QR-Code statt Papier – EU bittet um Feedback |
Jennifer Evans |
06.03.2025 09:00 Uhr |
Papierlos glücklich oder unglücklich? Die EU will Schritt für Schritt Gebrauchsanweisungen digitalisieren. Ist das die beste Lösung? / © Adobe Stock/JackF
Die EU-Kommission hat kürzlich eine öffentliche Konsultation zu elektronischen Gebrauchsanweisungen für Medizinprodukte gestartet, den sogenannten eIFUs (Instruction for Use IFU). Den Rechtsaktentwurf können Organisationen und EU-Bürger nun vier Wochen lang kommentieren.
Die von der EU-Kommission vorgeschlagene Initiative würde Gebrauchsanweisungen in elektronischem Format für alle Medizinprodukte ermöglichen, die zunächst ausschließlich zur Verwendung durch Angehörige der Gesundheitsberufe bestimmt sind, also im professionellen Umfeld. Konkret soll auf dem Medizinprodukt oder den beigelegten Informationen ein Hinweis wie ein QR-Code angebracht sein, über den die Gebrauchsanweisung zu finden ist.
Die EU-Kommission wünscht schon lange digitale Versionen, unter anderem, um Medizinprodukte und künftig auch Arzneimittel leichter über EU-Grenzen hinweg austauschen zu können. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Lieferengpässe wird das Thema immer relevanter. Zuletzt hatte Brüssel auch nicht ausgeschlossen, dass die elektronische Variante einmal verpflichtend wird – vielleicht schon ab 2035.
Nun haben EU-Organisationen und Bürger erst einmal Zeit, die Inhalte des geplanten Rechtsakts zu prüfen und kommentieren. Erstmal geht es um Medizinprodukte. Die Rückmeldungen will die EU-Kommission dann nach eigenen Angaben bei Fertigstellung des Akts berücksichtigen.
Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) sieht in den digitalen Versionen »einen wichtigen Schritt«, unter anderem um den Papierverbrauch zu reduzieren und Verpackungen grundsätzlich kleiner und leichter zu machen. Auch die Möglichkeit, die Sprache auszuwählen, die Produktinformationen nach einem bestimmten Begriff zu durchsuchen, ihre Darstellung in der Größe anzupassen sowie Medien wie Videos oder Animationen einzubinden, hält der BVMed für einen entscheidenden Vorteil. Zudem spricht die Aktualität der Informationen sowie der Beitrag für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie nach Auffassung des Verbands für die Umstellung aufs Digitale.
Andere Anmerkungen zu den EU-Plänen lesen sich hingegen kritischer. Unter anderem aus Deutschland kommt der Hinweis eines Bürgers: »Ich finde es sehr bedenklich, dass der Entwurf dazu ausgelegt ist, physische Gebrauchsanweisungen (auf Papier) durch digitale Gebrauchsanweisungen zu ersetzen. Ich denke, es wäre besser, beides ergänzend zu haben. Es kann immer mal sein, dass der Zugang zu den digitalen Formaten erschwert ist (z.B. Ausfall Computersystem, Cybersecurity-Problem etc.). Eine Papier-Version zu haben als Back-Up ist daher nie verkehrt. Vor allem für so etwas Kritisches wie Medizinprodukte. Daher denke ich, dass Papier Versionen nicht vollkommen abgeschafft werden sollten.«
Zum Hintergrund: Bis dato ist laut europäischen Vorschriften für die meisten Medizinprodukte eine Gebrauchsinformation in Papierform gefordert, die oft sehr umfangreich sein kann. Wird ein Medizinprodukt in mehreren EU-Ländern in Verkehr gebracht, sind außerdem entsprechende Übersetzungen erforderlich, die noch mehr Papier verursachen.
Die ABDA hatte bereits vor einiger Zeit das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vor der Einführung digitaler Beipackzettel bei Arzneimitteln gewarnt. Nach Ansicht der Standesvertretung können eIFU bei Medikamenten die Papierversion nicht ersetzen, allenfalls ergänzen. Denn gerade Vertreter älterer Bevölkerungsgruppen, die womöglich viele Präparate einnehmen müssten, hätten oftmals keinen Zugang zu digitalen Informationsquellen oder könnten nicht mit diesen umgehen, so das Argument.
Auch der Weltapothekerverband-FIP gab die rechtlichen und finanziellen Folgen für die Apotheken zu bedenken. In seinen Augen sollte die Politik dringend die Apothekerinnen und Apotheker in alle Entscheidungsprozesse im Zusammenhang mit der elektronischen Packungsbeilage einbeziehen. Denn sie könnten Fachexpertise, die Patientenperspektive sowie regulatorisches Fachwissen einbringen. Zudem könnten sie als eine Art Brücke zwischen Regulierungsbehörden und Patienten fungieren.
Frankreich setzt derweil schon auf eine sanfte Einführung der elektronischen Packungsbeilage, sprich: Die Papierversion wird bleiben und erst einmal nur durch einen QR-Code ergänzt. Mit einem Pilotprojekt testet die französische Regierung nun ein Jahr lang, wie die digitale Variante in der Bevölkerung ankommt. Findet sie Anklang, könnte eine komplette Umstellung auf eine papierlose Version stattfinden.