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SARS-CoV-2-Eindämmung

Quarantäne effektiv, Screening nicht

Die Cochrane-Collaboration nimmt in drei neuen Übersichtsarbeiten Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie unter die Lupe. Die Kernaussagen: Quarantäne ist sinnvoll, Reisebeschränkungen teilweise, ein Symptom-basiertes Screening nicht.
Annette Rößler
17.09.2020  08:00 Uhr

Allgemeine Maßnahmen zur Infektionsvermeidung waren bislang das einzige wirksame Mittel, um die Verbreitung von SARS-CoV-2 zu bremsen – und werden es mindestens so lange bleiben, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht. Solche Maßnahmen können ebenso wie Arzneimittel-Therapien hinsichtlich ihrer Wirksamkeit in Studien untersucht werden. Für Regierungen, die in der Pandemie angesichts der sich ständig ändernden Lage laufend neu entscheiden müssen, ob beziehungsweise welche Maßnahmen verhängt oder aufgehoben werden, sind solche Studien wichtige Anhaltspunkte.

Die Cochrane-Collaboration, die in Wissenschaftskreisen für die hohe Qualität ihrer Übersichtsarbeiten bekannt ist, hat auf ihrer Website in einer »Special Collection« Arbeiten zusammengestellt, die sich mit Maßnahmen zur Infektionskontrolle und -prävention von SARS-CoV-2 beschäftigen. Gerade erst sind zwei neue Reviews hinzugekommen und einer wurde aktualisiert. Sie beleuchten die Rollen der Quarantäne nach einem Risikokontakt oder Aufenthalt in einem Risikogebiet, von Reisebeschränkungen wie Einreise- und Ausreisekontrollen bis hin zu Grenzschließungen und eines breit angelegten Screenings von symptomfreien oder -armen Personen.

Der ersten Arbeit zufolge ist die Isolierung von Personen bei Verdacht auf eine mögliche SARS-CoV-2-Infektion ein wichtiges Mittel, um die Ansteckungshäufigkeit und die Sterblichkeit an Covid-19 zu reduzieren. Die Hauptautorin Dr. Barbara Nussbaumer-Streit von der Donau-Universität Krems in Österreich weist jedoch darauf hin, dass die Evidenzbasis dieser Aussage begrenzt ist, »da es sich bei den meisten Studien um mathematische Modellstudien handelt, die unterschiedliche Annahmen zu wichtigen Modellparametern treffen«. So sei der Umfang, in dem Quarantänemaßnahmen die Zahl der Erkrankten senken könnten, auch ungewiss und schwanke zwischen 44 und 96 Prozent.

Gemäß dem zweiten Review können auch Reisebeschränkungen die Ausbreitung von SARS-CoV-2 verlangsamen, wenn sie zu Beginn eines Ausbruchs umgesetzt werden. Die Evidenz hierfür ist jedoch mangelhaft und wird von den Autoren um Jacob Burns von der Ludwig-Maximilians-Universität München auf die niedrigste von vier Stufen der Vertrauenswürdigkeit in Cochrane Reviews gesetzt. Die Forscher schätzen die Größe des Effekts zwischen 26 und 90 Prozent – mit einer sehr großen Unsicherheit.

Reiserückkehrer-Screening wenig effektiv

Eine wichtige Aussage der Arbeit: Ein isoliertes Screening auf Covid-19-Symptome bei der Ein- und Ausreise entdeckt wahrscheinlich nicht genügend Fälle, um zu verhindern, dass sich neue Infektionsketten ausbreiten. Burns erläutert: »Reisebezogene Kontrollmaßnahmen finden nicht im luftleeren Raum statt. Ihre Auswirkungen werden von anderen Faktoren beeinflusst wie dem Stadium der Pandemie, ob eine Übertragung in der Gemeinschaft nachgewiesen wurde oder ob andere Maßnahmen wie physical distancing und das Tragen von Gesichtsmasken durchgeführt wurden. In den Studien, die in unseren Review Eingang fanden, wurden diese Aspekte selten untersucht.«

Auch der dritte Review verstärkt die Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Screenings. Seine Hauptaussage lautet: Bei einem einmaligen Screening anscheinend gesunder Menschen auf Covid-19-Symptome, Fieber, internationale Reisen, Risiko-Kontakte oder eine Kombination von Symptomen plus Körpertemperatur werden infizierte Personen mit hoher Wahrscheinlichkeit übersehen. Schnelltests auf Corona, deren breitere Anwendung Professor Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité gerade erst gefordert hat, hatten in den berücksichtigten Studien jedoch keine Verwendung gefunden. Hauptautorin Dr. Meera Viswanathan vom unabhängigen Forschungsinstitut RTI International in North Carolina räumt denn auch ein, dass schnelle Labortests ebenso wie kombinierte Screenings oder eine wiederholte Symptombeurteilung sinnvoll sein könnten. Da Infizierte dennoch übersehen werden könnten, seien zusätzliche Maßnahmen wie Quarantäne, Abstandhalten und Maskentragen weiterhin sehr wichtig.

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