Pritelivir – Arzneistoff mit neuem Wirkprinzip |
Sven Siebenand |
16.10.2025 15:30 Uhr |
Herpes-simplex-Viren (HSV) vom Typ 1 führen in der Regel zu Lippenherpes. Bei immungeschwächten Patienten kann eine HSV-Infektion zu ernsten Komplikationen führen. / © Adobe Stock/and.one
Bei den HSV-Viren werden die Typen 1 und 2 unterschieden. HSV-1 führt in der Regel zu Lippenherpes, der typischerweise zu Fieberbläschen führt, während HSV-2 häufig mit Genitalherpes in Verbindung gebracht wird. Bei immungeschwächten Patienten kann eine HSV-Infektion zu ernsten Komplikationen führen. Die Infektionen verlaufen bei ihnen häufig schwerer, langwieriger und sind oft therapieresistent.
Pritelivir wirkt sowohl gegen HSV-1 als auch gegen HSV-2. Der Wirkmechanismus unterscheidet sich von dem der bisher verfügbaren Wirkstoffe wie Aciclovir oder Foscarnet. Denn Pritelivir hemmt den Helikase-Primase-Komplex und so die De-novo-Synthese viraler DNA. Die blockierten Virusenzyme sind unter anderem wichtig für die Entwindung doppelsträngiger DNA und den Start der Replikation. Pritelivir greift damit früh in die Virusreplikation ein. Es muss auch nicht durch die virale Thymidinkinase aktiviert werden. Deshalb ist Pritelivir auch wirksam bei Nukleosid-Analoga-resistenten Herpesviren, denen die aktivierende Kinase fehlt.
Insgesamt nahmen 158 immungeschwächte Patienten mit Aciclovir-resistenten mukokutanen HSV-Infektionen an der randomisierten und offenen Vergleichsstudie (PRIOH-1) teil. Sie erhielten entweder eine vom Prüfärzteteam gewählte Standardtherapie (zum Beispiel Foscarnet oder Cidofovir) oder eine Therapie mit Pritelivir (orale Initialdosis von 400 mg Pritelivir am ersten Tag, gefolgt von 100 mg oral an jedem folgenden Tag). Primärer Endpunkt war der Anteil vollständig abgeheilter Läsionen innerhalb eines Behandlungszeitraums von bis zu 28 Tagen.
Wie das Pharmaunternehmen Aicuris meldet, hat Pritelivir den primären Endpunkt erreicht. Es habe sich eine statistisch signifikant höhere Rate an vollständig abgeheilten Läsionen gezeigt und der neue Wirkstoff sei gut vertragen worden. Auf Grundlage dieser Studiendaten will das Unternehmen die Zulassung bei der US-amerikanischen Arzneimittelagentur FDA einreichen. Von einem Antrag beim EU-Pendant EMA ist in der Pressemitteilung derweil noch nicht die Rede.