Pumitamig – ein neuer Alleskönner in der Krebstherapie? |
| Daniela Hüttemann |
| 04.11.2025 17:00 Uhr |
Antikörper (hellblau und rot) blockieren die Interaktion zwischen PD-L1 (rotes Molekül) auf der Oberfläche einer Krebszelle und dem Immun-Checkpoint PD-1 (blaues Molekül) auf einer T-Zelle, was zur Hemmung der T-Zellen-Abwehr von Tumorzellen führen würde. / © Getty Images/Science Photo Library/Juan Gärtner
Am Montag veröffentlichte Biontech seine Quartalszahlen und gab einen Ausblick auf die Geschäftsentwicklung. Zwar wurde das Mainzer Unternehmen durch seinen Corona-Impfstoff berühmt und groß, gegründet wurde es jedoch aus der Onkologie heraus. Mit Spannung erwartet werden hier die ersten mRNA-basierten therapeutischen Krebsimpfstoffe. Biontech nutzt jedoch noch weitere Technologien, darunter auch eine proteinbasierte Plattform.
»Im dritten Quartal haben wir entscheidende Fortschritte bei der Umsetzung unserer Onkologiestrategie gemacht«, so Biontech-Mitgründer und Chief Executive Officer Professor Dr. Ugur Sahin. »Wir haben unsere tumorübergreifenden Fokus-Programme mRNA-Krebsimmuntherapie-Kandidaten und Pumitamig weiter vorangetrieben.« Letzteres ist ein Kollaborationsprojekt mit Bristol-Myers-Squibb (BMS).
Bei Pumitamig handelt es sich um einen bispezifischen Antikörper, der sowohl als PD-L1-Checkpointinhibitor fungiert als auch den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor A (VEGF-A) neutralisiert. Biontech erläutert den Wirkmechanismus folgendermaßen: »Die PD-L1-Checkpoint-Blockade zielt darauf ab, die Funktionalität der T-Zellen wiederherzustellen, sodass sie die Tumorzellen erkennen und zerstören können. Gleichzeitig soll die Neutralisierung von VEGF-A dem immunsuppressiven Effekt des Tumors in seiner Mikroumgebung entgegenwirken sowie die Bildung von neuen Blutgefäßen in diesem Bereich (Tumorangiogenese) hemmen.«
Pumitamig wird mit einem besonders breiten Indikationsgebiet entwickelt. Bislang wurden mehr als 1200 Patientinnen und Patienten in klinischen Studien mit dem Arzneistoffkandidaten behandelt.
Im September hatten die Unternehmen die Zwischenergebnisse einer noch laufenden Phase-II-Studie mit Pumitamig plus Chemotherapie bei bislang unbehandeltem kleinzelligen Lungenkrebs im fortgeschrittenen Stadium (ES-SCLC) präsentiert. Die objektive Ansprechrate lag bei 76,3 Prozent. Das mediane progressionsfreie Überleben lag bei 6,8 Monaten. Biontech spricht hier von einem positiven Trend. Das Sicherheitsprofil sei kontrollierbar und die Abbruchrate niedrig. Eine entsprechende Phase-III-Studie läuft bereits.
»Kleinzelliger Lungenkrebs ist die aggressivste Form von Lungenkrebs, gekennzeichnet durch ein schnelles Wachstum und einer schlechten Prognose«, erläuterte der leitende Prüfarzt Dr. John V. Heymach zur Vorstellung der Ergebnisse. Im fortgeschrittenen Stadium liege die relative 5-Jahres-Überlebensrate derzeit bei lediglich 5 Prozent. Daher brauche es dringend neue Therapieoptionen. Aber auch gegen den nicht-kleinzelligen Lungenkrebs (NSCLC) wird Pumitamig getestet – und gegen zahlreiche andere Krebsformen.
Der bispezifische Antikörper befindet sich unter anderem auch in einer Phase-III-Studie bei fortgeschrittenem/metastasiertem dreifach negativen Brustkrebs. Untersucht wird er auch bei Darmkrebs, malignem Mesotheliiom, hepatozellulärem Karzinom, neuroendokrinen Neoplasien und multiplen soliden Tumoren. Gewissermaßen als Pan-Krebsmittel wird es bei soliden Tumoren auch in verschiedenen Kombinationen mit anderen Kandidaten aus der Pipeline getestet.
»Gemeinsam [mit Bristol-Myers-Squibb] bereiten wir aktuell mehrere zusätzliche zulassungsrelevante Studien für Pumitamig vor, die in diesem und im nächsten Jahr beginnen sollen«, kündigte Biontech-Chef Sahin an.
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