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Ulla Schmidt macht keine Geschenke

16.08.2004  00:00 Uhr
Festbeträge

Ulla Schmidt macht keine Geschenke

von Daniel Rücker, Eschborn

Bis zuletzt haben Pharmaunternehmen gegen die neuen Festbetragsgruppen gekämpft. Doch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt blieb auf Sparkurs. Am vergangenen Freitag billigte ihr Ministerium die neuen Festbetragsgruppen.

Damit gibt es erstmals Erstattungsobergrenzen für patentgeschützte Arzneimittel. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss neu zusammengestellten Festbetragsgruppen sollen die Krankenkassen schon im nächsten Jahr um mindestens 350 Millionen Euro entlasten.

Damit hat die Regierung eine Vorgabe der Gesundheitsreform umgesetzt und Festbeträge für Arzneimittel mit Patentschutz erlaubt, wenn diese keine therapeutischen Vorteile gegenüber generischen Wirkstoffen haben. Die Pharmaindustrie hält dies für innovationsfeindlich. Vor allem die Entscheidung, patentfreie und patentgeschützte Wirkstoffe in eine Gruppe einzuordnen, hat bei den Herstellern zu einem Sturm der Entrüstung geführt.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) stellte sich mit ihrer Entscheidung auf die Seite des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Im Gegensatz zur Industrie hält Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die Festbeträge für innovationsfördernd: „Damit auch in Zukunft die für die Patientinnen und Patienten wirklich wichtigen Innovationen bezahlbar bleiben, brauchen wir eine Kostenentlastung bei Arzneimitteln mit vergleichbarer therapeutischer Wirkung.“ Festbeträge sicherten eine hochwertige Arzneiversorgung zu bezahlbaren Preisen.

Bislang wurden Festbeträge für patentgeschützte Arzneimittel aus vier Wirkstoff-Gruppen beschlossen: Triptane, Protonenpumpenhemmer, ACE-Hemmer und Statine. Andere Gruppen sollen folgen. Insgesamt können die Kassenausgaben für Arzneimittel damit um rund eine Milliarde Euro gesenkt werden.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) übte heftige Kritik an der Entscheidung. Die Kriterien des G-BA stünden nicht im Einklang mit der Gesundheitsreform, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. Der Ausschuss habe den Gesetzestext „in unzulässiger Weise und zum Nachteil der pharmazeutischen Industrie verschärft“. Der Bundesausschuss habe eine sehr restriktive Vorstellung davon, ab wann geringere Nebenwirkungen einen therapeutischen Vorteil darstellten und damit die Herausnahme eines Medikamentes aus der Festbetragsgruppe rechtfertigten.

Bereits im Juli hatte der Verband der Forschenden Arzneimittelhersteller (VFA) den G-BA kritisiert. Das Verfahren der Gruppenbildung sei nicht ausreichend transparent und die Kombination patentfreier mit patentgeschützten Präparaten unnötig. Zudem bestehe Einigkeit mit der Bundsregierung, dass auf solche „Jumbogruppen verzichtet werden könne, wenn die Einsparungen auf anderem Weg zu erzielen seien. Der VFA hatte zuvor in einem Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder auf Änderungen an der Festbetragsregelung gedrängt. Der Kanzler hatte auch nicht näher konkretisierte Zugeständnisse an die Industrie gemacht. Von den Krankenkassen wurde prompt als Geschenk an die Pharmaindustrie kritisiert. Das Gesundheitsministerium hatte jedoch gleichzeitig betont, keine Änderungen vorzunehmen.

Der neue Verband „Pro Generika“ nutzte die Entscheidung des Ministeriums für eine Retour-Kutsche an die forschenden Hersteller. Der VFA hatte vor einer Woche die Preise für Generika in Deutschland als zu hoch bezeichnet. Pro Generika freute sich jetzt über die Unnachgiebigkeit des Ministeriums: „Mit jeder Aufweichung und jeder Ausnahmeregelung wäre die Gefahr gewachsen, dass das Einsparziel nicht erreicht und somit Sinn und Zweck der gesetzlichen Neuregelung verfehlt worden wäre“, erklärte Pro-Generika-Geschäftsführer Hermann Hofmann.

Für die Krankenkassen freute sich stellvertretend der Bundesverband der Betriebskrankenkassen über die Zustimmung des Ministeriums: „Mit der Entscheidung des BMGS, die Festbetragsgruppen nicht zu beanstanden, ist für die gesetzliche Krankenversicherung ein Einsparpotenzial von mehreren hundert Millionen Euro gerettet worden“, heißt es in einer Stellungnahme.

Zurückhaltender sind dagegen die Ärzte. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) befürchtet, dass die Bundesregierung es nicht schafft, im nächsten Jahr ihre Einsparziele zu erreichen. Einsparungen von 500 Millionen Euro seien realistisch, sagte KBV-Vize Leonhard Hansen. Zwar sei die Bildung weiterer Festbetragsgruppen bis Ende 2004 möglich, im nachfolgenden Abstimmungsprozess seien aber vor allem durch Einwände der Pharmaindustrie Verzögerungen zu erwarten. Der VFA kündigte Widerstand gegen die Bildung weiterer Festbetragsgruppen an. Top

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