| Laura Rudolph |
| 20.11.2025 17:30 Uhr |
»Der Referentenentwurf ist eine Grundlage für Gespräche und auch für Verbesserungen, die wir fordern werden«, betonte Kammerpräsident Martin Braun. / © LAK Baden-Württemberg
Am gestrigen Mittwoch versammelten sich 48 Vertreterinnen und Vertreter der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg im Maritim Hotel in Stuttgart, acht nahmen online teil. Präsident Braun ging in seinem Bericht ausführlich auf den Referentenentwurf zum Apothekenversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) ein.
Der Koalitionsvertrag sollte die Grundlage für die Gesetzgebung sein, betonte Braun, »und nicht nur eine leere Hülle bleiben, sondern auch umgesetzt werden«. Während der Koalitionsvertrag darauf abziele, Vor‑Ort‑Apotheken zu stärken – etwa durch eine Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro und durch das Festhalten am Fremdbesitzverbot –, zeige der Referentenentwurf gegenteilige Muster: tiefgreifende Veränderungen, die zur Schwächung der Apotheke vor Ort führen werden. Vorschläge, die auf den ersten Blick nach Bürokratieabbau, Erleichterung und Unterstützung aussähen, gefährdeten bei näherer Betrachtung aber wichtige Säulen der Berufsausübung und des Patientenschutzes .
So kritisierte der Präsident beispielsweise, dass Zweigapotheken – die nach dem Referentenentwurf mit viel weniger Hürden als bisher eröffnet werden können – reguläre Apotheken mit Vollversorgung verdrängen können. »Was sich harmlos anhört, kann unsere komplette Struktur der Apotheke vor Ort kaputt machen.« Zudem bedeuteten mehr Zweigapotheken mehr Notdienste für Vollapotheken.
Auch, dass die ständige Dienstbereitschaft laut Entwurf aufgehoben werden soll, hält Braun für wenig vorausschauend – und zudem für unnötig, weil es über Allgemeinverfügungen bereits die Möglichkeit gibt, Öffnungszeiten zu flexibilisieren. So seien im Kammerbereich Baden-Württemberg nur 27 Pflichtstunden für Apotheken pro Woche gefordert. Der im Referentenentwurf vorgesehene Wegfall der ständigen Dienstbereitschaft führe allerdings dazu, dass es keine Planbarkeit mehr für die Bevölkerung hinsichtlich der Öffnungszeiten gebe. Zudem könnten Apotheken künftig jeden einzelnen Notdienst anfechten. »Die Daseinsberechtigung der Vor-Ort-Apotheke fiele letztlich weg. Das ist mehr Gift als Wachstumsfaktor für unsere Branche«, so der Kammerpräsident.
Die Modernisierung des Berufsbilds und sinnvolle Strukturanpassungen – für die die Apothekerschaft sinnvolle Vorschläge gemacht habe – seien prinzipiell natürlich in Ordnung, aber eben nicht, wenn sie nur um der Änderung willen geschehen.
»Der Referentenentwurf ist eine Grundlage für Gespräche und auch für Verbesserungen, die wir fordern werden. Wir sind am Anfang eines Prozesses und nicht am Ende«, fasste Braun seine Kernbotschaft zusammen. Er tue alles, was in seiner Macht stehe, um die Koalitionspartner davon zu überzeugen, deutlich mehr für die Apotheken zu tun – so auch beispielsweise beim letzten SPD-Parteitag in Baden-Württemberg.
ABDA-Justiziar Lutz Tisch legte bei der Vertreterversammlung dar, warum die im Referentenentwurf vorgesehene PTA-Vertretung zum Türöffner für Fremd- und Mehrbesitz von Apotheken werden könnte. Das bisherige System der inhabergeführten Apotheke stelle den Versorgungsauftrag und die Sicherheit der Patienten sicher, außerdem schütze es das eigenverantwortliche Arbeiten des Apothekers. »Das ganze Konvolut macht aber nur Sinn, wenn auch wirklich ein Apotheker in der Apotheke steht«, so Tisch.
Wenn nun die PTA-Vertretung komme und der Apotheker scheinbar 20 Tage im Jahr nicht gebraucht werde – wieso wird er dann im Rest des Jahres überhaupt gebraucht? Dieses Argument könnten Politik beziehungsweise Gerichte als Vorwand für die Abschaffung des Fremdbesitzverbots nutzen. Dies passiere wahrscheinlich in einem sehr kurzen Zeitraum, sollte die PTA-Vertretung kommen, warnte Tisch – denn viele Interessenten und Lobbyisten stünden in den Startlöchern und warteten nur darauf, in das System Apotheke einzusteigen und dieses in Richtung Einzelhandel zu treiben. Er sehe darin eine seit Jahren verfolgte Strategie.
Wenn die inhabergeführte Apotheke eine Zukunft haben solle, bedürfe es genau des Gegenteils der vorgeschlagenen Reform: eine sofortige Honorarerhöhung und den Wegfall aller Ansätze, die von der permanenten eigenverantwortlichen Leitung des Apothekers weg- und damit zu Fremd- und Mehrbesitz hinführen.
Lutz Tisch, der seit 1990 für die ABDA tätig ist – seit 2001 als Geschäftsführer des Geschäftsbereichs Apotheken- und Arzneimittelrecht und Berufsrecht – scheidet zum Jahresende als ABDA-Funktionär aus, weshalb er beim Deutschen Apothekertag feierlich verabschiedet wurde.
Im Bericht von Vizepräsidentin Silke Laubscher ging es unter anderem um Beratungschecks in Apotheken. So sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre alle Apotheken in Baden-Württemberg von Pseudocustomern besucht werden. Neu ist, dass künftig ein Schwerpunktthema für ein Jahr definiert wird; im kommenden Jahr wird es die Beratung zu Mykosen sein. Flankierend würden praxisnahe Fortbildungen in unterschiedlichen Formaten angeboten, so Laubscher.
Vizepräsidentin Silke Laubscher / © LAK Baden-Württemberg
Ein weiterer Schwerpunkt ihres Vortrags war das Deutsch-Chinesische Bildungsforum im Gesundheitswesen, das vom 20. bis 25. Oktober in Shanghai stattfand. Die Vizepräsidentin nahm als einzige Apothekerin der deutschen, etwa zwanzigköpfigen Delegation teil und hielt einen Vortrag zur »Apotheke der Zukunft«. Die Veranstaltung behandelte Themen wie Digitalisierung, intelligente Gesundheitsversorgung sowie Fachkräftesicherung und gab interessante Einblicke, unter anderem in ein chinesisches Pharmaunternehmen.
Geschäftsführer Karsten Diers ging anschließend auf den Umbau der Geschäftsstelle in der Villastraße ein. Rund 198.000 Euro Fördermittel habe das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hierfür bewilligt . Außerdem stellte Diers das neue Mitgliederportal »Meine LAK« vor, mit dem Verwaltungsvorgänge rund um die Uhr erledigt werden können. Das Projekt soll Anfang 2026 fertig gestellt werden.
Uwe Kriessler, stellvertretender Geschäftsführer und Vorsitzender des Ausschusses für Administration und Recht, berichtete über die Umstellung des Notdienstsystems 2026. Ein überarbeiteter Algorithmus sorge künftig für eine gerechtere Verteilung der Dienste, mit maximal drei Diensten pro Monat pro Apotheke.
Mirjam Taufenbach, Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, stellte in der Vertreterversammlung (VV) die Ergebnisse des Website-Relaunchs vor: Seit August verzeichne die LAK täglich bis zu 1600 Besuche, vor allem auf den Notdienst- und Stellenportal-Seiten. Mit dem neuen Social-Media-Format »Karriere auf Rezept« möchte die Kammer gezielt die Generation Z ansprechen und Apothekenberufe sichtbarer machen.
Die Versammlung der Vertreterinnen und Vertreter der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg soll weiterhin hybrid stattfinden, wie eine Abstimmung ergab. / © LAK Baden-Württemberg
Die Vertreterversammlung beschloss mit überwiegender Mehrheit eine Änderung der Wahlordnung sowie eine Anpassung der Gebührenordnung. Rechnungsführer Dr. Peter Kaiser und der Vorstand wurden entlastet.
Für Diskussionsstoff sorgte die Frage, ob die VV künftig in der Regel ausschließlich in Präsenz oder weiterhin hybrid stattfinden soll. Die hybride Form verursache pro Versammlung Mehrkosten in Höhe von mehr als 10.000 Euro, wie der Kammerpräsident erläuterte. Nach einigen Wortmeldungen stimmten die Vertreter mehrheitlich dafür, das hybride Format beizubehalten. Außerdem soll das Protokoll der Versammlung weiterhin stenografisch erstellt werden.