Mit Aut idem nicht wirklich zufrieden |
17.06.2002 00:00 Uhr |
Interview
von Thomas Bellartz, Berlin
Am 1. Juli 2002 ist es soweit: Aut idem wird sich auch in der Preisbildung konkret niederschlagen. Doch die Kritik am handwerklich schlechten Gesetz aus dem Bundesgesundheitsministerium ist nicht verhallt. Die PZ sprach mit dem Vorsitzenden des Deutschen Apothekerverbandes, Hermann Stefan Keller.
PZ: Jetzt ist Aut idem zwar da.
Aber so richtig glücklich wirken Sie bei dem Thema nicht.
Keller: Wir haben ein Aut idem, und haben doch keines. Wenn die
Ärzte im unteren Preisdrittel verordnen können und sollen, dann haben
weder Apothekerinnen und Apotheker noch Patientinnen und Patienten etwas
von der insgesamt guten Regelung. Zur Situation davor ändert sich nach
dem jetzigen Stand der Dinge zu wenig.
PZ: Was ist die Konsequenz aus dem
unausgegorenen Gesetz?
Keller: Wir können den Patienten nicht die optimale Logistik
anbieten. Das ist der entscheidende Faktor. Ob Arzt oder Apotheker im
unteren Preisdrittel auswählen ist ein entscheidender Unterschied.
Schließlich wählt der Arzt ein Präparat aus, ohne die tatsächliche
Marktverfügbarkeit zu kennen. Das führt zu Schwierigkeiten in der
Apotheke, und - noch viel schlimmer - im Umgang mit den Patienten.
PZ: Wie groß sind die Probleme,
die schon heute Lieferdefekte ausmachen?
Keller: Bereits heute haben wir bei rund 10 Prozent der
Generikaverordnungen Lieferdefekte. Das liegt daran, dass Ärzte immer
öfter zu immer exotischeren und nicht verfügbaren Generika wechseln. Und
dies wiederum führt dazu, dass die Defekte weiter zunehmen, die Arbeit
für das Apothekenteam insgesamt nicht einfacher, sondern weitaus
komplizierter wird.
PZ: Steht nicht zu befürchten,
dass Patienten, vor dem Hintergrund der Medienschelte wegen Aut idem, sich
dann erst recht in der Apotheke beklagen werden?
Keller: Das kann passieren. Dann müssen wir die Leute eben
informieren und ihnen die Situation erläutern. Auf der guten
Gesprächsbasis, die sich bei der "Initiative Pro Apotheke"
ergeben hat, können wir aufbauen. Das ist ein großer Vorteil. Und den
müssen wir unbedingt nutzen.
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