Risiko für Long Covid vermutlich überschätzt |
Christina Hohmann-Jeddi |
27.09.2023 08:00 Uhr |
Wie wichtig eine solche Kontrollgruppe sei, zeige eine Publikation aus Norwegen. In der Untersuchung erfüllten 48,5 Prozent der Kinder und Jugendlichen nach einer SARS-CoV-2-Infektionen die Kriterien für ein Post-Covid-Syndrom – ebenso wie 47,1 Prozent der Kontrollgruppe, die noch keinen Kontakt mit dem Virus gehabt hatten.
Die Experten fordern, dass epidemiologische Studien in Zukunft angemessene Kontrollgruppen und bessere Falldefinitionen enthalten sowie strengere Kriterien für Long Covid anlegen sollten, und fügen hinzu, dass der Oberbegriff Long Covid zugunsten anderer Begriffe für spezifische Langzeiteffekte aufgegeben werden sollte.
Professor Dr. Clara Lehmann, Leiterin des Infektionsschutzzentrums sowie der Post-Covid-Ambulanz an der Uniklinik Köln, stimmt der Kritik an der Qualität der Long-Covid-Studien im Wesentlichen zu. Mängel wie fehlende Kontrollgruppen oder die Tatsache, dass die Datengrundlage oft auf subjektiven Selbstauskünften in Apps beruht, könnten das Krankheitsrisiko verzerren. Sie betont aber auch, dass Long Covid oder das Post-Covid-Syndrom kein Hirngespinst sei. »Bei einigen Patienten sehen wir auch mehrere Wochen nach der Infektion krasse inflammatorische Reaktionen. Doch dies trifft nicht auf das Gros der Patienten zu. Wir müssen dieses Krankheitsbild ernst nehmen, aber dazu gehört eine ehrliche wissenschaftliche Bestimmung des tatsächlichen Krankheitsrisikos.«
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.