Selbst replizierender Corona-Booster am Menschen getestet |
Theo Dingermann |
07.01.2022 14:30 Uhr |
mRNA, egal ob körpereigene oder verimpfte, wird am Ribosom (lila-blau) in Proteine (rot) translatiert und dann normalerweise abgebaut. Bei samRNA sorgt eine mitgegebene Polymerase dafür, dass die mRNA repliziert wird, sodass weitere Kopien für die Translation bereitgestellt werden. / Foto: Adobe Stock/Juan Gärtner
Das US-amerikanische Biotechnologieunternehmen Gritstone Bio, die Universität Manchester und der Manchester University NHS Foundation Trust berichten in Pressemitteilungen über die ersten klinischen Daten einer Phase-I-Studie mit einem mRNA-Impfstoff als Booster gegen das Coronavirus SARS-CoV-2, der sich in zwei wichtigen Spezifikationen von herkömmlichen mRNA-Impfstoffen unterscheidet.
Zum einen enthält der noch experimentelle Impfstoff eine mRNA, die für das virale Spike-Protein, aber zusätzlich auch für hochkonservierte Nicht-Spike-T-Zellepitope kodiert. Zum anderen handelt es sich um eine selbst replizierende mRNA (self-amplifying RNA, samRNA). Dieses Prinzip beruht darauf, dass zusätzlich zu der Information für Impfantigene auch noch die Information für eine RNA-Polymerase gespeichert ist. Wird die mRNA von einer Zelle aufgenommen, werden alle diese Informationen in Proteine umgeschrieben. Die dabei gebildete RNA-Polymerase beginnt sodann, die mRNA zu replizieren. Dies ist vergleichbar mit Lebendimpfstoffen, in denen ja auch die Antigene in Form der Viren in der Zelle amplifiziert werden.
Dass ein solcher Impfstoff effizienter sein sollte als die herkömmlichen mRNA-Impfstoffe, ist plausibel. Auch die großen Impfstoffproduzenten Biontech/Pfizer und Moderna halten diesen Impfstofftyp in ihrem Portfolio vor. Dass eine samRNA aber auch hinreichend verträglich ist, kann nicht theoretisch abgeleitet werden.
Erste Nachweise für eine akzeptable Verträglichkeit und eine gute Immuninduktion wurden nun von dem Forschungskonsortium in der Pilotstudie erbracht. Dabei ist bemerkenswert, dass eine Dosis von nur 10 µg, also eine dreifach geringe Dosis im Vergleich zu Comirnaty® und eine zehnfach geringere Dosis im Vergleich zu Spikevax®, verimpft wurde.
In seiner Pressemitteilung informiert das Forscherkonsortium über positive klinische Phase-I-Daten aus der CORAL-BOOST-Studie. Zehn Freiwillige waren mit 10 µg des samRNA-Impfstoffs geboostert worden. Die gesunden Erwachsenen im Alter von ≥ 60 Jahre hatten zuvor zwei Dosen Vaxzevria® von Astra-Zeneca erhalten.
Die Probanden entwickelten sowohl hohe Titer neutralisierender Antikörper gegen das Spike-Protein als auch robuste CD8+-T-Zell-Antworten gegen Nicht-Spike-T-Zellepitope. Der samRNA-Impfstoff erwies sich als gut verträglich. Unerwünschten Ereignisse der Grade 3 oder 4 wurden nicht beobachtet.
Dr. Andrew Allen, der CEO von Gritstone, sagt in der Pressemitteilung: »Wir sind begeistert, dass unser T-Zell-verstärkter samRNA-Impfstoff aus dem CORAL-Programm sowohl robuste CD8+-T-Zell-Antworten gegen eine breite Palette von viralen Epitopen als auch starke neutralisierende Antikörperantworten gegen das Spike-Protein hervorruft, was nach unserer Meinung das Potenzial unserer Plattform für Infektionskrankheiten bestätigt.«
Professor Dr. Andrew Ustianowski, klinischer Leiter des NIHR (National Institute for Health Research) Covid Vaccine Research Programme und Leiter der Studie an der Universität Manchester, fügt hinzu: »Wir sind davon überzeugt, dass dieser Impfstoff als Auffrischungsimpfung eine starke, dauerhafte und breite Immunreaktion hervorrufen wird, die für die Aufrechterhaltung des Schutzes dieser gefährdeten älteren Bevölkerungsgruppe, die besonders von Krankenhausaufenthalten und Tod bedroht ist, von entscheidender Bedeutung sein könnte.«
Wirksamkeit und Sicherheit müssen natürlich noch in weiteren, größeren Studien geprüft werden. Bis zu einer möglichen Zulassung wird es also noch länger dauern. Im nächsten Schritt wird die CORAL-BOOST-Studie auf 120 Teilnehmer erweitert.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.