Schützt eine HIV-Therapie vor Multipler Sklerose? |
Theo Dingermann |
22.12.2023 13:00 Uhr |
Eine HIV-Therapie könnte nicht nur die humanen Immunodefizienz-Viren, sondern auch andere Retroviren wie Epstein-Barr- und humane Herpesviren Typ 6 in Schach halten, die als Auslöser einer multiplen Sklerose diskutiert werden. Das könnte erklären, wieso behandelte HIV-Patienten seltener an MS erkranken als der Rest der Bevölkerung. / Foto: Getty Images/Dr_Microbe
Bereits im Jahr 2014 ließ eine Studie aufhorchen, nach der eine antiretrovirale Kombinationstherapie HIV-Patienten vor einer multiplen Sklerose (MS) schützen könnte. Allerdings ist es schwer, eine Risikominimierung für eine MS durch eine medikamentöse Therapie, die zunächst einmal in keinem Zusammenhang zu der Krankheit steht, als kausal zu beweisen.
Jetzt verdichtet sich allerdings die seit mehr als zehn Jahren bestehende Hypothese durch Ergebnisse einer neuen, sehr großen Studie. Hier werteten Forschende um Professor Dr. Kyla McKay vom Department of Clinical Neuroscience am Karolinska Institut in Stockholm bevölkerungsbasierte Gesundheitsdaten von zwei Kohorten HIV-positiver Personen aus Schweden und British Columbia, Kanada, aus. Die Ergebnisse ihrer Studie publizierten die Forschenden in den »Annals of Neurology«.
Die kanadische HIV-Kohorte umfasste alle Personen, die das HIV-Behandlungsprogramm in Kanada in Anspruch genommen hatten, in dessen Rahmen unter anderem alle Medikamente einer antiretroviralen Therapie (ART) kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
Die Daten der schwedischen Kohorte stammten von HIV-Kliniken, die praktisch alle (> 99 Prozent) mit HIV lebenden Menschen in Schweden versorgen. Somit flossen in die Studie die Daten praktisch aller Personen in Britisch-Kolumbien und Schweden ein, die seit 1992 (Kanada) beziehungsweise 2001 (Schweden) eine positive HIV-Diagnose erhalten hatten.
Als Endpunkt war das Auftreten von MS nach einer HIV-Infektion definiert. Zwischen dem ersten klinisch bestätigten Nachweis einer HIV-Infektion und dem Datum des Auftretens von MS musste mindestens ein Jahr liegen, um sicher zu gehen, dass die Patienten nach einer HIV-Infektion an MS erkrankt waren.