Politik
Pharmazeutische Betreuung muß der Kern des Apothekerberufs sein.
Mit diesen Worten umschrieb ABDA-Präsident Hans-Günter Friese keine
Vision. Der Berufsstand befinde sich vielmehr in einer Pionierphase. Vor
weit über 500 Besuchern des 2. ABDA-Symposiums Pharmaceutical Care
am 22. und 23. November in Frankfurt forderte Friese eine Neuordnung der
Strukturen. Die Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen, die
Räumlichkeiten in den Offizinen und die Approbationsordnung müßten an
die neuen Anforderungen angepaßt werden. "Pharmazeutische Betreuung
soll ein Qualitätsbegriff werden", so der ABDA-Präsident
Friese zeigte sich überwältigt davon, daß bereits Anfang Oktober alle Vorträge und
Seminare dieses Symposiums ausgebucht waren. Im ersten Editorial dieses Jahres
hatte sich der neu gewählte ABDA-Präsident gewünscht, einen Tag der
Pharmazeutischen Betreuung in Deutschland einzurichten. Die hohe Teilnehmerzahl
spreche für die Aufbruchstimmung. Die Spitze des Berufsstandes, unter anderem Dr.
Hartmut Schmall, Präsident der Bundesapothekerkammer, und Dr. Peter Steinbach,
Präsident der FIP - Federation International Pharmaceutique, beweise durch ihre
Anwesenheit, daß sie sich mit dieser neuen Philosophie identifiziere. Mehr denn je
gelten die Worte "Der Patient ist das Maß aller Dinge" sowie das Motto des
Deutschen Apothekertages 1997 "In die Zukunft investieren".
Nach Frieses Worten ist Pharmazeutische Betreuung die konsequente
Wahrnehmung der Mitverantwortung des Apothekers bei der Arzneimitteltherapie
mit dem Ziel, die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Unter anderem sieht
Friese eine Chance in der Regelung, bis zum 1. Januar 1998 die Räumlichkeiten in
der Offizin so zu verändern, daß ein vertrauliches Gespräch zwischen Apotheker
und Patient oder Kunde diskret geführt werden kann. Schon heute erbringe der
Apotheker einen unvergleichbaren Dienst zum Nutzen des Patienten, wobei
Informationsterminologie und Datenmanagement genutzt werden können.
Die Erwartungen der am Gesundheitswesen Beteiligten sind nach Frieses Worten
verschieden: Die Apotheker wollten den Anforderungen der gesellschaftlichen und
therapeutischen Entwicklung entsprechend ihrer Aufgabe als Heilberufler gerecht
werden, wobei es gelte, eine starke Patientenbindung aufzubauen; die Patienten
ihrerseits erwarten von den Heilberuflern eine Verbesserung ihres
Gesundheitszustandes und ihrer Lebensqualität; die Ärzte brauchten mehr
Informationen für den Therapieentscheid, sei es in Fragen der Pharmakologie und
Arzneimittelauswahl oder bezüglich der Budgetverantwortung.
Der ABDA-Präsident ermutigte die Kollegenschaft, Risikobereitschaft zu zeigen, um
die Zukunft der Apotheke zu sichern und zu gestalten. Sie müßten sich darüber
hinaus fachspezifische Informationen aneignen, ihre Kommunikationsfähigkeit
ausbauen, Verantwortung übernehmen sowie Dokumentation und Monitoring in ihre
Arbeitsabläufe einführen. Mit Pharmazeutischer Betreuung würden ausgetretene
Wege verlassen und eine Weiterentwicklung ermöglicht.
Pharmaceutical Care wird akzeptiert
Pharmazeutische Betreuung ist keine Kampagne, sondern ein langfristiges Programm
zur Weiterentwicklung des Berufsbildes der Apotheker, das ständig stärker
akzeptiert wird, bestätigte Dr. Marion Schaefer, Humboldt-Universität Berlin. In
ihrem Vortrag "Möglichkeiten und Perspektiven der Pharmazeutischen Betreuung in
der Apotheke" rief sie dazu auf, Mut, Geduld, Teamgeist, Durchhaltevermögen und
Innovationsgeist aufzubringen, um auf dem begonnenen Weg weiterzukommen.
In der Kooperation mit den Ärzten müsse vor allem die Verordnungs-, Abgabe- und
Anwendungsqualität thematisiert werden. Allerdings stelle sich die Kommunikation
mit den Ärzten oft schwierig dar. Auch die Datenerwerbung und Dokumentation
oder die richtige Ansprache der Patienten könnten Probleme bereiten.
Pharmaceutical Care und alle damit verbundenen Bemühungen sollten nach Ansicht
von Schaefer für den Patienten mit einem emotionalen Erfahrungswert verbunden
sein. Sie warnte jedoch davor, übertriebene Erwartungen zu wecken. Ganz wichtig
sei, daß die Kontinuität der Betreuung gesichert werde. Deshalb: hinsehen, handeln,
helfen!
Ziel der neuen pharmazeutischen Philosophie sei es, auch das Management der
Begleiterkrankungen eines Patienten zu beachten oder in bestimmten Fällen
Motivation zur Physiotherapie zu geben. Darüber hinaus sei man dabei, weitgehend
standardisierte Basisprogramme und krankheitsspezifische Module zu entwickeln.
PZ-Artikel von Christiane Berg, Brigitte M. Gensthaler und Gisela Stieve,
Frankfurt

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