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Sympathie für Internet-Apotheken

05.03.2001  00:00 Uhr

KBV

Sympathie für Internet-Apotheken

von Daniel Rücker, Königswinter

Die deutschen Kassenärzte haben sich auf die Seite der E-Commerce-Befürworter geschlagen. Auf einem Symposium der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) am 2. März in Königswinter, bezogen führende Vertreter eindeutig Stellung für den Versandhandel mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln über Internet-Apotheken. Mittelfristig könnten die restriktiven deutschen Gesetze durch ein liberaleres europäisches Regelwerk ersetzt werden.

Die KBV verspricht sich vom Internet-Handel vor allem günstigere Preise und damit wohl einen geringeren Budgetdruck auf die niedergelassenen Ärzte. Mit einem Anteil von 50 Prozent seien die Distributionskosten in Deutschland extrem hoch, schreibt die KBV im Ergebnisprotokoll einer Arbeitsgruppe, die sich auf dem Symposium mit dem Arzneimittel-E-Commerce beschäftigt hat. Vor allem bei den Preisspannen des Großhandels sei Deutschland Spitzenreiter. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, bezieht sich die KBV auf Angaben des Österreichischen Bundesinstitutes für Gesundheitswesen. Danach soll der Großhandel eine Vertriebsspanne von 30 Prozent haben. Nach den Zahlen der ABDA liegt der Wert allerdings bei 8,5 Prozent. Selbst wenn man dem Großhandel ungerechtfertigt die Mehrwertsteuer zuschlagen würde, wären 30 Prozent aus der Luft gegriffen. Der Anteil der Apotheken wird dagegen mit durchschnittlich rund 20 Prozent korrekt wiedergegeben.

Ohnehin seien die Arzneimittelpreise in Deutschland verglichen mit anderen europäischen Staaten zu hoch, so die KBV. Rund 8 Milliarden DM könnten eingespart werden, wenn durch Internet-Apotheken mehr spanische und griechische Arzneimittel nach Deutschland importiert würden. Vor allem chronisch Kranke, die ihren Medikamentenbedarf langfristig planen können, sollten ihre Medikamente über das Internet einkaufen.

Zwar erkennt auch die KBV, dass mit dem Versandhandel von Arzneimitteln Risiken verbunden sind. Diese seien aber über die Festlegung europäischer Qualitäts- und Sicherheitsstandards und deren Kennzeichnung über Gütesiegel zu minimieren. Zudem müsste ein elektronisches Rezept eingeführt und die Übertragung der Patientendaten verschlüsselt werden. Nach den Vorstellungen der Kassenärzte sollten Internet-Apotheken das komplette Warensortiment nach §§ 10 und 11 Apothekengesetz führen müssen.

Die Kassenärzte sehen sich mit ihren Forderungen auf der Seite der Patienten. Nach einer Umfrage des Hamburger Forschungs- und Beratungsinstitutes Mediatransfer würden 89 Prozent der Internetnutzer auch Arzneimittel über das Internet bestellen.

Doch auch die KBV sieht Grenzen für das Internet. Vollkommen inakzeptabel sei der Bezug von rezeptpflichtigen Medikamenten ohne vorhergehenden Arztbesuch. Die Verordnung durch virtuelle Ärzte sei inakzeptabel. Die Einnahme verschreibungspflichtiger Medikamente sei untrennbar mit der persönlichen Beratung durch den Behandelnden Arzt verbunden.

 

KOMMENTAR Realitätsverlust

Die Kassenärzte wollen sparen. Nicht bei sich, nein bei Apothekern und Arzneimitteln. Dort werde Geld verschwendet, sagen sie. In Deutschland seien die Distributionskosten zu hoch. Um ihre Forderung zu belegen, scheuen sie auch vor falschen Zahlen nicht zurück. Durchschnittlich 50 Prozent soll der Vertriebsanteil am Arzneimittelpreis betragen. Absurderweise schreiben sie zwei Drittel dem Großhandel zu. Mit der Wirklichkeit hat dies nicht viel zu tun. Gerade einmal 8,5 Prozent bleiben beim Großhandel hängen.

Offensichtlich hat der Budgetdruck manchen Kassenärzten den Sinn für die Realität genommen. Schuld an dem Dilemma der Ärzte haben weder Apotheker noch Großhandel. Die Mediziner stört das nicht, offensichtlich ist ihnen im Verteilungskampf um das knapper werdende Geld im Gesundheitswesen jedes Mittel recht. In der Hoffnung ihre eigene Haut zu retten, schielen sie nach den Fellen der anderen. Von Weitblick zeugt das nicht, denn dieser Streit stärkt sicher nicht die Position der Leistungserbringer. Für die Apotheker bleibt nur die betrübliche Erkenntnis, dass die Zeichen für Allianzen mit den Heilberufskollegen im Moment wohl ziemlich schlecht stehen.

Daniel Rücker

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