Rezeptfreie Minipille auch in Deutschlands Apotheken? |
Daniela Hüttemann |
02.10.2023 18:00 Uhr |
Iris Blaschke, leitende Apothekerin der St. Vitus-Apotheke in Gilching, betonte, dass sich Frauen einen selbstbestimmten, niedrigschwelligen Zugang zu Verhütungsmitteln wünschen – ohne Termin und Wartezeit und ohne vaginale Untersuchung. »Wir leisten schon jetzt viel Aufklärungsarbeit, bei Verunsicherung zu Nebenwirkungen der Pille durch Beiträge in den sozialen Medien genau wie bei der Abgabe der Pille danach«, betonte Blaschke. »Wir beraten tabufrei und diskret, das haben wir drauf.«
Der Pharmakoökonom Professor Dr. Uwe May unterlegte mit Umfrage-Ergebnissen, dass Wartezeiten, Ängste und Schamgefühl einige Frauen davon abhielten, sich regelmäßig beim Arzt die Pille verschreiben zu lassen. Auch solche sozioökonomischen Faktoren inklusive einer reproduktiven Selbstbestimmung sollten bei der Diskussion um einen OTC-Switch berücksichtigt werden.
Würden die jungen Frauen dann die Krebsvorsorge links liegen lassen? Derzeit empfänden viele Frauen die regelmäßige Vorstellung in der Frauenarztpraxis, um ein Rezept bekommen, als »Zwang zur Vorsorge«, berichteten Mangler und Blaschke. »Vaginale Untersuchungen sind nicht so oft indiziert, wie manche meinen«, so die Medizinerin und betonte: »Krebsvorsorge ist richtig und wichtig, aber nicht mit Zwang, das ist eine Form der Entmündigung.« Zumal Frauen, die nicht oder anders verhüten, auch freiwillig zur Krebsvorsorge gingen.
Mangler erwähnte, dass die ärztliche Verhütungsberatung mit 13 bis 14 Euro gemessen am Zeitaufwand schlecht vergütet sei. Sie konnte sich ein solches Angebot auch als pharmazeutische Dienstleistung in der Apotheke vorstellen. Kremer von HRA Pharma berichtete aus Großbritannien, dass Frauen jeglichen Alters und Schicht die Beratung in der Apotheke gut wahrnehmen.
In einer weiteren Talkrunde zu OTC-Switches mit etwas anderer Podiumszusammensetzung wurde anschließend noch einmal über den zweimal gescheiterten Switch-Versuch für Sildenafil-haltige Mittel gegen Erektionsstörungen gesprochen. Auch hier sind aus Mays Sicht sozioökonomische Gründe wie die Eindämmung des Schwarzmarkts und der Verbraucherschutz vor Fälschungen nicht berücksichtigt worden. Zudem blieben so bei mehr Männern zugrunde liegende Erkrankungen unbehandelt, da sie so weniger zum Arzt gehen, als wenn ihnen das ein Apotheker bei der Abgabe nahe legen würde.