Rückschläge bei Eindämmung der Tuberkulose |
Der 24. März ist Welttuberkulosetag, da Robert Koch an diesem Tag im Jahr 1882 die Entdeckung des Tuberkulose-Bakteriums bekanntgab. / Foto: Adobe Stock/sewcream
Nach der aktuellen Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeichnet sich »eine alarmierende Entwicklung hinsichtlich der Verbreitung der Tuberkulose ab«, heißt es im Epidemiologischen Bulletin 11/2022 des RKI. Infolge der durch die Covid-19-Pandemie vielerorts eingeschränkten Gesundheitsversorgung nahmen 2020 – erstmals seit zehn Jahren – die tuberkulosebedingten Todesfälle geschätzt von 1,4 Millionen im Jahr 2019 auf 1,5 Millionen im Jahr 2020 zu. Im Laufe der Coronapandemie habe sich die globale Situation weiter verschärft.
Besonders betroffen seien strukturschwache Länder wie Indien, Indonesien, China, die Philippinen, Pakistan, Nigeria, Bangladesch und Südafrika, in denen insgesamt zwei Drittel der weltweiten Tuberkulose-Fälle aufträten. Gerade hier drohe die Coronapandemie die bislang erzielten Fortschritte und selbst gesteckten Ziele der WHO bei der Tbc-Behandlung zu gefährden.
»In Deutschland gehen die Tuberkulose-Fallzahlen zwar nach wie vor zurück, allerdings nicht mehr so deutlich wie in den Jahren davor«, berichtet das RKI. Im Jahr 2021 seien hierzulande 3.896 Tuberkulose-Neuerkrankungen registriert worden, sechs Prozent weniger als im Jahr 2020. Im Jahr 2020 habe die Fallzahl noch knapp 14 Prozent niedriger gelegen als im Jahr zuvor.
Zwar hätten sich die Strukturen der Tuberkulosekontrolle in Deutschland trotz der erschwerten Bedingungen durch die Covid-19-Pandemie als weitgehend stabil erwiesen, doch die Krise habe Schwachstellen des Gesundheitswesens aufgezeigt. Angesichts der Zunahme von Antibiotikaresistenzen oder der Migrationsbewegungen sei die Schaffung entsprechender Personalkapazitäten in der Ärzteschaft, in den Laboren und in den Gesundheitsämtern sowie die Forcierung der flächendeckenden Digitalisierung zur professionellen Vernetzung und Kommunikation aller Akteure unumgänglich.
Die Erkrankung äußert sich bei Erwachsenen zu 80 Prozent als Lungentuberkulose mit den Leitsymptomen Husten, Fieber, gelegentlich auch Schwäche, Brustschmerz und Atemnot. An Tuberkulose sollte immer gedacht werden, wenn Husten länger als drei Wochen nicht auf gängige Therapiemaßnahmen anspricht und insbesondere bei blutigem Auswurf. Zu den Risikofaktoren zählen nicht nur Lebensumstände mit hoher Tuberkuloseinzidenz durch Armut, Enge und Obdachlosigkeit. Besonders gefährdet – auch in Ländern mit niedriger Inzidenz – sind auch Menschen mit geschwächten Abwehrkräften unter anderem durch ein hohes Lebensalter, medikamentöse Immunsuppression, chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, angeborene und erworbene Immundefekte sowie Rauchen, Unterernährung, Alkohol- und Drogenabhängigkeit.
Seit einigen Jahren sei ein Anstieg der Tuberkulose im Kindes- und Jugendalter zu beobachten, warnt die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Es finde sich zudem bereits heute auch in Deutschland eine deutliche Zunahme resistenter Erreger. Vor dem Hintergrund dieser Tatsache komme der Prävention, Diagnose und Therapie von tuberkuloseexponierten, -infizierten oder -erkrankten Kindern und Jugendlichen besondere Bedeutung zu.
In der Standardtherapie der Lungentuberkulose bei Erwachsenen kommt die Vierfachtherapie mit Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA) und Ethambutol (EMB) über acht Wochen (Initialphase) gefolgt von einer Zweifachtherapie mit INH und RMP über weitere vier Monate (Kontinuitätsphase) zum Einsatz. Es ist entscheidend, dass die Medikamente gleichzeitig und zuverlässig in der richtigen Dosierung über die gesamte Behandlungsdauer eingenommen werden, um stets drohenden Resistenzbildungen entgegenzuwirken.
Für Kinder und Jugendliche hat die DGPI eine S2k-Leitlinie zur »Diagnostik, Prävention und Therapie der Tuberkulose im Kindes- und Jugendalter« verfasst. Diese soll die adäquate Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Tuberkulose-Infektionen auch unter Berücksichtigung der altersabhängigen Pharmakokinetik und somit Dosierung der Tuberkulostatika sichern.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.