Pharmazeutische Zeitung online
Hypothese

Serotonin-Mangel als Erklärung für einige Long-Covid-Symptome

Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen, kognitive Störungen: Einige anhaltende Symptome nach Covid-19 und auch anderen viralen Erkrankungen könnten an einem Serotonin-Mangel liegen. Darauf deutet eine neue Studie hin. Antidepressiva könnten also eine Therapieoption sein. Noch fehlt aber die Evidenz für einen solchen Einsatz.
Daniela Hüttemann
24.10.2023  16:00 Uhr

Es gibt verschiedene Erklärungsansätze, warum einige Menschen nach einer SARS-CoV-2-Infektion teils wochen- und monatelang unter Symptomen leiden, darunter auch Entzündungsreaktionen, die sich chronifiziert haben, ein Verbleiben von Viren im Körper (virale Persistenz), eine vermehrte Neigung zu kleinsten Blutklümpchen (Hyperkoagualibität) und Störungen im vegetativen Nervensystem.

Jetzt haben Forschende einen möglichen Pathomechanismus gefunden, der mit einem erniedrigten Serotonin-Spiegel im Blut einhergeht, was alle vier Hypothesen verbinden würde, berichtet die Gruppe aktuell im Fachjournal »Cell«. Virusinfektionen und Entzündungen vom Typ I, die durch Interferon ausgelöst werden, führten demnach über drei Mechanismen zu einer Verringerung des Serotonin-Spiegels:

  • verminderte Aufnahme des Serotonin-Vorläufers Tryptophan im Darm
  • Hyperaktivierung der Blutplättchen und Thrombozytopenie, was sich auf die Serotonin-Speicherung auswirkt
  • verstärkter MAO-vermittelter Serotonin-Umsatz

Dieser periphere Serotonin-Mangel, wie er bei Versuchstieren und auch im Blut betroffener Patienten nachgewiesen wurde, beeinflusse dann den Vagusnerv, was neurokognitive Probleme hervorrufen könne.

»Allerdings war der Grad der Serotonin-Reduktion in den untersuchten Patientenkohorten mit PASC (Post-Acute Sequelae of Covid/Post Covid) unterschiedlich stark ausgeprägt und bei einigen gar nicht nachweisbar«, schränkt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) in einer Pressemitteilung zur Studie ein. Die Fachgesellschaft weist zwar auf Limitationen der Studie hin, hält die Hypothese jedoch für schlüssig. Prospektive Studien mit Kontrollgruppen müssten nun folgen.

Im Tierversuch halfen Tryptophan und Fluoxetin

Bestätigen sich die Ergebnisse, könnten sie laut DGN-Pressesprecher Professor Dr. Peter Berlit auch jenseits von SARS-CoV-2 bedeutsam sein: Verringerte Serotonin-Spiegel seien nicht Covid-19-spezifisch, sondern auch von anderen viralen Erkrankungen bekannt, die ebenfalls postvirale Syndrome auslösen können, etwa Dengue-Fieber. »Es ist daher wichtig, dass Covid-19 und PASC weiter beforscht werden, auch wenn die Pandemie nun als weitgehend überstanden gilt.«

Die DGN nimmt keine Stellung dazu, ob eine Behandlung mit Antidepressiva wie den selektiven Serotonin-Reuptake-Inhibitoren eine mögliche Therapieoption darstellen könnte. In den Tierversuchen der neuen Studie wurde ein Serotonin-Mangel auch nur im Blut, nicht aber im Gehirn festgestellt. Allerdings besserte sich ihre Leistungen von Tieren in kognitiven Tests, wenn ihre Nahrung mit dem Serotonin-Vorläufer Tryptophan angereichert wurde – oder aber eben auch, wenn sie den SSRI Fluoxetin erhielten.

Gemäß eines Berichts auf dem Wissenschaftsportal »Science« hofft das Team von der Penn Medicine (Philadelphia, Pennsylvania, USA), im nächsten Schritt klinisch zu testen, ob Tryptophan-haltige Diäten oder SSRI die Beeinträchtigungen von Long Covid verbessern. Mitautor Benjamin Abramoff weist darauf hin, dass die an der aktuellen Studie teilnehmenden Personen eine Reihe von Long-Covid-Symptomen aufwiesen, nicht nur neurokognitive Symptome. Es sei noch unklar, welche Untergruppen von Patienten am meisten von einer solchen Behandlung profitieren könnten.

In der deutschen S1-Leitlinie Long-/Post-Covid werden bislang selbst im Rahmen einer leichten bis mittelgradigen depressiven Symptomatik nach Covid-19-Infektion Antidepressiva nicht empfohlen (Punkt 20.3).

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa