Schleimhaut pflegen, Erreger abwehren |
Intakte Schleimhäute brauchen Feuchtigkeit – eine gute Möglichkeit zur Infektionsprophylaxe. / © Getty Images/Eric Audras
Die Schleimhaut stellt nicht nur eine physikalische Barriere dar, sondern durch das integrierte Mukosa-assoziierte lymphatische Gewebe (MALT-System) ist sie auch in ihrer Funktion ein »Schutzschild«. Die gesamte innere Oberfläche vieler (Hohl-)Organe des Körpers ist quasi mit Schleimhaut ausgekleidet. Der dieser Mukosa aufliegende viskose Schleim (Mucus) wird von Becherzellen in der Epithelschicht freigesetzt und arbeitet eng mit den darunterliegenden Strukturen des MALT zusammen.
Dieses System besteht aus einer Vielzahl von Immunzellen, darunter Makrophagen, Lymphozyten und dendritische Zellen, die darauf spezialisiert sind, Krankheitserreger zu erkennen und zu bekämpfen. Das Mukosagewebe enthält etwa drei Viertel aller Lymphozyten und auch die meisten Immunglobuline A werden hier produziert. Insofern ergänzt das MALT-System die systemische Immunabwehr an erster Front.
Je nach Körperregion ist das MALT unterschiedlich ausgeprägt und wird entsprechend benannt. Am besten untersucht ist das mit dem Gastrointestinaltrakt assoziierte GALT (gut-associated lymphoid tissue), das Ansammlungen von Lymphfollikeln in Form von Peyer’s Plaques im Dünndarm, den Appendix vermiformis (Wurmfortsatz) und zahlreiche isolierte lymphatische Follikel im gesamten Darm umfasst. Immerhin sitzen rund 80 Prozent des Immunsystems im Darm.
Das Bronchien-assoziierte lymphatische Gewebe (BALT) ist in den unteren Atemwegen und den Bronchien lokalisiert, während das NALT-System mit Lymphgewebe in Mund, Nasenhöhle und Pharynx einschließlich der Tonsillen für die Immunabwehr im Nasen-Rachen-Raum bereitsteht. Zudem scheint auch das jeweils ansässige Mikrobiom eine wichtige Rolle für die Toleranzentwicklung zu spielen.
Das NALT trägt unter anderem zur Kontrolle von Atemwegsinfekten bei und baut die sogenannte »Schleimhautimmunität« auf, die etwa im Zuge der Covid-19-Pandemie und den -Impfstoffen zum Begriff wurde. Eine Impfung gegen SARS-CoV-2 baut dagegen vor allem einen systemischen Schutz auf, nicht jedoch eine vollständige Schleimhautimmunität. Das erklärt, warum Geimpfte nicht »steril« sind und nach wie vor zur Verbreitung der Coronaviren beitragen.
Den der Mukosa aufliegenden viskosen Schleim kann man sich wie einen feuchten Schutzfilm vorstellen. Diese natürliche Gelauflage kann freilich durch so manche Faktoren beeinträchtigt werden. Dazu gehören allen voran Krankheitserreger wie Viren, darunter aber auch Allergieauslöser wie Pollen, die in der Schleimhaut für lokale Entzündungsreaktionen sorgen, wenn die Epithelzellen geentert wurden. Aber auch eine Überbeanspruchung durch lautes und häufiges Sprechen sowie verschiedene Medikamente wie Antihistaminika, Antihypertensiva oder Antidepressiva lassen die Mundschleimhaut austrocknen. Das schränkt deren Barrierefunktion ein. Eine ausgetrocknete Schleimhaut ist rau, wund, hypersensibel und fühlt sich deshalb unangenehm an.
Präparate mit Schleimstoff-haltigen Drogen wie Isländisch Moos (zum Beispiel Isla® Halspastillen), Eibisch (zum Beispiel Bronchostop®, Phytohustil®, Naturalis® Mund- und Rachenspray) oder Primelwurzel (zum Beispiel Ipalat® Halspastillen) befeuchten genauso wie salzhaltige Pastillen (wie Emser Pastillen®) die Schleimhäute, indem sie den Speichelfluss anregen und mucilaginös wirken. Die in den Schleimstoffen enthaltenen Polysaccharide bilden mit dem Speichel eine Art Schutzfilm, der sich an die Schleimhaut anhaftet. Entzündete Epithelzellen werden so vor weiteren Reizen geschützt.
Eine befeuchtende Wirkung versprechen zudem Rachentherapeutika mit Glycerin und der Peptidase Trypsin (ViruProtect® Erkältungsspray für den Rachen) oder mit Hyaluronsäure (zum Beispiel Isla® med, GeloRevoice®). Letztere binden zusammen mit Isländisch-Moos-Extrakten beziehungsweise Carbomer und Xanthan den Speichel und bilden dann einen Hydrogel-Komplex aus, der sich lang anhaltend über die Schleimhäute im Rachenraum zieht.
Eine schleimhautstärkende Wirkung wird auch Ectoin zugeschrieben, einer Substanz, die einst aus Mikroorganismen in der Nähe von Geysiren gewonnen wurde. Es stabilisiert auf physikalischem Wege die Zellmembranen, indem es einen Hydro-Komplex bildet und so die Zellstrukturen vor weiteren Virenattacken schützen soll. Die so mögliche Rehydratisierung und die Abschirmung der peripheren Sensorikrezeptoren lindern laut Studien Halsschmerzen und Stimmprobleme bei einer akuten Pharyngitis.
Eine weitere Technik, die den Kontakt mit der Schleimhaut ermöglicht, ist Gurgeln. Seit jeher zählt Gurgeln mit salzhaltigen Lösungen oder solchen mit Pflanzenauszügen zu den Klassikern der Selbsttherapie gegen Entzündungen im Hals- und Rachenraum. »Gurgeln ist immer eine gute Option bei allen Halsschmerzen und Schluckbeschwerden, die infektiöser Natur sind«, sagte Dr. Petra Sandow, Allgemeinmedizinerin aus Berlin, im Gespräch mit der PZ. Sind die Beschwerden extrem stark ausgeprägt oder halten bereits seit längerer Zeit an, rät Sandow zu einem Arztbesuch.
Weil die Wirkstoffe beim Gurgeln auch in Kontakt mit der entzündeten hinteren Rachenschleimhaut gelangen, werden die »Spülungen mit Ton« als wohltuend und schmerzlindernd empfunden. Mit Lutschtabletten oder Bonbons erreicht man dagegen die entzündeten Areale nur weniger gut. »Gurgeln hat den Vorteil, dass man weiter in die Tiefe kommt. Zudem erzielt man beim Lutschen lediglich während des Lutschvorgangs eine kurzfristig beruhigende Wirkung. Hört man mit dem Lutschen auf, ist auch die Wirkung weg«, erklärt Sandow.
Das in Gelotonsil® Gurgelgel enthaltene Xanthan bringe dagegen zusammen mit Natriumhyaluronat einen nachhaltigen Überzug auf die entzündete Schleimhaut. »Die Hyaluronsäure bringt Feuchtigkeit, dadurch kann sich die angegriffene Schleimhaut wieder regenerieren. Das enthaltene Xanthan hält die Feuchtigkeit quasi in den Schleimhäuten fest, indem es sich durch seine viskose Eigenschaft auf die entzündeten Areale obenauf legt. Dadurch ist die Wirkung deutlich länger bis zu einer Stunde zu spüren«, erläutert Sandow.
Im Vergleich zum Gurgeln mit Salbei- oder Kamillenextrakten sieht die Medizinerin noch weitere Vorteile im Gelotonsil Gurgelgel. »Durch den Aufbau der Schleimhaut wird gleichzeitig die mukoziliäre Clearance verbessert. Durch das Gurgeln wird die natürliche Selbstreinigung der Atemwege, die bei jedem Infekt gestört ist, unterstützt und verbessert.«
Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sieht im Gurgeln gar eine effektive Präventionsmaßnahme zum Schutz vor Atemwegsinfektionen. Im Winter 2022 hat sie eine explizite Gurgel-Empfehlung zur Prävention von Covid-19 ausgesprochen. Darin bezeichnete sie die viruzide Antiseptik im Nase-Rachen-Raum mittels Gurgeln und Nasensprays als einfach durchzuführende Prophylaxemaßnahme - neben einem Mund-Nasen-Schutz, dem Waschen und Desinfizieren von Händen oder Abstandsregelungen. »Die Befeuchtung der Schleimhäute von Mund und Nase wirkt der Anhaftung von Viren entgegen und ist daher selbst ohne Anwendung von Lösungen und Sprays mit antiviraler Eigenwirkung präventiv wirksam.«
Klar, je länger die jeweilige Substanz Kontakt mit dem Mund-Rachen-Raum hat, umso besser kann sie ihre Wirkung vermitteln. Die längste Einwirkdauer bieten Hyaluronsäure-Gurgellösungen und Lutschtabletten. Diese sollten dabei möglichst langsam gelutscht und nicht zerkaut werden. Mit ihnen erreicht der Wirkstoff mittels Speichel auch den Rachenraum. Unmittelbar nach der Anwendung einer Gurgellösung oder eines Sprays sollte nicht gegessen oder getrunken werden.
Ein weiterer Grundsatz ist: Die Darreichungsform muss zum Anwender passen. Das Gurgeln stellt manchen vor technische Probleme, Sprays verursachen womöglich einen Brechreiz. Während der Anwendung eines Sprays sollte zudem nicht geatmet werden, damit das Spray nicht versehentlich inhaliert wird. Kinder müssen in der Lage sein, eine Lutschtablette über einen längeren Zeitraum im Mund zu behalten.