Apotheker sollen helfen |
12.02.2001 00:00 Uhr |
Noch keine zwei Wochen im Amt, hat die neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marion Caspers-Merk angekündigt, die Kompetenz der Apotheker bei der Substitutionsbehandlung Drogenabhängiger stärker zu nutzen. Die Pharmazeuten, so erklärte sie gegenüber der PZ, seien schließlich ein wichtiges Bindeglied zwischen Drogenabhängigen und Ärzten.
Außerdem gelte es im Hinblick auf die Drogenszene das Insiderwissen der Apotheker abzufragen. Diese hätten sehr gute Kenntnisse darüber, "welche Problemgruppen abhängig sind". Die SPD-Politikerin: "Viele Apotheker wissen durch den Spritzenverkauf sehr genau über die Strukturen in den Städten und Gemeinden Bescheid. Deshalb werde ich auch mit den Apothekern Gespräche führen."
Eine wichtige Rolle komme den Apothekern auch bei Herstellung von Cannabis-haltigen Arzneimitteln für Krebs- und Aids-Patienten zu. Weil dies seit einigen Monaten in Deutschland ohne bürokratische Hürden und zu einem erschwinglichen Preis möglich sei, so die neue Drogenbeauftragte, hoffe sie jetzt auf die Unterstützung durch die Apotheker.
Die 45-jährige Politikerin will an die Arbeit ihrer Vorgängerin
Christa Nickels, die "überall in der Fachwelt, aber auch bei ihren
politischen Gegnern anerkannt" gewesen sei, anknüpfen und sie
weiterführen. Dazu gehören neben der Ausweitung des Einsatzes von
Cannabis als Arzneimittel, die weitere Einrichtung von Drogenkonsumräumen
und ein Modellprojekt für eine heroingestützte Behandlung schwerst
Drogenabhängiger.
Darüber hinaus gehe es darum, "die bewährten Ausstiegshilfen für
Suchtkranke weiter zu unterstützen". Caspers-Merk: "Sorge
bereitet mir, dass auch im letzten Jahr wieder mehr Menschen als im
Vorjahr an illegalen Drogen, vor allem an Heroin und Mischkonsum,
gestorben sind. Diesen Trend möchte ich ändern."
Die Substitutionsbehandlung sei "ein wichtiger Pfeiler bei der Hilfe für Opiatabhängige" geworden. Dieser müsse "qualifiziert ausgebaut werden". Denn es gebe noch immer Fälle, "in denen Heroinabhängige eine Substitution erst nach der Überwindung von Hindernissen bekommen". Diese würden von einer Reihe von Substitutionskommissionen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen aufgestellt, indem sie die alleinige Opiatabhängigkeit als Substitutionsgrund nicht anerkennen, "obwohl dies schon lange fachlicher Standard ist".
Wichtig sei auch, so die SPD-Politikerin, dass das im letzten Jahr
beschlossene zentrale Methadonregister bald gemeinsam mit den
Bundesländern eingerichtet werde. Es soll Mehrfachverschreibungen
verhindern und einen genauen Überblick über die Versorgungssituation
ermöglichen.
Als Schwerpunkt ihrer Arbeit bezeichnete die Drogenbeauftragte "die
Stärkung der Prävention". Dazu gehöre die Fortsetzung der Kampagne
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung "Kinder stark
machen". Caspers-Merk: "Denn Kinder mit starkem
Selbstbewusstsein entscheiden sich im Zweifelsfall leichter für ihre
Gesundheit." Gerade Kinder und Jugendliche würden aber zunehmend zu
Suchtmitteln greifen - und zwar zuallererst zu den legalen: Tabak und
Alkohol. Heranwachsende probierten verstärkt Cannabis aus und eine
bestimmte Gruppe von Jugendlichen nehme "Partydrogen" wie
Ecstasy.
Auch über das Thema Medikamentenabhängigkeit, gut eine Million
Menschen sollen davon betroffen sein, müsse gesprochen werden. "Hier
brauchen wir einen Dialog und Vorschläge der Ärzteschaft, denn es stimmt
mich nachdenklich, dass Kinder bereits regelmäßig leistungssteigernde
Mittel einnehmen", so Caspers-Merk.
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