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Vom Fleck weg: Aufhellend wirkende Dermokosmetika etwa mit Ascorbinsäure oder Retinoiden sind gerade sehr im Trend. / © Getty Images/Youngoldman
Dass UV-Strahlung wesentlich die Hautalterung vorantreibt, ist bekannt. Wie stark jedoch diese Prozesse durch Umweltschadstoffe getriggert werden, ist eine relativ neue Erkenntnis. »UV-Strahlung schädigt Kollagen und Füllstoffe im Unterhautfettgewebe. Dieselrußpartikel und Stickoxide der Auto- und Fabrikabgase sind dagegen weniger für Faltenbildung, sondern eher für Hyperpigmentierungen verantwortlich«, erklärt Professorin Dr. Christiane Bayerl, Direktorin der Klinik für Dermatologie und Allergologie der Helios Kliniken Wiesbaden, im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung.
Verschiedene Studien zeigten, dass Personen, die in verkehrsreichen Städten leben, im Vergleich zu Menschen in ländlichen Regionen signifikant mehr Pigmentierungen - sogenannte Lentigines - auf der Stirn und mehr noch an den Wangen haben. Vermutlich können reaktive Stickstoffdioxid-Abbauprodukte wie Hydroxylradikale an der gefäßreicheren Wangenhaut besonders gut penetrieren.
»Weil die Mitochondrien der Zellen mit den Jahren weniger leistungsfähig werden, können freie Sauerstoffradikale, die durch UV-Strahlung und Schadstoffbelastung entstehen, nicht mehr wie in der Jugend abgefedert werden. Ist der oxidative Stress zu hoch, entstehen Mutationen in der mitochondrialen DNA«, weiß die Dermatologin.
In der Tat: Es ist ein ziemlich »reaktives Gemisch«, das den Säureschutzmantel der Haut direkt angreift. Feinstaub sind Schwebeteilchen der Luft, zusammengesetzt aus unterschiedlichen Stoffen wie Pollen, Rauch, Ruß oder Autoabgasen. Diese Partikel wiederum enthalten Gase wie Stickstoffoxide sowie Schwermetalle oder polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Verdichtet sich Feinstaub, entsteht Smog. Ozon wiederum bildet sich durch Photoaktivierung von Stickstoffoxid; seine Konzentration steigt bei starker Sonnenstrahlung.
Die Partikel reagieren mit der obersten Hautschicht, die reich an Lipiden ist, und es werden freie Hydroxylradikale gebildet. Das bedeutet massiven oxidativen Stress für die Zellstrukturen - erst recht, wenn sie zusätzlich UV-geschädigt sind. »Die proinflammatorischen Reize durch die Radikalverbindungen summieren sich mit einem vorhandenen UV-Schaden und einer eventuellen genetischen Disposition zu Lentigines«, fasste Bayerl zusammen.
Zwar sind solche Hyperpigmentierungen der Haut per se nicht beunruhigend. Doch um Erkrankungen auszuschließen, sollte man auffällige Altersflecken ebenso wie Muttermale regelmäßig von einem Hautarzt checken lassen. Unabhängig von Verdachtsfällen ist mindestens alle zwei Jahre ein Screening zur Früherkennung von Hautkrebs zu empfehlen.
Melasmen, eine der häufigsten Formen von Pigmentstörungen, zeigen laut Bayerl keine Entartungstendenz. Die scharf begrenzten braunen bis braun-grauen Verfärbungen an Stirn, Wange und rund um den Mund werden im Winter blasser und kehren im Sommer wieder. Sie treten laut Bayerl vor allem bei Frauen im gebärfähigen Alter auf. Ihre Entstehung sei ein vielschichtiges Zusammenspiel von Genen, hormonellen Einflüssen durch Schwangerschaft oder Pille, aber auch Medikamente und Kosmetika. Die Verfärbungen sind teils so dominant, dass das Selbstbewusstsein der Betroffenen erheblich leidet.
Der Markt an sogenannten »Anti-Pollution« Präparaten boomt; viele Kosmetikserien haben ihre Palette mit entsprechenden Präparaten ergänzt. Der englische Begriff »pollution« kann mit »Belastung« oder »Umweltverschmutzung« übersetzt werden. In der Werbesprache ist dann vom Blue-Light-Filter und von Anti-Pigment oder auch vom Brown Spot Corrector, einer Even Brighter oder einer Hautton perfektionierenden Creme die Rede. Derlei Zubereitungen lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen: Entweder verhindern ihre Inhaltsstoffe das Anheften der Schadstoffpartikel aus der Luft an die Haut oder sie enthalten »Bleichmittel«.
Was hält Expertin Bayerl von diesen »aufhellenden« Kosmetika? »Hier muss man differenzieren. Es gibt zwar bleichende Substanzen auch in der Kosmetik, aber auch Wirkstoffe, die den Turnover der Haut steigern wie Retinoide, Salicylsäure oder deren Derivate oder die Exfoliation per chemischem Peeling mit Fruchtsäuren. Durch deren schälenden Charakter wird auch das Pigment abgetragen«, informiert die Dermatologin, die auch dem Vorstand der Gesellschaft für Dermopharmazie angehört.
Medizinisch-kosmetische Wirkstoffe können die Pigmentierung vor, während und nach der Melaninbildung beeinflussen. Goldstandard unter den rezeptpflichtigen Bleichmitteln ist Hydrochinon. Es hemmt die Melaninsynthese. Verschreibungsfreie und schonendere Alternativen sind Vitamin C, Niacinamid und Azelainsäure (Nonandisäure, bis 15 Prozent rezeptfrei).
Daneben lässt sich mit klassischen Radikalfängern gut gegen die Zeichen der Zeit vorgehen. Am besten untersucht ist die Ascorbinsäure, informiert Bayerl. Diese antioxidative Eigenschaft in Kombination mit der Fähigkeit, hemmend in die Bildung von Melanin einzugreifen und die Keratinozytenreifung zu stimulieren, machen die Ascorbinsäure zu dem Parademittel gegen Pigmentstörungen. Ein weiterer Grund für seinen Einsatz in der Anti-Aging-Kosmetik ist seine anregende Wirkung auf die Kollagensynthese in der Lederhaut, wodurch sich zum Teil gar altersbedingte Bindegewebsschäden regenerieren lassen. Zudem hemmt Vitamin C kollagen- und elastinabbauende Enzyme. »Ab einer Konzentration von 5 Prozent sind aufhellende und aufbauende Effekte dokumentiert.«
Tipp: Aufgrund seiner leichten Oxidierbarkeit und damit Instabilität muss Vitamin C zuverlässig vor Licht und Sauerstoff geschützt werden, um sich nicht innerhalb kürzester Zeit nach dem Öffnen des Behältnisses zu zersetzen. Deshalb eignen sich für die empfindliche Ascorbinsäure nur dunkelfarbige Brechampullen oder für ein Serum luftdichte Pumpspender als Behältnisse. Mikroverkapselungen oder veresterte Formen verleihen der Ascorbinsäure-Formulierung zusätzlich Stabilität.
Die Hautexpertin legt Wert auf konsequente Reinigung. »Je gründlicher die Haut gereinigt wird, desto weniger Mikro-Umweltschadstoffe bleiben an der Hautoberfläche haften und können den Säureschutzmantel angreifen.« Dazu verwendet man am besten hautmikrobiomfreundliche, leicht sauer eingestellte Reinigungszubereitungen, die die Hautbarriere stärken, etwa mit Ceramiden.
In den Monaten von März bis Oktober sollte hierzulande täglicher Sonnenschutz mit ausreichend breiten Lichtschutzfaktoren zum Pflege-Pflichtprogramm gehören. Nach aktuellem Kenntnisstand ist das gesamte Spektrum von UV-A-, UV-B- sowie hochenergetischer violetter Strahlung bis zur Infrarot-A-Strahlung gefährlich und kann Hautschäden bewirken. Dieses hochenergetische sichtbare Licht (HEV) liegt im Lichtspektrum direkt neben der UV-Strahlung und erscheint für das Auge blau-lila. In künstlicher Form wird es auch von Bildschirmen (Blue Light) abgestrahlt.
»UVA- und UVB-Strahlen sind zwar sehr schädlich, decken aber nur rund 5 Prozent des Strahlenspektrums der Sonne ab. Bei HEV sprechen wir von mehr als 30 Prozent des Spektrums«, informiert Professor Dr. Eggert Stockfleth von der European Skin Cancer Foundation. »Es dringt tief in die unteren Hautschichten ein. Studien zufolge erzeugt es immensen oxidativen Stress und kann damit die Zellen schädigen. Es zerstört Kollagen und Elastin und lässt die Haut vorzeitig altern. Altersflecken und Hyperpigmentierung sind die Folgen. Außerdem behindert blaues Licht die Reparatur von DNA-und RNA-Schäden, die durch UVB-Strahlen entstehen.«
Inzwischen bietet der Markt spezielle Brillen, Kontaktlinsen und Sonnenschutzpräparate mit Blue-Light-Filtern (wie Avène Intense Protect Sonnenfluid SPF 50+, Eucerin® Photoaging Control Face Sun Fluid LSF 50+, Freiöl® Öl Essence).