Räume mit Heilwirkung |
Jennifer Evans |
26.08.2024 07:00 Uhr |
Die wissenschaftlichen Untersuchungen von der Architektin Professor Gemma Koppen und der Architekturpsychologin Professor Dr. Tanja C. Vollmer haben bereits sieben Anforderungen an die Krankenhausarchitektur definiert, die sogenannten »Heilenden Sieben«. Das sind: Orientierung, Geruchskulisse, Geräuschkulisse, Privatheit und Rückzugsraum, Kraftpunkte, Aussicht und Weitsicht und menschliches Maß.
Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch der Trend des sogenannten Biophilic Design. Dahinter verbirgt sich der Ansatz, dass mehr Tageslicht und Natur in die Gebäude einziehen sollen. Dazu tragen Wintergärten, Dachterrassen oder Veranden genauso bei wie natürliche Materialien wie Steine oder Holz. Der Gedanke dahinter ist, dass etwa Lichtreize jene Hirnareale ansprechen, die für die Produktion von Botenstoffen wie Serotonin, Noradrenalin oder Dopamin zuständig sind. Damit lassen sich zum Beispiel auf natürliche Weise die Konzentration, das Glücksempfinden und die Motivation steigern und womöglich das ein oder andere Antidepressiva mit ähnlichen Inhaltsstoffen sparen.
Auch mit lärmreduzierenden Elementen lässt sich Ruhe genauso fördern wie mithilfe von Abgrenzung verschiedener Bereiche wie Ruhe-, Besuchszonen oder Pausenräume. Auch am Geruchsproblem lässt sich innenarchitektonisch schrauben. Es gibt Tapeten und Vorhänge, die mit Duftmolekülen versetzt sind. Solche Lösungen helfen, negative Emotionen zu reduzieren, die bei vielen Menschen im Krankenhaus allein dadurch entstehen, wenn die Nase Desinfektionsmittel, Kantinenessen, Erbrochenes oder Urin wahrnimmt.
Wenn die Architektur gegensteuert, trägt das nicht nur zum Wohlbefinden der Patientinnen und Patienten bei, sondern auch zur Zufriedenheit der Angestellten. Wenn sie sich wohlfühlen, prägen sie entscheidend das Bild und die Wahrnehmung der Einrichtung mit. Die Auswirkungen haben zudem eine wirtschaftliche Komponente: Steigt die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, sinkt die Fluktuation und zieht in der Konsequenz weiteres gutes Fachpersonal an.
Letztlich kann Architektur also Stress steigern oder reduzieren und damit den Heilungsprozess fördern oder behindern. Fest steht: Weniger Stress bedeutet weniger Schmerzen. In der Folge lässt sich der Medikamentenverbrauch reduzieren. Und nicht zuletzt verkürzen sich damit auch die Liegezeiten im Krankenhaus. Die Frage ist nur, warum verloren gehen musste, was Hospitäler und Sanatorien in der Vergangenheit bereits hatten – hohe Fenster, große Parkanlagen, viel Holz und schöne Aufenthaltsräume.
Prinses Maxima Centrum für Kinderonkologie in Utrecht setzt auf Rückzug für Familien und Bewegungsoberflächen für Kinder. / © Architekturmuseum der TU/Ewout Huibers