Schützt eine HIV-Therapie vor Multipler Sklerose? |
Theo Dingermann |
22.12.2023 13:00 Uhr |
Insgesamt umfasste die kombinierte Schweden-Kanada-Kohorte 29.163 HIV-positive Personen. 75 Prozent waren Männer. Während 242.248 Personenjahren der Nachbeobachtung wurden insgesamt 14 MS-Fälle in der HIV-positiven Kohorte beobachtet. Für eine Normalbevölkerung hätte man jedoch für eine solche Population 26,19 Fälle erwartet.
Unter Einbeziehung unter anderem des Alters, Geschlechts und des sozioökonomischem Status errechneten die Forschenden ein standardisiertes Inzidenzverhältnis (SIR) von MS in der HIV-positiven Bevölkerung von 0,53. Bezogen auf den Beginn einer ART ergab sich ein SIR für MS von 0,55.
Das Risiko, an MS zu erkranken, ist bei Frauen generell stärker ausgeprägt. Hier reduzierte sich das Risiko um 72 Prozent. Auch HIV-positive Männer erkrankten seltener an MS als HIV-negative Männer. Allerdings waren die Unterschiede bei Männern weniger ausgeprägt als bei Frauen.
Die Gründe für diesen offensichtlichen Schutz sind nach wie vor unbekannt. Plausibel erscheint jedoch, dass das Risiko in erster Linie durch die antiretrovirale Therapie (ART) und nicht durch die HIV-Infektion gesenkt wird.
Diskutierte man jedoch vor zehn Jahren noch die Kontrolle humaner endogener Retroviren (HER) durch die Medikation, deutet immer mehr darauf hin, dass die ART die Aktivitäten des Epstein-Barr-Virus (HHV4) und des humanen Herpesvirus-6 (HHV6) hemmen könnten, denen beide inzwischen eine wichtige Rolle in der Pathogenese der MS zugesprochen wird.