estriol-/Estradiol-enthaltene Cremes, Zäpfchen oder Ovula (wie Oekolp® Creme und Ovula, Ovestin®-Ovula und Creme, Linoladiol® N Creme) bringen zuverlässig Linderung. So empfiehlt es auch die aktuelle S3-Leitlinie »Peri- und Postmenopause«. Da die Scheidentrockenheit mit dem Ende der Postmenopause bestehen bleibt, kann sie dauerhaft fortgeführt werden. Die vaginal zugeführten Estrogene wirken lokal.

Beratungshinweis: Die Atrophie im Intimbereich bringt nicht nur Juckreiz oder Brennen mit sich, sondern führt auch dazu, dass sich feste Vaginalia oft nur noch unvollständig auflösen können. Dann ist auch die Wirkung des Arzneistoffs nicht mehr sicher gegeben. Betroffene Frauen erkennen das Problem daran, dass sich im Slip krümelige Bestandteile der Tablette wiederfinden. In diesen Fällen sind Cremes die bessere Wahl.

Eingriff ins Milieu

Vaginale Arzneiformen kommen auch bei anderen Erkrankungen zum Einsatz. Ihre Wirkung ist meist lokal begrenzt – wie etwa die Estrogentherapie bei Scheidentrockenheit – , dennoch ist aufgrund der physiologischen Gegebenheiten und abhängig von den Eigenschaften des Wirkstoffs nach dessen Freisetzung mitunter auch dessen Resorption zu erwarten, und damit unerwünschte Wirkungen. Die wohl bekannteste Indikation für vaginale Arzneiformen ist eine Pilzinfektion der Scheide, in der Regel verursacht durch Candida albicans. Aber auch bakterielle Scheideninfektionen und Ausfluss sind möglich, die mit Antibiotika in vaginal zu applizierenden Arzneiformen behandelt werden können. Die Hormontherapie über die Vagina ist nicht nur für die Hormonersatztherapie rund um die Wechseljahre möglich, sondern auch zur Verhütung oder im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung. Typische Wirkstoffe in Vaginalia fasst die Tabelle zusammen.

Wirkstoffklasse Substanzen (Auswahl)
Antibiotika, Antiinfektiva Clindamycin, Metronidazol
Antimykotika Ciclopirox, Clotrimazol, Fenticonazol, Miconazol, Nystatin
Antiseptika Dequaliniumchlorid, Hexetidin, Octenidin, Polyhexanid, Povidon-Jod, Policresulen
Estrogene Estradio, Estriol, Ethinylestradiol, Prasteron (Dehydroepiandrosteron, DHEA)
Gestagene Etonogestrel, Progesteron
Antiphlogistika Benzydaminhydrochlorid
Phytopharmaka,
Homöopathika
Majoran, Melisse, Ringelblume, Sonnenhut
Präbiotika Milchsäure, Inositol
Probiotika Lactobacillus-Stämme
Prostaglandine Misoprostol, Dinoproston
Vitamine Ascorbinsäure
Wirkstoffklassen und typische Substanzen in Arzneimitteln zur vaginalen Anwendung

Neben klassischen Arzneimitteln gibt es viele Formulierungen in Form von Vaginalkapseln, -zäpfchen, -ovula oder -tabletten mit Milchsäure (wie Kadefungin® Milchsäurekur, Symbiovac® Vaginalzäpfchen Lactat) oder gefriergetrockneten Lactobacillus-Kulturen (wie Kadefungin® Flora protect, Döderlein Vaginalkapseln, Vagiflor® Zäpfchen) zur kurmäßigen Applikation. Da lebende Mikroorganismen in Arzneiformen sehr feuchteempfindlich sind, können sie nur in wasserfreien Zubereitungen wie Tabletten oder Suppositorien ausreichend lagerstabil formuliert werden.

Sie richten sich an Frauen, deren Scheidenmilieu bereits aus der Balance geraten ist und die infolgedessen häufig unter wiederkehrenden Vaginalinfektionen leiden. Mithilfe von Milchsäure oder Milchsäurebakterien soll der natürliche vaginale pH-Wert stabilisiert beziehungsweise abgesenkt werden, um das physiologische saure Scheidenmilieu wiederaufzubauen. Diese Präparate werden im Anschluss an eine Antibiotikatherapie, als Hilfe zur Vorbeugung wiederkehrender Vaginalinfektionen sowie zur Nachbehandlung eines Vaginalpilzes empfohlen. Ob Präparate mit Milchsäure oder Lactobacillus-Stämme eine optimale Therapieoption zur Rezidivprophylaxe vaginaler Mykosen darstellen, wird kontrovers diskutiert. Ihre Wirksamkeit bei bakteriellen Vaginalinfektionen gilt hingegen als belegt. Achtung: Bei Zubereitungen mit Milchsäurebakterien sollte der enthaltene Stamm Wasserstoffperoxid bilden können.

An Ort und Stelle

Damit diese speziellen Darreichungsformen optimal wirken können, profitieren Patientinnen von folgenden Tipps:

  • Prinzipiell sind Vaginalia abends vor dem Schlafengehen in einer liegenden Position mit leicht angewinkelten Beinen tief in die Scheide einzuführen.
  • Vielen halbfesten und festen Vaginalia sind Applikatoren zur leichteren Anwendung beigelegt. Sie können vorab leicht mit Wasser oder einer Gleitcreme benetzt werden. Das verbessert die Gleitfähigkeit.
  • Applikatoren zur mehrfachen Anwendung können wieder zum Einsatz kommen, nachdem sie gründlich mit Wasser und Seife gereinigt und mit klarem Wasser abgespült wurden.
  • Werdende Mütter müssen auf den Einsatz eines Applikators oder einer anderen Einfuhrhilfe verzichten, um den Muttermund nicht zu verletzen.
  • Verwendet die Frau einen Finger zum Einführen des Medikaments, eignet sich aus hygienischen Gründen der Einsatz eines Fingerlings.
  • Um die Wäsche vor Verschmutzungen durch Arzneimittelreste aus der Vagina zu schützen, empfehlen sich Slipeinlagen.
  • Für Frauen, die mit Kondomen oder Diaphragmen verhüten: Lipidhaltige Komponenten von Zäpfchen und Co. können die Sicherheit der Verhütungsmittel beeinträchtigen.
  • Wenden Frauen hormonhaltige Medikamente in der Vagina und/oder auf den äußeren Schleimhäuten an, dann sollten sie das nicht kurz vor dem Geschlechtsverkehr tun, um mögliche hormonelle Nebenwirkungen beim Partner zu vermeiden.
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