So befreit man sich von Selbstzweifeln |
Selbstbild: Was tun, wenn das Ego Ferien macht und der innere Kritiker zu laut wird? Experten nennen Auswege aus dem negativen Gefühlen. / © Adobe Stock/Anton
Selbstzweifel, Unsicherheit – das kennt jeder mal in der ein oder anderen Situation. Aber was, wenn solche Gefühle ständig da sind? Wann liegt ein Problem vor und was lässt sich dann dagegen unternehmen?
Unterlegen, inkompetent, unattraktiv, die anderen: alle besser: Es gibt Momente im Leben, in denen man sich genauso fühlt. Und das ist auch nicht unnormal. Doch bei manchen Menschen ziehen sich Selbstzweifel permanent wie ein roter Faden durch all ihr Denken und Handeln. Sie glauben, dass sie »zu nichts nutze«, »wertlos« oder »ungeliebt« sind. In manchen Fällen steckt ein Minderwertigkeitskomplex dahinter.
»Minderwertigkeitskomplex ist kein wissenschaftlicher, sondern ein alltagsnaher Begriff«, sagt Gregor Müller, Psychologischer Psychotherapeut in Bochum. Im Kern gehe es um »ein grundlegendes Gefühl der Selbstunsicherheit«. Man traut sich nichts zu, sieht sich selbst andauernd als Versagerin oder Versager und meint, immer alles falsch zu machen.
Auch die Freiburger Psychologische Psychotherapeutin, Eva Maria Klein, spricht lieber von »Selbstwertproblematik« als von »Minderwertigkeitskomplex«. Bei Betroffenen gebe es eine Diskrepanz zwischen dem »idealen Selbst und der Realität«. Diese Diskrepanz entstehe, wenn die Person hohe Erwartungen oder Ansprüche an sich selbst habe. Ursache hierfür seien oft etwa hohe Leistungserwartungen in der Kindheit seitens der Eltern. Passt die Wirklichkeit nun nicht mit den Erwartungen und Ansprüchen zusammen, leiden Betroffene.
Eine Rolle spiele auch, dass Menschen mit hohen Erwartungen und Ansprüchen gegenüber dem eigenen Ich sich andauernd mit anderen Menschen verglichen. Dies sei an sich nicht ungewöhnlich. »Aber wenn man es ständig macht und sich dabei immer unterlegen fühlt, kann das sehr belastend sein«, so Klein.
Mit dem »zu wenig«-Gefühl gehen oft weitere negative Empfindungen einher. »Möglich sind durch das geringe Selbstwertgefühl auch Ängste, sich bestimmten Situationen zu stellen«, sagt Klein. Mitunter auch ein Gefühl der Scham, was für Betroffene zusätzlich belastend sein kann. Auch könne sich daraus beispielsweise eine Depression entwickeln.
Um herauszufinden, ob man einen Minderwertigkeitskomplex hat, bietet es sich an, einfach mal den Fokus auf den eigenen Selbstwert zu richten. Also: Welche Pluspunkte habe ich optisch, welche Kenntnisse und Fähigkeiten besitze ich, was sind meine Stärken? Wer bei dieser Selbstanalyse wenig Gutes findet, sich nur auf Schwächen und Fehler fokussiert, könnte ein Problem mit der Selbstwahrnehmung haben: »Je negativer man sich selbst sieht und je mehr man davon ausgeht, dass auch andere einen negativ bewerten, desto wahrscheinlicher ist ein Minderwertigkeitskomplex«, sagt Müller.