Schleichwerbung in Anzeigenblatt |
Alexander Müller |
16.07.2024 13:00 Uhr |
Die unkritische Übernahme eines Textes zum Thema Kopfschmerzen wird für ein Anzeigenblatt zum Verhängnis. / Foto: Adobe Stock/fovito
Der Beitrag über Kopfschmerzen wurde über eine PR-Agentur verbreitet und von den Herausgebern des Anzeigenblatts laut Wettbewerbszentrale nur geringfügig abgewandelt. Die Inhalte samt Foto stammen nach Überzeugung der Klägerseite vom Hersteller Sanofi.
Unter dem Titel »Kopfweh und Begleitsymptome belasten den Alltag« wurden in dem Beitrag unter anderem die Ergebnisse des »Thomapyrin Kopfschmerz- und Migräne-Reports 2022« vorgestellt. Zudem hieß es in dem nicht als Anzeige gekennzeichneten Beitrag: »Bewährt haben sich koffeinhaltige Schmerzmittelkombinationen wie Thomapyrin, die obendrein gut verträglich sind.«
Am Ende des Beitrags wird auf die Website kopfschmerzen.de verwiesen, die ebenfalls von Sanofi betrieben wird. »Wir verstehen uns als Experten und vertrauensvoller Ansprechpartner für gesundheitliche Fragen rund um das Thema Kopfschmerz. Unser oberstes Gebot: die unabhängige und neutrale Berichterstattung«, heißt es hier zum Selbstverständnis.
Neutral genug fand die Wettbewerbszentrale die Darstellung in dem Anzeigenblatt aber nicht. Dabei geht es nicht um die eigene Darstellung des Herstellers auf der von ihm betriebenen Seite, sondern um die unkritische Übernahme im Anzeigenblatt. Die Wettbewerbszentrale mahnte den Verlag wegen der fehlenden Kennzeichnung als Werbung zunächst ab und zog schließlich vor Gericht.
Das Landgericht Trier gab der Klage in erster Instanz statt. Der Verlag hatte zwar für die Veröffentlichung kein Geld erhalten, was schon aus dem Landesmediengesetz eine Kennzeichnung als »Anzeige« verlangt hätte. Doch der Anspruch der Wettbewerbszentrale ergebe sich aus § 5a Abs. 4 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG).
Darin heißt es: »Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.«
Im nächsten Satz hat der Gesetzgeber die unbezahlte Produktempfehlung als Ausnahme zugelassen – die sogenannte »Influencer-Regelung«. Dabei darf es aber keinerlei Gegenleistung geben und dies muss der Handelnde selbst glaubhaft machen.
Das Landgericht Trier sah im Fall des Beitrags über Kopfschmerzen aber die Gegenleistung darin, dass das Anzeigenblatt Text und Foto kostenlos nutzen durfte. Zudem sei das Produkt ohne redaktionellen Anlass zweimal genannt und zudem noch als »bewährt« und »gut verträglich« bezeichnet worden.
Auch in einem Anzeigenblatt erwarteten die Leserinnen und Leser nicht, dass PR-Artikel als eigene Artikel ohne Kennzeichnung abgedruckt würden. Der Text sei fast unverändert übernommen worden, was der beinahe wortgleiche Abdruck in einer anderen Zeitung belege.