Rezafungin nur einmal wöchentlich |
| Brigitte M. Gensthaler |
| 04.04.2024 07:00 Uhr |
Patienten mit invasiver Candida-Infektion sind lebensbedrohlich krank. Intravenös applizierte Antimykotika aus der Gruppe der Echinocandine sind erste Wahl in der Behandlung. / Foto: Getty Images/Westend61
Das Medikament Rezzayo® 200 mg von Mundipharma wird als Pulver für ein Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung angeboten und ist zugelassen zur Behandlung von Erwachsenen mit invasiver Candida-Infektion.
Dies ist eine schwere lebensbedrohliche Infektion der Blutbahn durch Candida-Hefepilze (Candidämie) und/oder von Organen wie Leber, Niere, Milz oder Augen (disseminierte Candidiasis). Gefährdet sind vor allem Patienten mit geschwächtem Immunsystem, zum Beispiel nach einer Organtransplantation, auf Intensivstation, mit HIV, Krebs (besonders Leukämie), Diabetes mellitus, Verbrennungen oder Operationen im Bauchraum. Die Sterblichkeitsrate ist hoch und kann 40 Prozent und mehr betragen.
Gemäß der S1-Leitlinie »Diagnose und Therapie von Candida-Infektionen« (Stand 2020) sind die Echinocandine Anidulafungin, Caspofungin oder Micafungin die Substanzen der ersten Wahl bei invasiven Pilzerkrankungen. Caspofungin darf bei Candida- und Aspergillus-Infektionen eingesetzt werden, während Anidulafungin und Micafungin (ebenso wie Rezafungin) nur bei invasiver Candida-Infektion zugelassen sind.
Aufgrund der langen Halbwertszeit von 127 bis 146 Stunden reicht bei Rezafungin eine einmal wöchentliche Gabe aus. Der Patient bekommt am ersten Tag eine Initialdosis von 400 mg, gefolgt von 200 mg an Tag 8 und dann einmal wöchentlich. Die Infusion dauert etwa eine Stunde, kann aber auf drei Stunden ausgedehnt werden, um infusionsbedingte Reaktionen wie Rötung, Gefühl der Wärme, Übelkeit und Brustenge zu vermeiden. Weder bei Älteren noch bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion muss die Dosis angepasst werden.
Die Dauer der Behandlung richtet sich nach dem klinischen und mikrobiologischen Ansprechen. Im Allgemeinen sollte eine antimykotische Therapie über mindestens 14 Tage nach dem letzten positiven Kulturergebnis fortgesetzt werden. In klinischen Studien wurden die Patienten bis zu 28 Tage lang mit Rezafungin behandelt.
Rezafungin hemmt wie andere Echinocandine selektiv die 1,3-β-D-Glucansynthase des Pilzes. Damit wird die Bildung von 1,3-β-D-Glucan blockiert; dies ist ein essenzieller Bestandteil der Zellwand von Pilzen, der in Säugetierzellen nicht vorhanden ist. Die Hemmung der Glucan-Synthese führt zu einer schnellen, konzentrationsabhängigen fungiziden Aktivität in Candida-Arten. Allerdings gibt es auch Resistenzen gegen Echinocandine einschließlich Rezafungin, die auf Mutationen in den Glucansynthase-codierenden Genen beruhen.
Die Wirksamkeit von Rezafungin bei der Behandlung von Patienten mit Candidämie und/oder invasiver Candida-Infektion wurde in der randomisierten doppelblinden Phase-III-Studie ReSTORE untersucht. Darin erhielten knapp 200 Patienten mit Candidämie oder invasiver Candidiasis randomisiert (1:1) entweder intravenös Rezafungin einmal wöchentlich (400 mg in Woche 1, gefolgt von 200 mg wöchentlich, insgesamt zwei bis vier Dosen) oder intravenös Caspofungin (70 mg an Tag 1, gefolgt von 50 mg täglich) für maximal vier Wochen. Die primären Endpunkte waren das Gesamtansprechen (Heilung) an Tag 14 (für die europäische Zulassungsbehörde EMA) sowie die 30-Tage-Sterblichkeit (für die US-amerikanische Behörde FDA); die Studie war auf Nichtunterlegenheit angelegt.
59 Prozent der Patienten unter Rezafungin beziehungsweise 61 Prozent unter Caspofungin waren an Tag 14 geheilt; 24 respektive 21 Prozent waren an Tag 30 verstorben. Das bedeutet, dass der neue Wirkstoff Caspofungin nicht unterlegen war. Sehr ähnlich war auch das Sicherheitsprofil. 91 und 85 Prozent der Patienten hatten mindestens eine behandlungsbedingte Nebenwirkung, am häufigsten Fieber, Hypokaliämie, Durchfall, Pneumonie, septischen Schock and Anämie.
Bei einer Überdosierung werden unterstützende symptomorientierte Maßnahmen empfohlen. Allerdings wurden in einer klinischen Phase-I-Studie Einzeldosen von 600 und 1400 mg gegeben, ohne dass über eine dosislimitierende Toxizität berichtet wurde. Gleiches gilt für die Phase-II-Studie STRIVE, in der auch Rezafungin-Dosen von einmal wöchentlich 400 mg bis zu vier Wochen lang angewendet wurden.
Bei Patienten, die überempfindlich gegen andere Echinocandine reagiert haben, darf das Medikament nicht eingesetzt werden. Klinische relevante Wechselwirkungen sind laut Fachinformation unwahrscheinlich.
Rezafungin ist derzeit als Schrittinnovation einzustufen. Dabei ist es nicht der Wirkmechanismus oder das Anwendungsgebiet, das dies rechtfertigt: Die Substanz ist ein weiterer Vertreter aus der Klasse der Echinocandine und kommt bei invasiven Candida-Infektionen zum Einsatz. Im direkten Vergleich mit dem seit Langem bekannten Echinocandin Caspofungin, das zusätzlich auch bei invasiver Aspergillose zugelassen ist, war der Neuling in seiner Indikation nicht unterlegen. Der Hauptvorteil von Rezafungin ist in der verlängerten Halbwertszeit zu sehen, die es im Gegensatz zu den anderen Echinocandinen ermöglicht, den Wirkstoff nur einmal wöchentlich zu applizieren.
Natürlich kann eine Halbwertszeit von etwa 133 Stunden auch nachteilig sein – Stichwort: Allergie und Unverträglichkeit. In den Studien gab es diesbezüglich aber kein Sicherheitssignal bei Rezafungin. Positiv ist zudem, dass schon kurz nach der ersten Dosis hohe Plasmakonzentrationen erreicht werden. Auch dass Rezafungin anders als Caspofungin in seiner Dosierung nicht an die Leberfunktion des Patienten angepasst werden muss und dass keine wichtigen Wechselwirkungen zu bedenken sind, sind Vorteile.
Last, but not least sollte erwähnt werden, dass Candida albicans nach wie vor der häufigste Verursacher einer invasiven Candidiasis ist, andere Spezies, vor allem Candida glabrata und Candida parapsilosis aber immer häufiger werden. Untersuchungen zeigen, dass Rezafungin gegen diese besser performen könnte als ältere Echinocandine. Diesbezüglich gilt es aber, weitere Studienergebnisse abzuwarten.
Sven Siebenand, Chefredakteur