Prozessauftakt des Lunapharm-Skandals |
Melanie Höhn |
11.10.2023 13:05 Uhr |
Susanne Krautz-Zeitel (2.v.l.) und Gunter Kowalski (2.v.r.) bei der heute gestarteten Hauptverhandlung am Potsdamer Landgericht. / Foto: PZ/Melanie Höhn
Fünf Jahre nach dem Lunapharm-Arzneimittelskandal startete heute am Potsdamer Landgericht die öffentliche Hauptverhandlung gegen Susanne Krautz-Zeitel und den Rechtsanwalt Gunter Kowalski. Das Verfahren gegen einen weiteren Angeklagten trennte die Strafkammer ab, da dieser aus gesundheitlichen Gründen nicht verhandlungs- und reisefähig sei. Im Falle einer Reise nach Potsdam bestehe die Gefahr der Verschlechterung seines Gesundheitszustandes. Laut Gerichtsangaben sind für den Fall 20 Verhandlungstage angesetzt, die sich über sechs Monate verteilen. Der zweite Verhandlungstag findet in der kommenden Woche, am 20. Oktober, statt. Im März 2024 könnte frühestens ein Urteil erlassen werden.
Die Staatsanwaltschaft führte aus, dass Krautz-Zeitel und Kowalski angeklagt werden, in der Zeit vom 23. Mai 2017 bis 20. Juli 2018 in Blankenfelde-Mahlow und weiteren Orten durch 23 selbstständige Handlungen gegen Paragraf 8 Absatz 2 Arzneimittelgesetz (AMG) mit Medikamenten Handel betrieben zu haben, wobei sie gefälschte Arzneimittel in den Verkehr gebracht und dabei gewerbsmäßig gehandelt haben sollen. Krautz-Zeitel handelte laut Anklageschrift gemeinsam mit dem nicht anwesenden dritten Angeklagten. Kowalski wird zu Last gelegt, vorsätzlich Hilfe beim Handel mit gefälschten Arzneimitteln geleistet zu haben.
Laut Anklageschrift war Krautz-Zeitel zum Tatzeitzeitraum geschäftsführende Gesellschafterin der Lunapharm Deutschland GmbH. Die Firma, die sowohl über eine Großhandelserlaubnis als auch über eine Herstellungserlaubnis verfügte, betrieb laut Staatsanwaltschaft sogenannten Parallelhandel mit zumeist hochpreisigen Arzneimitteln, deren Herstellerpreise in verschiedenen Ländern der Europäischen Union beträchtlich variieren können.
In der Anklage heißt es weiter, dass die Firma Lunapharm von anderen Großhändlern in Europa Arzneimittel gekauft habe und sie gegebenenfalls nach Umverpackung und Kennzeichnung an andere Großhändler und Apotheken veräußerte. Spätestens seit 2015 habe die Lunapharm GmbH von einer in Griechenland ansässigen Apotheke in erheblichem Umfang hochpreisige Arzneimittel, insbesondere Zytostatika, bezogen.
Inhaber dieser Apotheke, die keine Großhandelserlaubnis besaß, war der nicht anwesende dritte Angeklagte. Krautz-Zeitel sei über die nicht vorhandene Großhandelserlaubnis in Kenntnis gesetzt worden und habe daraufhin die Lieferbeziehung für beendet erklärt. Laut Anklage hatten der dritte Angeklagte und Krautz-Zeitel jedoch nicht beabsichtigt, die Lieferbeziehung zu beenden und stattdessen ab Februar 2017 den Plan entwickelt, die Lieferungen der griechischen Apotheke an Lunapharm als solche eines lizensierten Großhändlers aus Zypern auszugeben.
Laut Anklage soll Lunapharm mit dem illegalen Handel Einnahmen in Höhe von 1,1 Millionen Euro erzielt haben. Wegen der falschen Angaben über die Vertriebswege gelten die Medikamente als gefälscht, auch wenn diese nicht unwirksam oder schädlich für die Patienten waren. Über den Skandal war damals Landesgesundheitsministerin Diana Golze (Linke) gestürzt, weil das Landesgesundheitsamt angeblich trotz frühzeitiger Hinweise nicht eingeschritten sein soll.
Krautz-Zeitel will sich am 20. Oktober ausführlich zu allen Vorwürfen äußern, wie ihre Anwälte Bettina Holstein und Dirk Sauer in einer Presseerklärung verlauten ließen. Anschließend werde sie für Fragen aller Beteiligten umfassend zur Verfügung stehen. Schon jetzt sei aber zu betonen, heißt es in dem Schreiben, »dass niemand den Vorwurf erhoben hat, es seien mit den von der Lunapharm Deutschland GmbH vertriebenen Medikamenten zu irgendeinem Zeitpunkt Probleme aufgetreten. Auch die Staatsanwaltschaft behauptet dies nicht«. Alle Medikamente seien »stets beanstandungsfrei« gewesen, »entsprachen allen Vorschriften und die Spezifikationen stimmen«, heißt es weiter. »Irgendeine Täuschung oder gar Gefährdung von Patienten lag nie vor und wird der Geschäftsführerin auch nicht vorgeworfen«. Dies betonte sie auch schon im Jahr 2019 bei einem Pressegespräch.