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Patientenrechte und Prävention

16.09.2002  00:00 Uhr

Bündnis 90/Die Grünen

Patientenrechte und Prävention

Seit dem Rücktritt der bündnisgrünen Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer im Januar 2001 haben sich Bündnis90/Die Grünen weitgehend aus der Gesundheitspolitik zurückgezogen. Es ist unwahrscheinlich, dass sich daran nach der Wahl viel ändern wird. In ihrem Wahlprogramm räumen die Grünen der Gesundheitspolitik nicht einmal zwei Seiten ein.

Wie die Sozialdemokraten wollen die Grünen am solidarisch finanzierten Gesundheitssystem und am Sachleistungsprinzip festhalten. Auch am einheitlichen Leistungskatalog soll sich nichts ändern. Eine Aufteilung in Grund- und Wahlleistungen lehnen die Grünen ab. Gleichzeitig soll die Finanzierungsgrundlage der Gesetzlichen Krankenversicherung vergrößert werden. So setzt sich die Partei in ihrem Wahlprogramm dafür ein, „dass sich die finanziell Leistungsstarken an der solidarischen Krankenversicherung beteiligen“. Ziel ist eine „echte Bürgerinnen- und Bürgerversicherung, in der alle versichert sind“.

Die Grünen wollen außerdem prüfen, inwieweit Krankenkassenbeitrag auch auf Mieteinnahmen, Zinserträge und Spekulationsgewinne erhoben werden soll. Weitere Forderungen sind die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze und die Herausnahme von gesellschaftlichen Aufgaben aus der GKV. Diese sollten über Steuern finanziert werden.

Den Arzneimitteln widmen die Grünen stolze vier Zeilen, die deshalb hier im Wortlaut zitiert werden: „Der Arzneimittelmarkt muss energischer von Mitteln mit fragwürdiger Wirkung gereinigt werden. Die Positivliste ist endlich in Kraft zu setzen. Wir wollen die Medikamentensicherheit für Kinder und Jugendliche erhöhen.“ Dass die Grünen „sinnvolle Leistungen der besonderen Therapierichtungen“ in den GKV-Leistungskatalog aufnehmen wollen, dürfte Hersteller von Phytos, Homöopathika und anthroposophischen Arzneimitteln erfreuen.

Bei der Verhinderung des Versandhandels mit Arzneimitteln sollten die Apotheker nicht auf die Unterstützung der Grünen setzen. Schließlich wollte schon die damalige Gesundheitsministerin Andrea Fischer beim Thema E-Commerce nur noch über das „wie“ und nicht mehr über das „ob“ diskutieren. In der Praxis forcieren die Grünen den Versandhandel zurzeit allerdings nicht. Und geschlossen steht die Partei ohnehin nicht zum E-Commerce. Auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes im Mai bezeichnete die grüne Gesundheitspolitikerin Monika Knoche den Versandhandel als „modische Attitüde“. Der qualitätsgesicherten, kompetenten Abgabe von Arzneimitteln werde die Apotheke eher gerecht als der Versandhandel.

Weitere Aussagen zur Apotheke oder zum Arzneimittelmarkt sucht man bei den Grünen vergeblich. Zuzahlung, Budgetierung, Importquote oder eine Änderung der Mehrwertsteuer sind für die Partei offensichtlich kein Thema.

Wie die meisten anderen Bundestagsparteien setzen auch die Grünen auf Prävention, Gesundheitsförderung und Rehabilitation und wie die anderen werden sie dabei nicht sonderlich konkret: Umweltbelastungen, psychosozialer Stress und soziale Benachteiligung als Krankheitsauslöser sollen reduziert werden. Die Präventionsleistungen der Kassen sollen mit denen anderer Anbieter verzahnt werden und der präventive Arbeitsschutz wird ausgeweitet. Auch in der Forschung wollen die Grünen mehr auf Prävention setzen.

Außerdem wollen die Grünen die Rechte der Patienten stärken und die vorhandenen Ansätze der Selbsthilfe fördern. Der mündige Versicherte soll nach den Vorstellungen der Partei stärker in die Entscheidungsfindungsprozesse im Gesundheitswesen einbezogen werden. Eine zu gründende „Stiftung Gesundheitstest“ soll beauftragt werden, das Angebot der medizinischen Leistungen transparent und vergleichbar zu machen. Ein weiteres Institut soll mit Qualitätssicherung im Gesundheitswesen betraut werden. Es koordiniert die Qualitätsmanagements der einzelnen Leistungserbringer.

Obwohl bislang alle Versuche gescheitert sind, die integrierte Versorgung im deutschen Gesundheitssystem zu etablieren, wird sie im Wahlprogramm sogar zur Regelversorgung befördert. Im Zentrum stehen die Hausärzte. Wahrscheinlich wenig Widerspruch wird der Vorschlag ernten, dass die wohnortnahe ambulante und stationäre Versorgung sichergestellt sein muss. Mehr Widerspruch dürfte dagegen die Forderung nach Polikliniken auslösen.

Fazit: Mit ihrem Wahlprogramm machen die Grünen sicherlich keine Lobbyarbeit für Apotheker. Andererseits ist das Konzept in vielen Punkten so unkonkret, dass eine Bewertung aus Sicht der Pharmazeuten schwer fällt. Die Grünen werden wahrscheinlich auch nach der Wahl die Gesundheitspolitik nicht ins Zentrum ihres Handelns stellen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass ihre Konzepte, unabhängig vom Wahlausgang, das Gesundheitswesen kaum entscheidend prägen werden.

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