Schönheitschirurg verkaufte Ozempic-Fälschung |
Apothekenteams sollten sich die Merkmale des Original-Ozempic-Pens genau einprägen, um Fälschungen sofort erkennen zu können. / Foto: Österreichisches Bundeskriminalamt
Im aktuellen Fälschungsfall des Diabetesmedikaments Ozempic® kristallisiert sich heraus, wie die gefälschte Ware vermutlich in den Verkehr gelangt ist. Laut ihren Anwälten hatte eine 31-jährige Frau aus Salzburg das Medikament von einem Salzburger Schönheitschirurgen bezogen. Die Patientin habe Ozempic seit Jahresbeginn drei Mal von dem Arzt erhalten. Beim vierten Mal sei ihr offenbar eine gefälschte Version verkauft worden, sagte Lisa Holzmann von der Kanzlei Dr. Hermann Holzmann in Innsbruck.
Die Frau ist laut Holzmann nur leicht übergewichtig und keine Diabetikerin. Der Einsatz des Semaglutid-haltigen Medikaments erfolgte damit außerhalb der zugelassenen Indikation. Die Patientin hatte nach der Anwendung des mutmaßlich gefälschten Medikaments schwere Gesundheitsprobleme erlitten. Wie das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) in Österreich vorige Woche mitgeteilt hatte, war die Patientin mit Unterzuckerung und Krampfanfall in ein Krankenhaus gebracht worden. Die Behörde vermutet, dass in dem Mittel Insulin anstelle Semaglutid enthalten war.
Holzmann stellte zivil- und strafrechtliche Schritte gegen den Arzt und seinen Lieferanten in Aussicht. Bei dem Lieferanten handle es sich nicht um eine Apotheke, sagte sie, ohne weitere Details zu nennen.
Die von Holzmann vertretene Patientin ist offenbar nicht die einzige, die von diesem Arzt gefälschtes Ozempic bezogen hat. Laut BASG und österreichischem Bundeskriminalamt ist es bereits bei mehreren Personen nach der Anwendung von Fake-Ozempic zu Gesundheitsgefährdungen gekommen, »die ohne sofortige ärztliche Behandlung zum Tode hätten führen können«. Die Fälle wurden einer bestimmten Produktionscharge zugeordnet. Die Ermittler warnten, dass noch weitere Spritzen aus derselben Charge im Umlauf oder bei anderen Ärzten vorrätig sein könnten. Ärzte mit Hausapotheke dürfen in Österreich legal Medikamente verkaufen.
Das Bundeskriminalamt wies auf Unterschiede zwischen Fälschung und Original hin: Die falschen Pens sind demnach von einem dunkleren Blau und haben ein völlig durchsichtiges statt grau umkleidetes Sichtfenster. Bei der Fälschung ist der Einstellring für die Dosierung ausfahrbar, beim Original nicht. Zudem liegen die falschen Nadeln bei. Die im Original beiliegenden Nadeln NovoFine® Plus Nadeln sind 32G-Nadeln der Länge 4 mm. Der Fälschung liegen dagegen 31G-Nadeln der Länge 4 mm bei.
Laut der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) stammen die Fälschungen von Großhändlern in Österreich und Deutschland. Sie sind bereits bei Großhändlern in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten und Großbritannien aufgetaucht, auf Apothekenebene in Deutschland aber noch nicht. Eine Kontrolle mit Antifälschungs-Systemen wie dem deutschen Securpharm bestehen sie nicht. Als zusätzliche Sicherheit hat das Bundesinstistut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dazu aufgerufen, jede Packung Ozempic vor der Abgabe in der Apotheke zu öffnen und die enthaltenen Pens zu überprüfen.