Retax-Welle erzürnt die Apotheker |
Cornelia Dölger |
20.06.2023 13:15 Uhr |
Durch den »Sparwahn der Krankenkassen« seien keine Fiebersäfte für Kinder mehr lieferbar. Doch den kleinen Patientinnen und Patienten und deren Eltern inmitten einer Erkältungswelle mit selbst hergestellten Fiebersäften zu helfen, ziehe nun diese negativen Folgen für die Apotheken nach sich.
»Monate später erreichen uns nun Briefe, insbesondere der IKK Classic, in denen Beträge in Höhe von 20 oder 30 Euro nicht ausgezahlt werden können, weil wir vergessen haben ein Kreuz zu setzen oder die Dosierung nicht richtig angegeben haben«, so Hubmann.
Dieses Verhalten beweise nicht nur, wie weit weg die Kassen-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter von der täglichen Versorgung seien. Es zeige auch, »wie wenig Menschlichkeit und Wertschätzung in den rund 100 Krankenkassen dieses Landes vorhanden ist«.
Auch Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), ging heute hart mit dem Vorgehen der Kasse ins Gericht. »Wenn Krankenkassen uns retaxieren, weil wir im Notfall Fiebersaft herstellen, ist das Fass nicht nur übergelaufen, sondern umgekippt«, sagte er beim heutigen Existenzgründertag von Apothekerverband und der Apothekerkammer Nordrhein, dem ARZ Haan, der Apobank und der Treuhand Hannover. »Dagegen werden wir knallhart vorgehen.«
Politische Aktualität erhält die Entwicklung, weil in diesen Tagen das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG) Form annehmen soll. Es steht kurz vor der finalen Beratung im Bundestag, Änderungsanträge werden noch heute erwartet.
Die Retax-Briefe kommen insofern zur rechten Zeit, denn sie verdeutlichen die Missstände, die die Apotheken schon lange kritisieren und gegen die sie vorige Woche bundesweit mit Apothekenschließungen und Aktionen protestiert hatten.
»Das aktuelle Beispiel der Fiebersaft-Retax-Welle aus dem IKK-Lager hilft uns bei unserer Argumentation ein gutes Stück weiter«, argumentierte Hubmann. »Denn jede/r vernünftige Gesundheitspolitiker/-in erkennt, dass es hier nicht mehr um eine anständige, gute Versorgung geht, sondern nur darum, den Apotheken zu schaden.«
Schittenhelm ergänzte gegenüber der PZ, mit diesem Beispiel sei nun mehr als klar geworden, dass »die Krankenkassen längst Maß und Mitte und ihren inneren Kompass verloren« hätten.