»Sie müssen keine Wellness-Oase anbieten« |
Personalexperte Professor Armin Trost empfahl beim PZ-Management-Kongress, Netzwerke zu nutzen und aktiv auf potenzielle neue Mitarbeiter zuzugehen. / Foto: Alois Mueller
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Noch vor rund 20 Jahren ähnelten manche Stellengesuche Todesanzeigen und dienten als Selektionsinstrumente, mit denen Unternehmen aus zahlreichen Bewerbungen eine oder einen Glücklichen auswählten, der exakt ihren Vorstellungen entsprach. Dementsprechend nahm in den Stellenanzeigen die Beschreibung des gesuchten Mitarbeiterprofils viel Platz ein, während die Beschreibung des Leistungsangebots des Unternehmens eher kurz ausfiel, schilderte Armin Trost beim PZ-Management-Kongress. Trost ist Diplom-Psychologe, Professor und Experte für Human Resources Management (HR-Management). Von 1999 bis 2004 verantwortete er die Personalgewinnung bei SAP. Seit 15 Jahren lehrt und forscht er an der Hochschule Furtwangen.
Die Zeiten, in denen sich in den Unternehmen die Bewerbungsmappen stapelten, sind laut Trost lange vorbei. Auch Stellenanzeigen spielten heute meist keine Rolle mehr. »Nur noch wenige Kandidaten suchen aktiv einen neuen Arbeitsplatz. Die meisten wechseln aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis in ein neues«, schilderte der HR-Experte aktuelle Lage.
Doch was können Apothekenleiterinnen und -leiter tun, um trotzdem neue Mitarbeiter zu gewinnen? »Nutzen Sie Ihre Netzwerke«, empfahl Trost den Teilnehmern des PZ-Management-Kongresses. »Ihren nächsten neuen Mitarbeiter kennen Sie bereits. Sie wissen nur noch nicht, wer es ist.« Denkbar sei beispielsweise, dass Kunden jemanden empfehlen, der für eine Mitarbeit infrage kommen könnte. Im Nachgang sollten Apothekenleiter die Kandidatin oder den Kandidaten dann aktiv ansprechen. Sinnvoll sei es auch, jungen Menschen die Chance zu geben, während eines Praktikums oder als Aushilfe die Arbeit in der Apotheke kennen zu lernen. »Bei jedem Praktikanten oder Schüler, der aushilft, lohnt es sich, den Kontakt zu halten. Dann besteht die Möglichkeit, dass später der eine oder andere in der Apotheke anfängt«, riet Trost.
Ohne aktive Ansprache gehe es nicht mehr, machte der HR-Experte deutlich. Doch bevor Apothekenleiter auf potenzielle neue Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zugingen, sollten sie sich fragen, warum jemand bei ihnen arbeiten sollte und nicht woanders. »Was macht Ihre Apotheke besonders? Darauf brauchen Sie eine klare Antwort«, betonte Trost. Dabei sei eine ehrliche Kommunikation besser, als möglichen Kandidaten Dinge zu versprechen, die nicht der Realität entsprächen. »Sie müssen neue Mitarbeiter nicht verwöhnen. Es ist auch nicht notwendig, ihnen eine Wellness-Oase anzubieten«, stellte der HR-Experte klar. Sinnvoller sei es, den eigenen Arbeitsplatz prägnant zu beschreiben und auch die Gestaltungsspielräume deutlich zu machen. Denn Unternehmen, in denen scheinbar alles perfekt liefe, hätten den Nachteil, dass die Neuen dort wenig Möglichkeiten hätten, eigene Ideen einzubringen und aktiv mitzugestalten. Doch genau diese Möglichkeit zur Selbstwirksamkeit sei es, die viele Beschäftigte reize.
Trost riet Apothekenleitern außerdem, nicht nur die Ausbildungsdaten, Fähigkeiten und Kenntnisse potenzieller neuer Mitarbeiter in den Blick zu nehmen, sondern auch auf deren Entwicklungsmöglichkeiten zu setzen. »Das Potenzial ist häufig wichtiger als die Kompetenz. Wagen Sie mehr Individualität«, riet der Psychologe.
Sobald eine neue Mitarbeiterin oder ein neuer Mitarbeiter gefunden und eingearbeitet sei, gehe es darum, sie oder ihn zu halten. Ob das gelinge, hängt laut Trost stark vom Arbeitsklima ab. So habe eine Untersuchung gezeigt, dass die sogenannten Soft Facts darüber entscheiden, ob Mitarbeiter einem Unternehmen treu bleiben oder nicht. Dazu gehöre beispielsweise das Verhältnis zu Kollegen und zur direkten Führungskraft. Sei es gut, entschieden sich Mitarbeiter meist zu bleiben. Sei es schlecht, kehrten die meisten früher oder später der Firma den Rücken. »Es lohnt sich daher, weiche Faktoren wie den Führungsstil in den Vordergrund zu rücken und daran zu arbeiten«, machte Trost deutlich.