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KV Brandenburg

Ruf nach mehr pharmazeutischer Ausbildung

Nach dem Protest ist vor dem Protest. Wie es nach dem bundesweiten Protesttag der Apothekerschaft weitergeht, war Thema bei der Kammerversammlung Brandenburg. Zudem ging um bessere Ausbildungskapazitäten im Land Brandenburg für Pharmazeuten und PTA.
Ev Tebroke
22.06.2023  15:30 Uhr

 »Wir haben gezeigt, dass Apothekerinnen, Apotheker und ihr Personal zusammenhalten und Geschlossenheit zeigen können, wenn so etwas vernünftig organisiert wird«, sagte Jens Dobbert, Präsident der Landesapothekerkammer (LAK) Brandenburg mit Blick auf den Protesttag am 14. Juni.

Er zeigte sich sehr erfreut über die bundesweite Beteiligung von 85 bis 90 Prozent. Zwar habe es auch in Brandenburg Apotheken gegeben, die sich dem Protest nicht angeschlossen hätten. So hätten ihm etwa Inhaber und Inhaberinnen von Center-Apotheken berichtet, dass ihnen unter Androhung von Disziplinarstrafen eine Teilnahme verboten worden sei. Andere hätten aus Angst, Kunden zu verprellen, die Türen offengehalten. Aber insgesamt wertete Dobbert die Aktion als großen Erfolg.

Es habe viel politischen Zuspruch gegeben: So habe etwa der Ministerpräsident des Landes Hessen, Boris Rhein (CDU), auf der Demo in Wiesbaden seine volle Unterstützung signalisiert. Und auch die brandenburgische Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) habe im Land Brandenburg wiederholt ihren Einfluss geltend gemacht, wofür Dobbert ihr seinen Dank aussprach.

Der LAK-Präsident kam auch auf das große positive Medienecho zu sprechen. Und mit Blick auf Kommentare wie den Online-Beitrag des Magazin »Stern«, in dem abfällig von »Pillenverkäufern« die Rede war, stellte er fest: »Es ist immer einfach, den Porsche fahrenden Apotheker durchs Dorf zu jagen«, aber dieses Bild entspräche einfach nicht der Wahrheit.

Der wirtschaftliche Druck, der auf den Apotheken lastet, ist demnach enorm. »Wir sorgen für eine sichere und stabile Arzneimittelversorgung der Patienten.« Ihre Verlässlichkeit und Kompetenz hätten die Apothekerinnen und Apotheker auch während der Pandemie sehr gut bewiesen. Und als Dank habe es dann eine Kürzung der Vergütung gegeben, so Dobbert mit Blick auf den von 1,77 Euro auf 2 Euro erhöhten Kassenabschlag, den die Apotheken auf jedes abgegebene Rx-Medikament leisten müssen.

Wie geht es weiter nach dem Protest?

»Wie geht es nun weiter, nach dem Protest? Werden wir jetzt still? Oder bleiben wir laut?« Diese Fragen richtete Kammerpräsident Dobbert an den neuen ABDA-Pressechef Benjamin Rohrer, der als Gast nach Potsdam eingeladen war, um die aktuelle Kommunikationsstrategie der ABDA darzulegen. »Wir sind in allen Bereichen lauter geworden«, unterstrich Rohrer. Und das soll demnach so bleiben. Nun gelte die Maxime: »Wenn uns von Kassenseite oder aus der Politik jemand angiftet, dann giften wir zurück.«

Der Protesttag sei nun ein vorläufiger Höhepunkt der Eskalationsstrategie gewesen. Die Eskalationen hatte die ABDA vor Wochen angekündigt, um ihren Zehn-Punkte-Forderungskatalog für bessere Rahmenbedingungen politisch durchzusetzen. Im Sommer sollen nun eher kleinere punktuelle Maßnahmen folgen, um an die Forderungen zu erinnern, eine »Nadelstich-Strategie«, wie Rohrer es nannte.

Mit den geplanten Änderungen am Lieferengpass-Gesetz hinsichtlich Entbürokratisierung, Eingrenzung der Nullretax und Verstetigung der Austauschfreiheiten habe man schon Einiges erreicht. Doch der wirtschaftliche Druck, unter dem die Apotheken stünden, das sei noch nicht in der Politik angekommen. »Da werden wir weiterkämpfen.«  Einen erneuten Großprotest soll es allerdings nicht geben.

»Wir müssen jetzt überlegen, wie wir weitermachen – und mit welchen Mitteln«, so der neue Leiter der Abteilung Öffentlichkeit der ABDA. Rohrer erinnerte damit daran, dass es bislang im Haushalt kein Budget für die Eskalation gab. Nächsten Mittwoch, am 28. Juni, soll ein neuer Haushalt beschlossen werden. Ob dann ein Extra-Posten für weitere Eskalationsschritte kommt, ist offen. Man habe an anderer Stelle Kosten eingespart, etwa indem die Imagekampagne »Einfach da für dich« derzeit schmaler fährt. Aber es gebe eben keinen Extra-Topf für politische Kommunikation, bedauert er.

Rohrer warnte die Delegierten zudem davor, zu hohe Erwartungen zu haben: Es sei nicht gesagt, dass das Fixum erhöht werden könnte, »egal wie laut wir werden«. Auch wenn die ABDA im Herbst dann nochmal eine große Eskalationswelle mache, um das Thema Honorierung zu pushen: Auf die Erhöhung der Packungspauschale habe man letztlich keinen Einfluss. Das liege einzig und allein in der Hand der Politik.

Medienkampagne für pharmazeutische Dienstleistungen

Im Anschluss ging es mit Blick auf neue Vergütungsmöglichkeiten auch um die pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL). Bislang hätten lediglich 4700 Apotheken Leistungen über den Nacht- und Notdienstfonds (NNF) abgerechnet. »Ein ernüchterndes Ergebnis«, so Rohrer. Und appellierte: »Nutzen Sie die Möglichkeit.« Das dafür vorgesehene Geld, 20 Cent pro Rx-Packung, liege im Fonds brach. Um die Leistungen auch bei den Patienten bekannt zu machen und so die Nachfrage in den Apotheken zu erhöhen, plant die ABDA Rohrer zufolge eine große Medienkampagne.

Auch Ärzte sollen verstärkt informiert werden, zudem soll es mehr Videofortbildungen und Info-Veranstaltungen für die Apotheken geben. Doch er kritisierte auch den »bürokratischen Unsinn«, dass es etwa für das Medikationsmanagement sieben Unterschriften des Patienten brauche. Das sei ein »riesen Argumentationsproblem«. Anscheinend gibt es jedoch auch erste positive Erfahrungen. So berichtete einer der Delegierten, man habe das Ganze erstmal anrollen lassen müssen. Doch jetzt würden mittlerweile auch Nicht-Stammkunden nach den pDL fragen.

Ein weiteres regelmäßiges Thema auf der Agenda der KV Brandenburg ist seit Jahren auch der Ruf der Kammer nach einer eigenen pharmazeutischen Ausbildungskapazität im Bundesland. Dobbert ist hier unermüdlich und lässt nicht locker. Er setze weiter daran, eine Hochschule der Heilberufe in Brandenburg zu etablieren. Für ein solches Modell an der BTU in Cottbus hatten sich zuletzt Ärzte-, Zahnärzte- und Apothekerschaft gemeinsam stark gemacht.

In einem Brief an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) habe er die schwierige Situation für die Apothekenberufe erneut dargelegt. »Die Berufe des Apothekers und der PTA sind in Brandenburg als Mangelberufe klassifiziert, es fehlt dringend an Nachwuchs«, so der Kammerpräsident. Der Arztberuf hingegen sei kein Mangelberuf, aber die Ärzteschaft bekäme nun für circa 100 Millionen Euro eine Uni für Medizin. Auch für die Zahnärzte gebe es Pläne für eine Fakultät an der MHB Neuruppin. Für die Pharmazeuten gebe es nichts.

Um den Nachwuchsmangel zu kompensieren, hatte die Kammer zuletzt auch die Öffnungszeiten für die Offizinen flexibler gestaltet. Per geänderter Allgemeinverfügung können die Apothekeninhaberinnen und -inhaber nun selbst entscheiden, wie sie die sechs Stunden Öffnungszeit zwischen 9 und 18 Uhr verteilen. Mittwochs muss nur 3 Stunden geöffnet sein, Sonnabend gar nicht. Dieses flexible Modell verfolgen bundesweit immer mehr Kammerbezirke, zuletzt hatten sich auch die Kammern Nordrhein und Westfalen-Lippe dazu entschlossen.

Kritik an fehlender Vergütung der PTA-Ausbildung

Fehlender Nachwuchs ist eines der drängendsten Themen der Apothekerschaft, nicht nur in Brandenburg sondern bundesweit. Bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen fordern nicht nur die Apotheken, sondern auch in der PTA-Ausbildung fehlt es offenbar an vielen Ecken, wie Clemens Tründelberg, Leiter der PTA-Schule in Eisenhüttenstadt, in Potsdam berichtete. Er warb bei den Delegierten um Spenden. Aktuell fehle es etwa an Waagen. Derzeit wird die Schule allein durch freiwillige Leistung des Landes finanziert. Dies reiche nicht, um wichtige Investitionen zu tätigen. Es brauche dringend einen festen Haushaltstitel für die Schulfinanzierung. Brandenburg ist demnach das einzige Bundesland ohne solch einen festen Haushaltstitel.

Zudem brauche es unbedingt eine Ausbildungsvergütung, um mehr Schülerinnen und Schüler zu werben. Während Auszubildende in anderen Gesundheitsberufen bereits im ersten Ausbildungsjahr eine Vergütung von etwa 1200 Euro bekommen, erhalten PTA-Auszubildende erst nach zwei Jahren Ausbildung und abgeschlossenem ersten Prüfungsteil im sechsmonatigen Apothekenpraktikum eine Vergütung.

Tründelberg informierte in dem Zusammenhang über eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion, die am 9. Mai an die Landesregierung ging und die dem Land Brandenburg in den Finanzierungsfragen für die PTA-Ausbildung auf die Füße tritt. Die Apothekenkammer Brandenburg finanziert den Schülern bereits das Schulgeld, insgesamt 14.400 Euro.

Ein Modellvorschlag des PTA-Schulleiters zur zusätzlichen Finanzierung einer Ausbildungsvergütung über einen Fonds der Apotheken war abgelehnt worden. Das sei das falsche Signal an die Politik, dass die Apotheken noch Effizienzreserven hätten. Zudem sei die Ausbildungsvergütung Landesaufgabe, die Ausbildung zähle schließlich zur Daseinsvorsorge.

PTA-Schulleiter: » Machen Sie Werbung für den PTA-Beruf!«

Fakt ist, dass die fehlende Ausbildungsvergütung für die PTA-Schule in Eisenhüttenstadt ein großes Problem darstellt: Es sei sehr schwer, geeignete Kandidaten für die PTA-Ausbildung zu finden. »Machen Sie Werbung für den Beruf«, so sein Appell an die Delegierten. Der Protest habe letztlich leider auch wieder nur auf die Missstände im Apothekenwesen verwiesen.

Es sei aber wichtig, mehr das Positive an den Apothekenberufen zu kommunizieren: »Lotsen im Gesundheitssystem, Erklärer, Garanten für eine solide Arzneimittelversorgung«, zählte Tründelberg auf. Mit Blick auf den Fachkräftemangel auch in Apotheken brauche es dringend mehr Bewerber für die PTA-Ausbildung. »Bei Ihnen brennt die Hütte, bei mir ist es zu ruhig«, so der Schulleiter.

Die nächste Kammerversammlung der LAK Brandenburg ist für den 22. November terminiert. An der aktuellen Versammlung am 21. Juni haben 32 der insgesamt 48 Kammerdelegierten teilgenommen.

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