Sinnvolles Symptom oder nur lästig? |
Jetzt ist Vorsicht geboten und eine Medikation angebracht. / Foto: Adobe Stock/Patrick Daxenbichler
Verlangt ein Kunde in der Apotheke ein fiebersenkendes Arzneimittel, vermutet er meist einen grippalen Infekt und möchte schnell wieder gesund werden. Er behandelt das Symptom Fieber, nicht die zugrunde liegenden Ursachen. Diese können vielfältig sein: rheumatische Erkrankungen, Infektionen, Tropenkrankheiten oder eine Arzneimittelnebenwirkung. Zu beachten sind bei fieberhaften Erkrankungen auch altersbedingte Unterschiede. Die Steuerzentrale für die Körpertemperatur ist das Thermoregulationszentrum im Hypothalamus.
Wer bei einem Sportereignis »mitfiebert«, spürt schnell, dass die Körpertemperatur steigt. In der Haut, den Schleimhäuten und inneren Organen messen freie Nervenendigungen sensibler Neurone – die peripheren und zentralen Thermorezeptoren – jederzeit die Körpertemperatur. Die Signale werden an den Thalamus und weiter an den Hypothalamus übermittelt.
Da alle biochemischen Reaktionen des Stoffwechsels nach der Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel (RGT-Regel) ablaufen und wichtige Reaktionspartner wie Proteine oberhalb einer Temperatur von 40 °C denaturieren, ist die Aufrechterhaltung einer konstanten Körperkerntemperatur von etwa 37 °C (Homoiothermie) das oberste Ziel des Thermoregulationszentrums (Tabelle 1). Der Körperkern umfasst Rumpf und Kopf, die sogenannte Körperschale dagegen die Extremitäten, die stärker von der Umgebungstemperatur beeinflusst sind und deren Temperatur leicht von der Kerntemperatur abweichen kann.
Körpertemperatur (in °C) | Bezeichnung |
---|---|
unter 20 | Kältetod |
unter 27 | potenziell tödlich, extreme Bradykardie |
33 | Unterkühlung (Hypothermie) |
35 | Untertemperatur |
36,3 bis 37,4 | Normaltemperatur (afebril) |
37,5 bis 38,0 | erhöhte Temperatur (subfebril) |
38,1 bis 38,5 | leichtes Fieber (febril) |
38,6 bis 39,0 | Fieber |
39,1 bis 39,9 | hohes Fieber |
40 bis 42 | sehr hohes (hyperpyretisches) Fieber, Krämpfe |
42 | Kreislaufversagen |
ab 44 | Tod durch Denaturierung von Proteinen und Enzymen |
Ein erhöhter Wärmeverlust, zum Beispiel durch niedrige Außentemperaturen, setzt eine vom Hypothalamus ausgehende Signalkaskade in Gang, die zur Stimulation der Schilddrüse führt. Die Steigerung von Grundumsatz, Herzfrequenz und Gluconeogenese in der Leber führt zur Thermogenese. Basierend auf der Aktivierung des Sympathikotonus verengen sich die Hautporen und die Haare richten sich auf (Gänsehaut): So wird die Wärmeabgabe minimiert. Ein Kältezittern der Muskulatur (Schüttelfrost) sorgt für Wärmebildung.
Droht im umgekehrten Fall der Körper zu überwärmen, erleichtern die Ableitung des Blutstroms in die Peripherie und die Vasodilatation die Abgabe der überschüssigen Wärme nach außen. Zusätzlich sorgt die gesteigerte Schweißsekretion für Kühlung durch Verdunstung.
Die menschliche Körpertemperatur folgt zirkadianen Einflüssen und schwankt im Tagesverlauf um 1 °C mit der niedrigsten Körpertemperatur nachts gegen 4 Uhr und der höchsten Körpertemperatur gegen 18 Uhr.
Nach dem Eisprung der Frau stellt die erhöhte Produktion des Hormons Progesteron die Temperatur im Thermoregulationszentrum leicht nach oben; nach der Menstruation fällt beides wieder auf den Ursprungswert zurück. In den Wechseljahren führt der abfallende Estrogenspiegel zu Veränderungen im Thermoregulationszentrum mit Auswirkungen wie Hitzewallungen.
Bei reduzierter Glucoseresorption und Hypoglykämie sinken die Stoffwechselrate und die Körpertemperatur. Eine Schilddrüsenüber- oder -unterfunktion erhöht beziehungsweise senkt die Körpertemperatur. Bei Erkrankungen der Nebenniere kann es unter anderem durch Cortison-Mangel zu Fieber kommen (Morbus Addison).
Bei sportlicher Betätigung steigt die Körperkerntemperatur proportional zur Muskelarbeit. Die erhöhte Schweißproduktion und die Ableitung des Blutstroms in die Peripherie verringern die Gefahr einer Überhitzung ab einer Körperkerntemperatur von 39 °C. Steigt die Temperatur weiter an, erhöht sich die Herzfrequenz bei geringerem Schlagvolumen (kardiovaskulärer Drift). Gesundheitliche Schäden und Leistungsminderung sind mögliche Folgen.
Auch die Ernährung beeinflusst die Körpertemperatur. »Wärmende« Lebensmittel sind fett- und kalorienhaltig; Koffein und Gewürze wie Ingwer, Pfeffer und Knoblauch regen den Stoffwechsel an. Dagegen wirken Salat, Obst und Milchprodukte »kühlend«. Alkohol stellt die Blutgefäße weit, dies vermittelt zunächst ein Wärmegefühl, aber tatsächlich sinkt die Körpertemperatur.
Stress und eine gestörte Konfliktbewältigung (vegetative Dystonie) können die Körpertemperatur steigen lassen. Dieses »Fieber« reagiert weder auf fiebersenkende Mittel noch auf behutsame Kühlung, zum Beispiel mit Wadenwickeln.
Dringen fremde Substanzen in den Körper ein, können deren Bestandteile als exogene Pyrogene (vom Griechischen »pyr«, Feuer, Fieber) wirken. Nach Kontakt mit dem Immunsystem werden endogene Pyrogene wie Interleukin 1 und 6, Interferone und Tumornekrosefaktor-α gebildet, die im Thermoregulationszentrum des Hypothalamus die Prostaglandin-(PGE2-)Synthese ankurbeln.
Auf bakterielle und virale Pyrogene reagiert der Körper oft mit erhöhter Körpertemperatur und Fieber – in der Regel eine sinnvolle physiologische Abwehrreaktion. / Foto: Adobe Stock/Jelena
PGE2 aktiviert Prostanoid-EP3-Rezeptoren (EP: Prostaglandin E) im Wärmeregulationszentrum des vorderen Hypothalamus, was den Temperatur-Sollwert nach oben verstellt. Da die Körperkerntemperatur bei 37 °C liegt, muss Wärme gebildet werden, um diese an den neuen Sollwert anzupassen. Dies passiert wiederum durch Aktivierung von Schilddrüse und Sympathikus. Mit der erhöhten Körpertemperatur arbeitet das Immunsystem effizienter und die Vermehrungsfähigkeit der Erreger nimmt ab. Für den Körper bedeutet eine Temperaturerhöhung um 2 bis 3 °C einen erhöhten Energie- (20 Prozent) und Flüssigkeitsbedarf (10 bis 15 Prozent). Darauf sollte das Apothekenteam die Patienten hinweisen.
Sind die exogenen Pyrogene ausgeschaltet, fällt der Temperatur-Sollwert wieder auf 37 °C, begleitet von Schweißausbrüchen, die für die Ableitung der überschüssigen Wärme sorgen.
Verschiedene Erkrankungen – nicht nur die Malaria oder das viral bedingte Dreitagefieber – haben charakteristische Fieberkurven. Vorschnelle Fiebersenkung kann den typischen Fieberverlauf verfälschen und damit die Anamnese erschweren.
Im Gegensatz dazu ist die Hyperthermie keine fieberhafte Erkrankung. Bei starker Wärmezufuhr (Sauna, heißes Bad, Sonneneinstrahlung) droht die Überwärmung (Hyperthermie) des Körpers bei unverändertem Sollwert der Körpertemperatur. Da die Gefahr eines tödlichen Hitzschlags besteht, sollte das Apothekenpersonal mit wichtigen Erste-Hilfe-Maßnahmen vertraut sein (Kasten).
Schon lange versucht man, Tumoren mit Maßnahmen der Hyperthermie, also gezielter Wärmezufuhr, zu behandeln. Ziel ist die Zerstörung der Krebszellen und ihre erhöhte Empfindlichkeit für eine Chemo- oder Strahlentherapie. Die Hyperthermie ist bis heute kein Standardverfahren der Krebsbehandlung, denn die Ausbreitung der Wärme im Gewebe ist schlecht zu kontrollieren, die Belastung für Herz und Kreislauf hoch und es gibt viele nicht seriöse Anbieter. Hier kann die Apotheke wegweisend unterstützen.
Foto: Adobe Stock/Robert Kneschke
Bei hohen Temperaturen und starker Sonneneinstrahlung auf spärlich behaarte Kopfhaut Erwachsener oder die dünne Schädeldecke von Kleinkindern drohen Gefahren. Durch Reizung der Hirnhaut entstehen Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit und Erbrechen; Kinder können Fieber bekommen. Weitere Symptome, die auch zeitlich verzögert auftreten, sind heißer roter Kopf und ein steifer Nacken. Der Körper ist durch die mit dem Schwitzen verbundene Verdunstung eher kühl.
Bei Hitzeerschöpfung ist die Person bleich und leidet unter Kreislaufproblemen. Sie ist mit erhöhtem Kopf, Oberkörper und Beinen (Knie möglichst abgewinkelt im 90-Grad-Winkel) im Schatten zu lagern und der Kopf mit feuchten Tüchern zu kühlen. Bewusstsein, Atmung und Lebenszeichen sind zu kontrollieren. Ist die Person bei Bewusstsein, sollte sie trinken.
Beim Hitzschlag ist der Betroffene nicht mehr bei Bewusstsein, muss in die stabile Seitenlage gebracht und mit kaltem Wasser übergossen werden. In beiden Fällen ist der Notruf 112 abzusetzen.
Um vor allem im Urlaub einem Sonnenstich vorzubeugen, sind folgende Maßnahmen hilfreich:
Die erbliche maligne Hyperthermie, eine Stoffwechselstörung der Muskulatur, ist eine Sonderform. Dies ist eine seltene Narkosekomplikation bei Personen, bei denen ein angeborener Defekt der intrazellulären Calciumregulation vorliegt. Es kommt bei einer Vollnarkose, zum Beispiel mit Succinylcholin oder Halothan, zu einer häufig tödlich verlaufenden Komplikation, indem die Körpertemperatur sehr rasch auf Werte über 43 °C ansteigt.
Von einer Hypothermie spricht man bei einer Unterkühlung des gesamten Körpers mit schweren Gesundheitsschäden bis zum Tod durch Erfrieren (Tabelle 1). Die lokale Hypothermie mit starker Kälteeinwirkung auf einzelne Körperbereiche führt zu Erfrierungen.
Etwa 3 bis 5 Prozent aller Arzneimittelbehandlungen lassen die Temperatur ansteigen. Dabei kommt es entweder zu Fieber durch Eingriff in das Thermoregulationszentrum (anticholinerge Wirkstoffe, Levothyroxin) oder zu einer Hyperthermie durch Verminderung der Wärmeabgabe oder Steigerung der Wärmebildung.
Ursächlich für eine Hyperthermie sind allergische (Phenytoin, Carbamazepin) oder anaphylaktische Reaktionen, eine Arzneistoff- Überempfindlichkeit (Allopurinol) oder die pharmakologische Wirkung des Arzneistoffs (Penicillin, Zytostatika). Es entstehen mehr Pyrogene (Jarisch-Herxheimer-Reaktion bei Penicillin). Das Risiko steigt bei Polymedikation.
Die Diagnose eines Arzneimittelfiebers ist schwierig, da der zeitliche Zusammenhang zwischen der Einnahme des Medikaments und der Fieberreaktion häufig unklar ist. Oft kommt eine Hautreaktion, zum Beispiel ein Ausschlag, hinzu. Kann das auslösende Arzneimittel identifiziert und abgesetzt werden, klingt die Temperaturerhöhung nach kurzer Zeit wieder ab.
Eine potenziell lebensbedrohliche Nebenwirkung ist das Serotonin-Syndrom. Dabei bildet sich ein Überschuss des Neurotransmitters Serotonin im zentralen und peripheren Nervensystem. Eine Hyperthermie mit Schwitzattacken ist neben weiteren Symptomen typisch. Das Apothekenteam sollte darauf achten, dass Patienten mit einer Dauermedikation mit starken Analgetika, zum Beispiel Opioiden und besonders Tramadol, und/oder Antidepressiva (selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, Trizyklika) nicht zusätzlich Johanniskraut oder den Hustenstiller Dextromethorphan bekommen. Denn die Gefahr einer Serotonin-Toxizität steigt mit jedem zusätzlichen serotonerg wirksamen Medikament.
Bei älteren Menschen verändern sich das angeborene und das adaptive Immunsystem. Die Immunantwort auf exogene Pyrogene und die Produktion der endogenen Pyrogene sind reduziert und das Thermoregulationszentrum reagiert schwächer. Dazu kommt eine im Alter abgesenkte Körpergrundtemperatur.
Bei einem Drittel der älteren Patienten fehlen bei Infektionen Fieber und spezifische Beschwerden. Das erschwert die Diagnose und verschlechtert die Prognose. Infekte, zum Beispiel der Bronchien, Lunge oder Harnwege, werden bagatellisiert, da häufig unspezifische Allgemeinsymptome wie Appetitlosigkeit, verstärkte Müdigkeit oder Unruhe vorherrschen.
Daher hat die US-amerikanische Gesellschaft für Geriatrie im Jahr 2000 eine neue Definition für Fieber im Alter eingeführt und 2009 noch einmal aktualisiert (DOI: 10.1111/j.1532-5415.2009.02175.x). Auch in Deutschland wird auf diese Definition verwiesen. Ältere Menschen haben Fieber bei der Erhöhung der Basaltemperatur um 1,1 °C, bei einmaliger rektaler Messung einer Temperatur über 37,8 °C oder bei zwei Messwerten über 37,2 °C. Alarmsymptome sollten neu auftretende Immobilität, Delir, Stürze oder plötzlicher rapider Gewichtsverlust sein. Antibiotika sind aufgrund erhöhter Gefahr einer Clostridioides-difficile-Infektion erst nach einem differenzierten Blutbild indiziert. Wichtig ist ein möglichst umfassender Impfschutz; hier kann die Apotheke hilfreich beraten.
Die durchschnittliche Körpertemperatur beträgt bei Neugeborenen 37 °C und bei Adoleszenten 36,7 °C. Dies ist kein stabiler Wert. Säuglinge und Kleinkinder haben ein unzureichend entwickeltes Wärmeregulationszentrum und ein unreifes Immunsystem: Sie fiebern leicht. Die Fiebersenkung ist sinnvoll bei Temperaturen ab 39,5 bis 40 °C und wenn das Kind unter Schmerzen leidet. Das Apothekenteam sollte besorgte Eltern gut informieren, denn fiebersenkende Mittel werden zu häufig eingesetzt (Fallbeispiel).
Nicht die Höhe des Fiebers ist für den Arztbesuch ausschlaggebend, sondern der Allgemeinzustand des Kindes. Säuglinge in den ersten drei Lebensmonaten sollten auch bei nur leicht erhöhter Temperatur einem Arzt vorgestellt werden. Bei Durchfall, Erbrechen und schlechtem Allgemeinzustand sind Kleinkinder gefährdet, besonders wenn Trinkverweigerung hinzukommt. Alarmsymptome sind Hautausschlag, starke Blässe, Kurzatmigkeit, vorgewölbte Fontanelle oder steifer Nacken.
Foto: Adobe Stock/InsideCreativeHouse
Eine Mutter möchte für ihr Kleinkind in der Apotheke Fieberzäpfchen kaufen. Das Kind soll geimpft werden und sie möchte für Impf- und Zahnungsfieber etwas im Vorrat haben.
Die Impfprophylaxe ist die einzig sichere Maßnahme zur Verhinderung von Spätfolgen der sogenannten Kinderkrankheiten! Kurzzeitiges Fieber ist die häufigste ernste Nebenwirkung; in sehr seltenen Fällen kann sich ein Fieberkrampf entwickeln. Es sollten keine Antipyretika eingesetzt werden, da sie die Immunreaktion hemmen und es zu einer unzureichenden Antikörperbildung kommen kann. Da das Immunsystem nach einer Impfung, besonders nach einer Lebendimpfung wie der MMR- oder MMRV-Impfung (Masern, Mumps, Röteln, Varizellen), arbeitet und somit etwas geschwächt ist, können unter Umständen andere Erreger Fuß fassen und leichte Infekte begünstigen.
Ab dem sechsten Lebensmonat brechen die Zähne durch und mit ihrem Beißtrieb kommen die Kinder mit immer mehr Erregern aus der Umwelt in Berührung: Die Infektionsgefahr steigt. So treffen Fieber, Durchfall und Zahnen eher zufällig zusammen.
In beiden Fällen sind Antipyretika nur bei sehr hohen Temperaturen, schlechtem Allgemeinzustand und Schmerzen angezeigt.
Auch ein Fieberkrampf, dessen Häufigkeitsgipfel bei einem Alter von 18 Monaten liegt, sollte unbedingt ärztlich abgeklärt werden. Die Eltern sollten Ruhe bewahren und das Kind in die stabile Seitenlage bringen. Es ist der Notruf 112 zu wählen. Der Notarzt gibt bei Anfällen, die länger als zehn Minuten dauern, ein Muskelrelaxans, meistens Diazepam. Dies wird auch für wiederholt auftretende Fieberkrämpfe als Notfallmedikation verordnet. Die frühzeitige Gabe von Antipyretika verhindert einen Krampfanfall nicht.
Säuglinge und Kleinkinder mit anhaltend hohem Fieber oder Fieberkrämpfen müssen vom Kinderarzt untersucht werden. / Foto: Adobe Stock/Mongkolchon
Die Krampfursachen sind unklar. Das Risiko ist erhöht bei familiärer Disposition, Entwicklungsverzögerung, Frühgeburtlichkeit und bei Betreuung in der Kindertagespflege. Gehäuft ist das Dreitagefieber von Krämpfen begleitet. Zu den Symptomen zählen Bewusstlosigkeit, verdrehte Augen, krampfartige Zuckungen, verlangsamte Atmung, Blaufärbung des Gesichts und fehlende Kontrolle von Blase und Darm. Die Kinder haben anschließend kein Erinnerungsvermögen, sind sehr müde und haben Muskelkater.
So beängstigend die Symptomatik ist: Das Apothekenpersonal kann beruhigen, dass ein Fieberkrampf nicht lebensbedrohlich ist und kein erhöhtes Risiko für neurologische Störungen besteht. Allerdings muss er immer differenzialdiagnostisch abgeklärt werden.
Erbliche Fiebersyndrome machen sich in früher Kindheit bemerkbar. Es handelt sich um autoinflammatorische Erkrankungen mit fieberhaften Entzündungen, zum Beispiel eine juvenile idiopathische Arthritis oder Gicht im Kindesalter.
Periodische Fiebersyndrome sind bedingt durch genetische Störungen des angeborenen Immunsystems. Beispiele sind das familiäre Mittelmeerfieber (FMF), die zyklische Neutropenie (ZN), das Tumornekrosefaktor-Rezeptor-1-assoziierte periodische Syndrom (TRAPS) und das PFAPA-Syndrom (PFAPA: periodisches Fieber, Aphthen, Pharyngitis, Adenitis). Gemeinsamkeit dieser Erkrankungen: Beginn im Kindesalter und regelmäßig wiederkehrendes Fieber in Intervallen von Wochen bis Monaten mit völligem Rückgang der Symptomatik zwischen den Schüben. Die Begleitsymptomatik umfasst gastrointestinale Beschwerden, Exantheme und/oder Gelenkschmerzen, die jeweils krankheitstypisch variieren. Entzündungsparameter wie C-reaktives Protein, Blutsenkungsgeschwindigkeit, Ferritin und Serumamyloid A sind erhöht.
Wichtigste Therapieziele sind die Remission und eine möglichst geringe Schubrate. Indiziert sind Colchicin sowie die IL-1-Inhibitoren Anakinra, Canakinumab und Rilonacept, die IL-6-Inhibitoren Tocilizumab und TNFα-Inhibitoren wie Etanercept (alle off Label).
Bei Fieber von mehr als drei Wochen Dauer, Temperaturen über 38,3 °C und erfolglosen Standarduntersuchungen spricht man von Fieber unbekannter Ursache (FUO), das wiederum in klassisches, nosokomiales und neutropenisches FUO eingeteilt wird.
Eine Übersicht über verschiedene Methoden der Fiebermessung, ihre Vor- und Nachteile gibt die Tabelle 2. Die rektale Messung ist am genauesten, da hier am ehesten die Temperatur des Körperkerns gemessen wird. Werden ungewöhnlich hohe oder niedrige Temperaturen festgestellt, ist es sinnvoll, nach fünf oder zehn Minuten ein weiteres Mal zu messen und im Zweifel eine andere Messmethode einzusetzen.
Thermometer | Messung | Bemerkung |
---|---|---|
Kontaktthermometer | ||
Ausdehnungsthermometer (Glasthermometer) | rektal: genaueste Messung, Thermometerspitze anfeuchten/mit Creme einfetten, zur Messung auf die Seite/den Rücken legen und Thermometer 1 bis 1,5 cm einführenaxiliar: Addition von 0,5 Prozent des Messwertsoral: Addition von 0,3 Prozent des Messwerts, kalte oder heiße Getränke verfälschen das Messergebnis | Ausdehnungsthermometer: Flüssigkeit dehnt sich bei Kontakt mit Wärme ausvor erneuter Messung: Flüssigkeitssäule herunterschüttelnstatt Quecksilber wird Gallium oder Galinstan verwendetVorteile: geeignet für Patienten mit Nickel-Kontaktallergie, keine Batterie, 100 Prozent wasserdicht, leichte DesinfektionNachteile: Messung dauert einige Minuten, Bruchgefahr des Glaskörpers |
digitales Thermometer | rektal: genaueste Messung, Thermometerspitze anfeuchten/mit Creme einfetten, zur Messung auf die Seite/den Rücken legen und Thermometer 1 bis 1,5 cm einführenaxiliar: Addition von 0,5 Prozent des Messwertsoral: Addition von 0,3 Prozent des Messwerts, kalte oder heiße Getränke verfälschen das Messergebnis | elektronische MesstechnikVorteile: höhere Bruchfestigkeit, schnellere Messung, akustisches Signal zeigt Ende der Messung anNachteil: Batterien notwendig |
Schnullerthermometer | Integration eines Messfühlers im Inneren des Schnullergummis | Vorteile: unkomplizierte MessungNachteile: nur für Kinder bis etwa zwei Jahre, lange Messdauer, ungenaues Ergebnis |
Infrarot-Thermometer | ||
Ohrthermometer | Messung der von Stirn oder Trommelfell abgestrahlten Infrarot-StrahlungAufnahme über eine LinseUmrechnung in Körpertemperatur | wichtig: genaue Positionierung des Ohrthermometers (Ohrmuschel leicht nach hinten oben, bei Säuglingen nach hinten ziehen), Geräte mit Piepton zeigen korrekte Position an, Geräte mit beheizbarer Spitze für genauere ErgebnisseVorteile: hohe Messgenauigkeit, schnelle MessungNachteile: nicht für Babys unter sechs Monaten (zu enger Gehörgang), nicht geeignet bei Ohrenschmalz oder Ohrentzündung, falsches Ergebnis, wenn das Kind vorher auf dem Ohr lag |
Stirn-/ Schläfenthermometer | Messung der von Stirn oder Trommelfell abgestrahlten Infrarot-StrahlungAufnahme über eine LinseUmrechnung in Körpertemperatur | Anwendung: an die Hautoberfläche der Stirn oder der Schläfe halten, zehn Minuten vorher nichts Warmes oder Kaltes essen oder trinkenVorteile: sehr hygienisch, für Säuglinge und Kinder geeignetNachteil: geringere Messgenauigkeit |
Die wichtigsten Arzneimittel zur Senkung der erhöhten Körpertemperatur sind Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Metamizol, Ibuprofen und Paracetamol (Tabelle 3).
Für Acetylsalicylsäure ist die Studienlage zur Behandlung von Fieber relativ dünn; geeignet ist die Substanz erst ab einem Alter von zwölf Jahren (wenn nicht anders ärztlich verordnet). Diclofenac ist zur Fiebersenkung bei Erwachsenen möglich; zu beachten sind gastrointestinale und kardiale Nebenwirkungen. Metamizol ist indiziert bei hohem Fieber, das auf andere Maßnahmen nicht anspricht. Ibuprofen und Paracetamol sind in der Indikation Fiebersenkung für jede Altersgruppe die Mittel der Wahl.
Studien haben gezeigt, dass die Gabe von Ibuprofen und Paracetamol im Wechsel einer Monotherapie nicht überlegen ist. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder und Jugendmedizin (DGKJ) empfiehlt die Monotherapie und weist auf die unterschiedliche Ansprechbarkeit der Kinder auf die jeweiligen Substanzen hin. Wichtig sind die Dosierung nach Körpergewicht und die Einhaltung eines Dosierintervalls von mindestens sechs Stunden. Ibuprofen soll schneller und länger wirksam sein als Paracetamol; allerdings ist die Datenlage noch zu dünn, um eindeutige Empfehlungen ableiten zu können. Überdosierungen führen zu Schäden, bei Paracetamol der Leber, bei Ibuprofen der Nieren.
Substanz | Wirkung | Dosierung |
---|---|---|
Acetylsalicylsäure | analgetisch, antipyretisch, irreversible Hemmung der Cyclooxygenase | ab 12 (16) Jahren: ein- bis dreimal täglich 500 bis 1000 mg |
Ibuprofen | antipyretisch, analgetisch, antiphlogistisch, unselektive Hemmung der Cyclooxygenase | Tagesmaximaldosis:Kinder ab drei Monaten: 20 bis 30 mg pro kg KG verteilt auf drei bis vier Einzeldosen im Abstand von 6 StundenKinder 6 bis 9 Jahre: 600 mgKinder 10 bis 12 Jahre: 800 mgab 12 Jahren: 1200 mg |
Paracetamol | analgetisch, antipyretisch, Hemmung endogener Pyrogene | Tagesmaximaldosis:Kinder: 60 mg pro kg KG, 10 bis 15 mg pro kg/KG als Einzeldosis, alle 6 Stundenab 12 Jahren und 43 kg: 4000 mg |
Metamizol (Novaminsulfon) | antipyretisch, analgetisch, krampflösend | Kinder ab 4 Jahren: Einzeldosis 1 Zäpfchen à 300 mg, Tagesmaximaldosis je nach Alter 900 bis 1800 mgab 15 Jahren und 53 kg KG: ein- bis viermal täglich (alle 6 bis 8 Stunden) bis zu 1000 mgHöchstdosis: 4000 mg |
Diclofenac | antiphlogistisch, analgetisch, antipyretisch, Hemmung der Prostaglandinsynthese | ab 14 Jahren: drei- bis viermal täglich 12,5 bis 25 mg bis zur Gesamtdosis von 75 mgErwachsene: ein- bis zweimal täglich 75 mg |
In der Apotheke sollte die genaue Dosierung der Antipyretika mit den Eltern besprochen und die Dosierung auf der Arzneimittelpackung vermerkt werden. Bei Zäpfchen ist der Hinweis wichtig, dass diese mit der stumpfen Spitze voran in den After eingeführt werden.
Fieber bei schwangeren Frauen ist ärztlich abzuklären. Als Antipyretikum ist Paracetamol Mittel der Wahl. Ibuprofen ist nur noch mit Vorsicht während der gesamten Schwangerschaft einzusetzen, so der Pharmakovigilanz-Ausschuss der europäischen Arzneimittelbehörde EMA.
Beliebte Hausmittel sind Wadenwickel. Die Anwendung ist ab dem 18. bis 24. Lebensmonat möglich. Wadenwickel dürfen bei zentralisiertem Kreislauf mit kalten Händen und Füßen nicht angelegt werden. Die Wickel bestehen aus drei Tüchern und müssen eng gewickelt sein ohne abzuschnüren. Für das innere Tuch wird handwarmes Wasser verwendet. Sobald die Tücher erwärmt sind, wird der Wickel gewechselt, insgesamt dreimal nacheinander.
Fazit: Fieber ist ein wichtiges Symptom, das die Arbeit des Immunsystems unterstützt und signalisiert, dass der Körper jetzt Ruhe benötigt. Wird Fieber vorschnell medikamentös gesenkt, steigt die Gefahr für Reinfektionen und das Immuntraining wird möglicherweise unterbrochen. Das Apothekenpersonal kann hierzu beraten und vor allem besorgte Eltern beruhigen. In jedem Fall sind länger anhaltendes hohes Fieber, Fieberkrämpfe und ein schlechtes Allgemeinbefinden ärztlich abzuklären.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. 16 Jahre lang leitete sie die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.